Der unerwartete und unvorbereitete Erbfall kann eine Gesellschaft dadurch lähmen, dass die Erben unbekannt sind.
Die Bestellung eines Geschäftsführers kann nicht ohne Ladung eines Vertreters der unbekannten Erben zur Gesellschafterversammlung wirksam beschlossen werden. Daher ist eine vorsorgende Nachfolgeplanung ein Muss für Unternehmen! (credits: adobestock)

Folgen der Nichtladung der unbekannten Erben zur Gesellschafterversammlung einer GmbH

Der unerwartete und unvorbereitete Erbfall – noch dazu mit unklarer Erbfolgeregelung – kann eine Gesellschaft lähmen und den Fortbestand des Unternehmens ernsthaft gefährden. Wir hatten hierzu bereits kürzlich berichtet: Bestellung eines Notgeschäftsführers bei unbekannten Erben.

Einen weiteren Fall hatte das OLG Brandenburg mit Beschluss vom 02.01.2024 – 7 W 66/23 zu entscheiden. Und wieder kam es zur Lähmung der Gesellschaft, weil keine Vorsorge getroffen wurde.

Der Fall:

Der mit 51 % beteiligte Gesellschafter G einer GmbH, der zugleich der allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer war, verstarb. Seine Erben sind nicht bekannt. Mitgesellschafterin (49 %) M beschloss in einer Gesellschafterversammlung unter Verzicht auf alle gesetzlichen und /oder satzungsrechtlich vorgeschriebenen Formen und Fristen der Einberufung, Ankündigung und Durchführung einer Gesellschafterversammlung, dass sie zur allein vertretungsberechtigten Geschäftsführerin unter Befreiung von § 181 BGB bestellt wird. Mit Antrag vom selben Tag begehrt sie die Löschung von G als Geschäftsführer und ihre Eintragung als Geschäftsführerin. Sie beruft sich auf den Gesellschaftsvertrag. Dort heißt es:

„§ 13 Tod eines Gesellschafters

1. Beim Tod eines Gesellschafters sind nur Mitgesellschafter nachfolgeberechtigt. Geht ein Geschäftsanteil auf eine nicht nachfolgeberechtigte Person über, ist er an eine nachfolgeberechtigte Person zu übertragen, wenn die Gesellschaft dies innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem der Gesellschaft ein Erbschein über die Erbfolge vorgelegt worden ist, verlangt.

4. Bis zur Übertragung und Anzeige bei der Gesellschaft ruhen die Gesellschafterrechte mit Ausnahme des Gewinnbezugsrechts.“

Das Registergericht verweigerte die Eintragung mit der Begründung: M müsse eine Nachlasspflegschaft anregen und den Nachlasspfleger zur Versammlung laden. Dies gelte unabhängig davon, dass § 13 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages das Ruhen der Gesellschafterrechte im Fall des Todes eines Gesellschaftersbvorsehe. Das Teilnahmerecht an der Gesellschafterversammlung sei – anders als das Stimmrecht – nicht entziehbar.

Das durch M angerufene OLG Brandenburg hält die Beschlussfassung ebenfalls für unwirksam, weil die Bestellung einer Geschäftsführerin nicht ohne Ladung eines Vertreters der unbekannten Erben zur Gesellschafterversammlung wirksam beschlossen werden kann.

Die Entscheidung:

Die Nichtladung eines Gesellschafters ist ein Einberufungsmangel, der zur Nichtigkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse führt.

Das Recht zur Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen ist auch bei Ruhen der Gesellschafterrechte nicht entziehbar.

„Das sich aus der Mitgliedschaft ergebende Teilnahmerecht ist aber unverzichtbar, soweit dem Gesellschafter die willensgetragene Wahrnehmung der Gesellschafterrechte insgesamt nicht mehr zugestanden wird (BGH, Urteil vom 17.10.1988 – II ZR 18/88 Rn. 5).

Das gilt auch hinsichtlich der noch nicht bekannten Erben, deren Rechte durch die Ladung eines zuvor bestellten Nachlasspflegers wahrzunehmen sind.

Hingegen hätte die durch M vertretene Auslegung des Gesellschaftsvertrages zur Folge, dass Einberufung und Beschlussfassung über sämtliche die Gesellschaft betreffenden Angelegenheiten zulässig wären, ohne dass die Erben oder vor deren Ermittlung ein zu ihrer Vertretung berufener Nachlasspfleger Kenntnis von den Beschlussfassungen erlangen. M wäre es sogar möglich, längerfristig Beschlüsse zu fassen, die den Interessen der durch den Erbfall berufenen Gesellschafter zuwiderliefen.

Fazit:

Die Bestellung eines Geschäftsführers kann nicht ohne Ladung eines Vertreters der unbekannten Erben zur Gesellschafterversammlung wirksam beschlossen werden.

Das Recht zur Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen ist auch bei Ruhen der Gesellschafterrechte nicht entziehbar. Die Ladung des Gesellschafters zur Gesellschafterversammlung dient der Sicherung eines für jeden Gesellschafter unverzichtbaren Gesellschafterrechts, seines Teilnahmerechts an der Gesellschafterversammlung und der damit verbundenen Einflussmöglichkeit auf die Willensbildung der Gesellschaft (BGH, Urteil vom 13.02.2006 – II ZR 200/04), sei es auch nur vertreten durch einen Nachlasspfleger.

Vorsorge tut Not!

Ein Muss für Unternehmer ist eine gut vorbereitete vorsorgende Nachfolgeplanung, bspw. durch

  • Vorsorgeplan / Todesfallmappe für Unternehmer
  • Unternehmertestament
  • Transmortale Generalvollmachten / Vorsorgevollmachten bezogen auf das Unternehmen
  • Ggf. sogar die Bestellung eines „Vorrats-Geschäftsführer“

„Die gerichtliche Bestellung eines Not-Geschäftsführers kann aus Unternehmenssicht immer nur eine Notlösung sein. Vorzugswürdig erscheint es für etwaige Notfälle selbst vorzusorgen und dafür einen eigenen Geschäftsführer zu bestellen. Ein solcher „Vorrats-Geschäftsführer“ für Notfälle aller Art (neben Tod u.a. auch Krankheiten, Unfälle, Verschollenheit, U-Haft, Pandemien), den die Gesellschafter selbst ausgewählt und bestellt haben, kann das Unternehmen im Notfall sicherlich besser fortführen als ein vom Gericht (mehr oder weniger zufällig) ausgewählter Not-Geschäftsführer“ (Vgl. Wachter, GmbHR 2023, 328, 330).

Wir helfen Ihnen gerne, die für Sie und Ihr Unternehmen passende Vorsorgeplanung aufzusetzen. Sprechen Sie uns an!


Autor: Andreas Jahn

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