Das BAG entschied erneut, dass allein eine verspätete Erteilung der Auskunft nach Art. 15 DSGVO keinen immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO begründet.
DSGVO: Das pauschale Berufen auf eine verspätete Auskunft genügt für einen Schadensersatzanspruch nicht! (credits: adobestock)

Der Auskunftsanspruch nach Art. 15 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) wird zunehmend in arbeitsrechtlichen Konfliktsituationen eingesetzt. Arbeitnehmer nutzen dieses Recht strategisch, um ihre Position bei Verhandlungen, etwa zu Abfindungen oder Vergleichen, zu stärken. Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, den Auskunftsanspruch spätestens innerhalb eines Monats zu erfüllen, was zu erheblichen organisatorischen Herausforderungen führt. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) haben häufig Schwierigkeiten, die Auskünfte fristgerecht zu erteilen.

Die verspätete oder unvollständige Erteilung der Auskunft nach Art. 15 DSGVO führte in der Vergangenheit schon zu hohen Schadensersatzansprüchen (bis zu 10.000,00 Euro) der Betroffenen.

Bereits 2023 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteil v 4.5.2023 – C-300/21), dass ein DSGVO-Verstoß allein nicht zum Schadensersatz verpflichtet. Unsere Besprechung der Entscheidung finden Sie hier. Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil v. 20.6.2024 – 8 ZR 124/23) entschied schon im letzten Jahr, dass die bloße Äußerung der Befürchtung eines Datenmissbrauchs nach einer zunächst unterlassenen Auskunft nach Art. 15 DSGVO nicht für einen Anspruch nach Art. 82 DSGVO ausreicht. 

Das BAG (BAG, Urteil v. 20.2.2025 – 8 AZR 61/24) entschied nun im Falle eines ehemaligen Arbeitnehmers, (erneut) dass allein eine verspätete Erteilung der Auskunft nach Art. 15 DSGVO keinen immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO begründet.

Der Fall (verkürzt):

Der Kläger war im Dezember 2016 kurzzeitig bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten angestellt. Bereits 2020 verlangte und erhielt er eine Auskunft nach Art. 15 DSGVO.

Im Oktober 2022 begehrte er von der Beklagten erneut Auskunft nach Art. 15 DSGVO über eine etwaig andauernde Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten. Als die Beklagte hierauf nicht reagierte, erneuerte er sein Verlangen. Die Beklagte erteilte dem Kläger daraufhin Auskunft.

Der Kläger beanstandete die erteilte Auskunft, insbesondere hinsichtlich der Vollständigkeit der Datenkopien, worauf die Beklagte erst im Dezember die gewünschten Auskünfte ergänzte.

Der Kläger verlangte daraufhin erfolglos die Zahlung einer „Geldentschädigung“ nach Art. 82. DSGVO und erhob Klage.

Das Arbeitsgericht (ArbG) hat die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 10.000,00 Euro verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf dieses Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Entscheidung:

Im Revisionsverfahren hat das BAG entschieden, dass allein eine verspätete Erteilung der DSGVO-Auskunft einen immateriellen Schaden im Sinne des Art. 82 DSGVO nicht begründet:

I. Vorliegen eines Schadens:

Der Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO hat drei Voraussetzungen, die kumulativ erfüllt sein müssen. Es muss ein tatsächlich entstandener und nachweisbarer Schaden, ebenso wie ein Verstoß gegen die DSGVO und ein Kausalzusammenhang zwischen dem erlittenen Schaden und dem Verstoß vorliegen.

Ob eine Verletzung von Art. 15 i.V.m. Art. 12 Abs. 3 DSGVO vorliegt, hat das BAG im vorliegenden Fall offengelassen, weil es bereits das Vorliegen eines Schadens verneint hat.

In Konstellationen, in denen der bloße Verstoß gegen die DSGVO zu der Befürchtung eines Datenmissbrauchs führt, kann ein immaterieller Schaden allein in negativen Gefühlen bestehen. Ein Verlust der Kontrolle über personenbezogene Daten kann also einen Schaden darstellen. Der Schaden muss nach den Anforderungen des nationalen Prozessrechts jedoch substantiiert dargelegt werden.

II. Kein Kontrollverlust durch verspätete Auskunft

Eine verspätete Auskunftserteilung bewirkt keinen Kontrollverlust, der ohne weitere Voraussetzungen einen Schaden i.S.v. Art. 82 Abs. 1 DSGVO darstellt, sondern nur einen Zeitverzug hinsichtlich der Auskunft.

Für einen Kontrollverlust muss bei der betroffenen Person die begründete Befürchtung eines Datenmissbrauchs bestehen. Das bloße Berufen auf eine bestimmte Gefühlslage, z.B. die Befürchtung, der Verantwortliche betreibe mit den Daten „Schindluder“, genügt nicht. Ob das „schlechte Gefühl“ der betroffenen Person tatsächlich begründet ist, muss unter Anwendung objektiver Maßstäbe geprüft werden. Das rein hypothetische Risiko der missbräuchlichen Verwendung durch einen unbefugten Dritten kann nicht zu einer Entschädigung führen.

Das BAG hat dazu ausgeführt, dass zwar die verspätete Erfüllung des Auskunftsanspruchs geradezu zwangsläufig die Sorge eines Verstoßes gegen sonstige Verpflichtungen aus der DSGVO auslöst. Wäre jedoch schon das Berufen auf solche abstrakten Befürchtungen ausreichend für die Annahme eines Schadens, würde jeder Verstoß gegen Art. 15 DSGVO zu einem immateriellen Schaden führen. Die eigenständige Voraussetzung des Schadens würde damit bedeutungslos und liefe der strikten Unterscheidung zwischen Verstoß und Schaden zu wider.

Hinweis für die Praxis:

Neben Arbeitnehmern können auch Kunden jederzeit und ohne Grund Auskunft verlangen. Um das Risiko eines Verstoßes gegen Art. 15 DSGVO zu minimieren sollten Arbeitgeber ihre internen Prozesse überprüfen, um die fristgerechte Bearbeitung von Auskunftsanfragen sicherzustellen. Ein sorgfältiger und bewusster Umfang mit personenbezogenen Daten sowie eine gut strukturierte Datenschutzorganisation sind wesentliche Bestandteile einer funktionierenden Compliance. 

Fazit:

Der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO bleibt ein wichtiges Instrument für Arbeitnehmer und wird vermutlich auch weiterhin Bestandteil arbeitsrechtlicher Auseinandersetzungen sein.

Das Urteil des BAG sorgt jedoch für mehr Rechtssicherheit und Klarheit. Das pauschale Berufen auf eine verspätete Auskunft genügt für einen Schadensersatzanspruch nicht. Damit dürfte es schwieriger werden, Schadensersatzklagen wegen verspäteter oder unvollständiger DSGVO-Auskünfte effektiv als Druckmittel zu verwenden.

Es zeigt aber auch, dass ein sorgfältiger Umgang mit Auskunftsverlangen unabdingbar bleibt, um Anfragen rechtzeitig und umfänglich zu beantworten und das Risiko von Verstößen zu minimieren.


Hierzu beraten wir Sie gerne.

Autor: Nicolas Fischer

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Nicolas Fischer
  • Rechtsanwalt
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