Spätestens mit der Corona-Pandemie hat die Digitalisierung erheblich Fahrt aufgenommen. Was zuvor für viele im Alltag keine Rolle spielte, hat sich in großer Geschwindigkeit etabliert: Virtuelle Kommunikation via Zoom, Teams, Skype etc. ist heute nicht mehr wegzudenken. Was im privaten wie beruflichen Leben schnell zur Gewohnheit geworden ist, hat jedoch insbesondere GmbH-Gesellschafter bei der Beschlussfassung vor einige Hürden gestellt.
Zwar war es durchaus auch schon in der Vergangenheit möglich, eine virtuelle Gesellschafterversammlung durchzuführen. Voraussetzung war jedoch eine ausdrückliche Gestattung dieser Form in der GmbH-Satzung. Wem das nicht nachträglich – und im Notfall auf die Schnelle – einzuführen gelang, dem blieb allenfalls die schriftliche Beschlussfassung („Umlaufverfahren“). Neben einem größeren Zeitaufwand war jedoch stets die Einstimmigkeit der Gesellschafter für eine wirksame Beschlussfassung erforderlich.
Das hat sich im August des vergangenen Jahres geändert. Der Gesetzgeber hat in § 48 Abs. 1 Satz 2 GmbHG nun – wie schon zuvor für die Aktiengesellschaft oder kürzlich für den Verein – eine virtuelle Versammlung auch von Gesetzes wegen zugelassen. Eine ausdrückliche Gestattung der virtuellen Versammlung in der Satzung ist seither nicht mehr erforderlich. Voraussetzung ist aber die einstimmige Zustimmung der Gesellschafter zum Verfahren – was sich nicht nur im Streitfall als problematisch erweisen kann.
Virtuelle und hybride Gesellschafterversammlung
In der virtuellen Gesellschafterversammlung finden Meinungsbildung und Beschlussfassung der Gesellschafter nicht in Präsenz – wie in der gesetzlichen Grundkonzeption – sondern virtuell statt. Die Gesellschafter werden dazu in einer Konferenzschaltung per Ton und Video zusammengeschaltet in eine „virtuelle“ Versammlung. Nach der neuen Regelung ist es dabei auch möglich, dass einige Gesellschafter lediglich mit einer Tonverbindung, andere dagegen mit Ton und Bild zugeschaltet werden.
Daneben ist aber auch – und auch dies gehört inzwischen zum digitalen Alltag – eine hybride Gesellschafterversammlung möglich. Dabei werden die virtuelle Gesellschafterversammlung und die Gesellschafterversammlung in Präsenz gleichsam verschmolzen. Denn in dieser Variante nehmen an der „klassischen“, physischen Versammlung einiger Gesellschafter andere Gesellschafter lediglich virtuell teil.
Vorteile und Nachteile der virtuellen Gesellschafterversammlung
Der wesentliche Vorteil der virtuellen Gesellschafterversammlung liegt auf der Hand: Die Gesellschafter können sich nahezu unabhängig von ihrem Aufenthaltsort austauschen und Beschlüsse fassen. Das ist nicht nur in Zeiten von Kontaktbeschränkungen und in dem Bemühen um Nachhaltigkeit eine Lösung, sondern spart im Vergleich zu einer Präsenzversammlung u.U. auch Zeit und Kosten für Anreise und Durchführung.
Virtuelle und hybride Gesellschafterversammlungen weisen allerdings auch Risiken und Nachteile auf. Je nach technischer Umsetzung kann die Diskussion im klassischen Sinne zugunsten von Wortbeiträgen ausfallen. Redebeiträge können leichter übergangen oder eingeschränkt werden. Wo etwa technische Fähigkeiten oder Lösungen fehlen, wird eventuell schon die Teilnahme von Gesellschaftern eingeschränkt oder faktisch verhindert. Das aber kann rechtlich problematisch sein: Die Teilnahme an Gesellschafterversammlungen und die Ausübung von Rede- und Stimmrecht gehören zu den wesentlichen Rechten eines Gesellschafters. Es können sich deshalb Fragen zur Wirksamkeit von Beschlüssen stellen. Geheimhaltung und Schutz von Daten stellen weitere Anforderungen an die Beteiligten und die Umsetzung.
Handlungsempfehlung: Bewusste Entscheidung
Mit der gesetzlichen Regelung in § 48 GmbHG hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen für die virtuelle Gesellschafterversammlung in der GmbH erheblich abgesenkt, wenngleich das notwendige Einverständnis aller Gesellschafter mit dem Verfahren weiterhin eine entscheidende Hürde darstellen kann. Dies und die dargestellten Anforderungen und Risiken machen einen pauschalen Rückgriff auf die gesetzliche Regelung deshalb nicht zur ersten Wahl. Empfehlenswert ist vielmehr eine individuelle Betrachtung, um die jeweils passende Lösung für die eigene Gesellschaft zu identifizieren. Häufig wird diese dann in einer eigenen Satzungsregelung liegen, mit der Nachteile und Risiken eingegrenzt und die virtuelle Gesellschafterversammlung zugleich als taugliche Alternative zugelassen werden kann.
Autor: Dr. Martin Geraats
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