Konzernstrukturen sind nicht nur ein Thema für internationale Großunternehmen. Auch Mittelständler, Familienunternehmen und selbst KMUs sind heutzutage mitunter mehrgliedrig strukturiert. Das bietet einerseits Vorteile im Tagesgeschäft wie etwa eine Vereinfachung der Verwaltung oder eine trennscharfe Abgrenzung von Kompetenzen und Aufgaben. Andererseits lassen sich so auch Haftungsrisiken verteilen oder Steuerpflichten beeinflussen.
Enge Verbindung zwischen Unternehmen
Ein noch weitergehendes Mittel der Steuergestaltung innerhalb von Unternehmensgruppen ist die Bildung einer sog. Organschaft. Diese ist von einer bloßen Konzernstruktur zu unterscheiden: Eine steuerrechtliche Organschaft entsteht erst, wenn über die allgemeine Konzernverbindung hinaus noch weitere Voraussetzungen erfüllt sind. Die jeweiligen Unternehmen müssen so eng verbunden sein, dass sie de facto eine Einheit darstellen.
Entgegen dem Grundsatz, dass das Steuerrecht Unternehmen (auch in einem Konzern) grundsätzlich jeweils individuell betrachtet (sog. Trennungsprinzip), werden im Rahmen einer Organschaft mehrere Unternehmen steuerlich weitgehend zusammengefasst. Ertragsteuerlich wird die grundsätzliche Einzelveranlagung zwar nicht völlig aufgelöst, aber doch aufgeweicht. Die einzelnen Unternehmen bleiben weiterhin eigene Steuersubjekte mitsamt Aufzeichnungs-, Buchführungs- und Erklärungspflichten sowie getrennter Gewinnberechnung. Sie werden allerdings im Ergebnis gemeinschaftlich besteuert.
Das Institut der Organschaft existiert einerseits im Ertragssteuerrecht im Rahmen der Körperschaft- und Gewerbesteuer, andererseits im Umsatzsteuerrecht. Seine Voraussetzungen und Rechtsfolgen sind jeweils unterschiedlich.
Gemeinschaftliche Versteuerung der Gewinne
Für die Zwecke der Ertragssteuern ist ein Unternehmen als Organgesellschaft eines Organträgers zu behandeln, wenn diesem die Mehrheit der Stimmrechte in der Organgesellschaft zustehen (sog. finanzielle Eingliederung) und zwischen den beiden Unternehmen ein Ergebnisabführungsvertrag geschlossen wird. Hiernach muss sich die Organgesellschaft für mindestens fünf Jahre verpflichten, dem Organträger ihren gesamten Gewinn abzuführen. Im Gegenzug hat der Organträger einen etwaigen Verlust der Organgesellschaft auszugleichen.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so wird das Einkommen der Organgesellschaft für steuerliche Zwecke grundsätzlich dem Organträger zugerechnet. Eine Mehrfachbesteuerung auf jeder Konzernebene wird so vermieden. Der Verlustausgleich bewirkt zudem eine konzerninterne Verlustverrechnung; insbesondere können etwaige Fehlbeträge auf Ebene der Organgesellschaft auf Ebene des Organträgers nutzbar gemacht werden.
Dies bedingt allerdings zugleich, dass die haftungsabschirmende Wirkung einer Organ-Kapitalgesellschaft de facto verloren geht. Denn der Organträger ist vertraglich dazu verpflichtet, die Verluste seiner Organgesellschaften auszugleichen. Zudem besteht immer ein gewisses Risiko einer Nachversteuerung, sollten etwa aufgrund einer Abweichung von Handels- und Steuerbilanz konzernintern versehentlich Mehr- oder Minderabführungen vorgenommen werden.
Verklammerung für Zwecke der Umsatzsteuer
Im Umsatzsteuerrecht setzt die Organschaft hingegen keinen Gewinnabführungsvertrag voraus. Sie verlangt, dass eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines Organträgers eingegliedert ist. Hierfür ist neben der Mehrheit der Stimmrechte auf Trägerseite auch eine tatsächliche Beherrschung der laufenden Geschäftsführung der Organgesellschaft durch den Träger sowie ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Organgesellschaft und dem Organträger erforderlich.
Sind diese Anforderungen erfüllt, ist die Organgesellschaft von der Pflicht zur Abführung von Umsatzsteuer befreit. Vielmehr werden alle Umsätze dem Organträger zugerechnet, der diese zu versteuern hat. Die Organgesellschaft wird damit unselbstständiger Teil des Organträgers, dessen Unternehmen den gesamten Organkreis umfasst. Zwar verliert die Organgesellschaft hierdurch ihr Recht zum Vorsteuerabzug. Der Organträger ist ihr allerdings zivilrechtlich im Innenverhältnis zum Ausgleich ihrer Vorsteuerbeträge verpflichtet. Organschaftsinterne Umsätze zwischen dem Organträger und einer Organgesellschaft bzw. zwischen mehreren Organgesellschaften unterfallen als sog. Innenumsätze nicht der Umsatzsteuer.
Potential abhängig von individueller Situation
Die Bildung einer Organschaft kann folglich Unternehmensabläufe vereinfachen, sie kann im Einzelfall jedoch auch Flexibilität nehmen und einen gewissen Verwaltungsaufwand mit sich bringen. Die steuerlichen Pflichten werden überwiegend nicht aufgehoben, sondern lediglich an die Spitze der Konzernpyramide verlagert. Nützlich sind Organschaften in erster Linie zur Vermeidung einer Mehrfachbesteuerung in Konzernstrukturen, zur Verlustverrechnung und um eine Umsatzsteuerbefreiung für unternehmensgruppeninterne Leistungen zu erreichen. Nicht für alle Unternehmen geht die Rechnung auf – dies ist stets eine Frage der individuellen wirtschaftlichen Parameter.
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AUSZEICHNUNGEN
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht.“
(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2023)
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