Steuerlicher Gewinn einer Kommanditgesellschaft auf Aktien: Anspruch auf eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen

1. Hintergrund und Sachverhalt des Falls
Im Urteil vom 16.10.2024 (Az. I R 24/22) beschäftigte sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit steuerlichen Fragen zur Besteuerung der Kommanditgesellschaft auf Aktien (im Folgenden KGaA) und ihrer persönlich haftenden Gesellschafter. Konkret ging es um die Frage, ob die Einkünfte der KGaA und ihrer persönlich haftenden Gesellschafter gesondert und einheitlich festgestellt werden müssen.
Die Kläger waren persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA, ohne eigene Vermögenseinlage, und erhielten eine gewinnabhängige Vergütung. Diese Vergütungen wurden direkt durch die Wohnsitz-Finanzämter der Kläger als gewerbliche Einkünfte behandelt. Nachdem ein Gesellschafter in Streit mit seinem Finanzamt geriet, erließ das zuständige Finanzamt negative Feststellungsbescheide, wonach keine gemeinschaftlichen Einkünfte vorlägen. Somit sei eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte nicht erforderlich.
2. Welchen Vorteil hätte die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte
Die Kläger hatten ein Interesse an der Klärung dieser Frage, weil sie durch die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte nach § 180 Abs. 1 (Satz 1) Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung mögliche steuerliche Vorteile erzielen konnten. Insbesondere ging es ihnen darum, eine einheitliche und klare Zuordnung der Einkünfte zwischen der KGaA und den persönlich haftenden Gesellschaftern sicherzustellen. Dies hätte für sie unter anderem den Vorteil, dass etwaige steuerbegünstigte Einkünfte, beispielsweise Dividenden oder Veräußerungsgewinne, klarer zugeordnet und steuerlich günstiger behandelt werden könnten (etwa durch Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens). Zudem wollten die Kläger vermeiden, dass unterschiedliche Finanzämter voneinander abweichende steuerliche Ergebnisse festlegen, was zu Rechtsunsicherheit und möglicherweise höheren Steuerbelastungen führen könnte. Die angestrebte Feststellung sollte also zu einer steuerlich optimalen und vor allem eindeutigen Behandlung ihrer Einkünfte führen.
3. Entscheidung des Bundesfinanzhofs
Der BFH entschied, dass entgegen der Auffassung der Vorinstanz (FG Köln) eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für eine KGaA und deren persönlich haftende Gesellschafter zwingend erforderlich ist. Die Revision der Kläger war in diesem entscheidenden Punkt erfolgreich.
Laut § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO müssen einkommensteuerpflichtige und körperschaftsteuerpflichtige Einkünfte gesondert und einheitlich festgestellt werden, sofern mehrere Personen an diesen Einkünften beteiligt sind und diese steuerlich zuzurechnen sind. Nach Auffassung des BFH erfüllen die KGaA und deren persönlich haftende Gesellschafter diese Voraussetzungen, da sie gemeinsam gewerbliche Einkünfte erzielen.
4. Was bedeutet „transparente Betrachtungsweise“?
Zwar besteht zwischen der KGaA und ihrem persönlich haftenden Gesellschafter rechtlich gesehen keine Mitunternehmerschaft, jedoch behandelt die ständige Rechtsprechung des BFH den persönlich haftenden Gesellschafter steuerlich wie einen Mitunternehmer. Diese „transparente Betrachtungsweise“ bedeutet, dass der persönlich haftende Gesellschafter steuerlich so behandelt wird, als ob er unmittelbaren Zugang zum Gewinn der Gesellschaft hätte.
Dabei erfolgt eine steuerrechtliche Aufteilung des Gewinns:
- Ein Teil des Gewinns wird der KGaA zugerechnet und unterliegt der Körperschaftsteuer (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG).
- Der andere Teil wird dem persönlich haftenden Gesellschafter zugerechnet und unterliegt abhängig von dessen Rechtsform entweder der Einkommen- oder Körperschaftsteuer (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG).
5. Konsequenzen der transparenten Betrachtungsweise
Die transparente Betrachtungsweise führt dazu, dass zwingend eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte und damit verbundener Besteuerungsgrundlagen vorzunehmen ist. Dies dient der einheitlichen Rechtsanwendung und erleichtert das Besteuerungsverfahren, indem widersprüchliche Ergebnisse unterschiedlicher Finanzämter vermieden werden.
Der BFH begründete seine Entscheidung umfangreich mit systematischen Zusammenhängen zwischen den Regelungen für Mitunternehmer und den spezifischen Vorschriften zur Besteuerung persönlich haftender Gesellschafter der KGaA.
6. Fazit und Bedeutung der Entscheidung
Dieses Urteil unterstreicht die Notwendigkeit einer klaren, einheitlichen Feststellung der steuerlichen Einkünfte einer KGaA sowie deren Gesellschafter. Das Urteil dient damit der Vermeidung divergierender steuerlicher Ergebnisse.
Autor: StB & RA Andreas Jahn
Auszeichnungen
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht.“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2024)
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