20.11.2024 -

Steuerfreiheit von Sanierungserträgen: Präzisierungen des BFH zur Sanierungseignung und Gläubigerabsicht

Der BFH hat in seinem Urteil vom 09.08.2024, die Voraussetzungen zur Steuerfreiheit von Sanierungserträgen gemäß § 3a EStG präzisiert.
Wann genau sind Sanierungserträge steuerfrei? – die Voraussetzungen hat der BFH in einem aktuellen Urteil präzisiert (credits: adobestock).

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 09.08.2024, Az. X B 94/23, die Voraussetzungen zur Steuerfreiheit von Sanierungserträgen gemäß § 3a EStG präzisiert. Das Urteil befasst sich insbesondere mit der Frage, ob ein Forderungsverzicht eines Gläubigers steuerfrei gestellt werden kann, wenn dieser der Sanierung eines Unternehmens dient. Dabei stellt der BFH klar, welche Voraussetzungen bezüglich der „Sanierungseignung“ und der „Sanierungsabsicht der Gläubiger“ erfüllt sein müssen, und verdeutlicht die Nachweispflicht für diese Kriterien, um die Steuerfreiheit geltend machen zu können.

Sachverhalt des BFH-Urteils vom 09.08.2024

Der Kläger war der alleinige Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft (KG), die mehrere Tankstellen betrieb. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten verzichteten einige Gläubiger der KG in den Jahren 2003 und 2012 teilweise auf ihre Forderungen, um die wirtschaftliche Lage zu stabilisieren. Im Jahr 2014 kam es zu einem weiteren Forderungsverzicht durch den Hauptgläubiger, die A-AG, was zu einem Buchgewinn bei der KG führte. Der Kläger beantragte die Steuerfreiheit dieses Buchgewinns gemäß § 3a EStG. Das Finanzamt behandelte den Gewinn jedoch als steuerpflichtig, da es weder eine ausreichende Sanierungseignung noch eine Sanierungsabsicht der Gläubiger gegeben sah. Einspruch und Klage des Klägers blieben erfolglos, woraufhin der Kläger Beschwerde beim BFH einlegte.

Was versteht der BFH unter Sanierungseignung?

Die „Sanierungseignung“ beschreibt laut BFH die Fähigkeit einer Maßnahme, das Überleben des Unternehmens zu sichern oder den Unternehmer von Schulden zu befreien, um eine stabile wirtschaftliche Grundlage zu schaffen. Wesentliche Indizien für die Sanierungseignung sind entweder ein nachvollziehbares und prüfbares Sanierungskonzept oder ein rückblickend erfolgreicher Abschluss der Sanierung. Wichtig ist, dass die Maßnahmen den objektiven Zweck verfolgen, die finanzielle Situation des Schuldners langfristig zu stabilisieren. Ein schriftliches Sanierungskonzept ist dabei nicht zwingend erforderlich, jedoch hilfreich für den Nachweis der Eignung.

Die Sanierungsabsicht der Gläubiger: Was bedeutet das?

Das Tatbestandsmerkmal der „Sanierungsabsicht der Gläubiger“ ist ein eigenständiges und essentielles Kriterium, das der BFH in seinem Urteil besonders betont. Ein Gläubiger muss beim Forderungsverzicht tatsächlich das Ziel verfolgen, den Schuldner nachhaltig zu stabilisieren. Es darf nicht primär darum gehen, eigene Verluste zu minimieren oder die eigene Position zu stärken. Der BFH stellt klar, dass die Vermutung der Sanierungsabsicht nicht einfach deshalb greift, weil ein Forderungsverzicht erfolgt ist. Vielmehr muss eine klare Absicht der Gläubiger zur Stabilisierung des Schuldners erkennbar sein.

Von einer solchen Sanierungsabsicht kann ausgegangen werden, wenn mehrere Gläubiger gemeinschaftlich auf Forderungen verzichten (Hallerbach in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 327. Lieferung, 8/2024, § 3a EStG, Rn. 15). Im vorliegenden Fall konnte der BFH keine einheitliche Sanierungsabsicht der Gläubiger feststellen, da die Forderungsverzichte der verschiedenen Gläubiger zeitlich und sachlich nicht miteinander verbunden waren. Die A-AG verzichtete hauptsächlich, um versicherungsrechtliche Vorgaben des Warenkreditversicherers zu erfüllen und den eigenen Versicherungsschutz zu sichern, was zeigt, dass die langfristige Stabilität der KG für die A-AG keine Priorität hatte. Daher war die erforderliche Sanierungsabsicht nicht gegeben.

Bedeutung des Urteils für die Steuerfreiheit von Sanierungserträgen in zukünftigen Fällen

Das BFH-Urteil vom 09.08.2024 präzisiert die die Anforderungen an die Steuerfreiheit von Sanierungserträgen. Steuerpflichtige müssen sowohl die Sanierungseignung als auch die Sanierungsabsicht der Gläubiger detailliert nachweisen können, um die Steuerfreiheit gemäß § 3a EStG in Anspruch zu nehmen. Ein bloßer Forderungsverzicht reicht nicht aus, um eine Sanierungsabsicht zu unterstellen. Vielmehr muss deutlich gemacht werden, dass der Forderungsverzicht tatsächlich der nachhaltigen wirtschaftlichen Sanierung des Unternehmens dient.

Steuerliche Vorteile bei Forderungsverzichten sind voraussichtlich nur dann möglich, wenn die Gläubiger klar belegen können, dass sie die wirtschaftliche Stabilität des Schuldners fördern wollten. Gläubiger, die lediglich eigene Verluste reduzieren oder ihren Versicherungsschutz verbessern möchten, erfüllen diese Voraussetzung nicht. Das Urteil soll sicherstellen, dass Steuererleichterungen im Zusammenhang mit Sanierungen tatsächlich nur dann gewährt werden, wenn eine echte Sanierungsabsicht vorliegt.

Fazit

Steuerpflichtige, die von der Steuerfreiheit der Sanierungserträge profitieren möchten, müssen sicherstellen, dass alle relevanten Kriterien dokumentiert und nachgewiesen werden. Insbesondere die Sanierungseignung und die Sanierungsabsicht der Gläubiger. Gläubiger müssen ein schlüssiges Sanierungskonzept nachweisen, und der Nachweis muss glaubhaft machen, dass der Forderungsverzicht der langfristigen Stabilisierung des Unternehmens dient.


Autor: RA & StB Andreas Jahn

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