20.03.2025 -

Dürfen Vermieter, die Mieterstrom liefern, die Vorsteuer aus der Anschaffung der Photovoltaikanlage (PV-Anlage) ziehen oder nicht?

Photovoltaikanlage: Das FG Münster entschied mit Urteil über die umsatzsteuerrechtliche Einordnung von Mieterstromlieferungen eines Vermieters an seine Mieter.
Mieterstromlieferung: Kann ein Vermieter den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung einer Photovoltaikanlage verlangen? (credits: adobestock)

Das Finanzgericht (FG) Münster entschied mit Urteil vom 18.02.2025 (Az. 15 K 128/21 U) über die umsatzsteuerrechtliche Einordnung von Mieterstromlieferungen eines Vermieters an seine Mieter. Der klagende Vermieter V begehrt den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung einer Photovoltaikanlage. Streitig war dabei die Frage, ob die Lieferung von Mieterstrom (eigenproduzierter und extern bezogener Strom)

  • eine unselbständige Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Wohnraumvermietung darstellt (dann kein Vorsteuerabzug)
  • oder ob es sich dabei um eine selbständige Hauptleistung neben der Vermietungsleistung handelt (dann Vorsteuerabzug).

1. Sachverhalt

V betreibt eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage) auf seinem Mehrfamilienhaus, das er umsatzsteuerfrei vermietet. Er liefert Strom an die Mieter, wobei dieser teilweise aus der PV-Anlage stammt und teilweise extern zugekauft wird. Die Mietverträge enthalten keine ausdrückliche Verpflichtung zur Abnahme des Stroms, allerdings wurden Vorauszahlungen auf Betriebskosten (inklusive Strom) vereinbart.

Das Finanzamt lehnte den Vorsteuerabzug teilweise ab, weil es die Stromlieferung als unselbständige Nebenleistung zur steuerfreien Wohnraumvermietung einstufte.

2. Entscheidung des FG Münster

Das FG Münster gab V Recht und stellte fest, dass die Stromlieferungen an die Mieter eigenständige, steuerpflichtige Leistungen darstellen.

a. Voraussetzungen für eine einheitliche Leistung

Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn mehrere Leistungen so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine untrennbare wirtschaftliche Einheit bilden. Insbesondere ist eine Leistung als Nebenleistung einzustufen, wenn sie für den Kunden keinen eigenen Zweck hat, sondern lediglich die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen nutzbar macht.

b. Voraussetzungen für getrennte Leistungen

Das FG Münster orientierte sich an der Rechtsprechung des BFH und des EuGH, wonach insbesondere folgende Faktoren für das Vorliegen einer eigenständigen Leistung sprechen:

  • Die Mieter haben die Möglichkeit, den Stromanbieter frei zu wählen.
  • Die Stromlieferung erfolgt über separate Zähler mit verbrauchsabhängiger Abrechnung.
  • Die Mietverträge enthalten keine Verpflichtung zum Strombezug.

Da die Stromlieferungen den Mietern eine echte Wahlmöglichkeit boten und verbrauchsabhängig abgerechnet wurden, stellen sie eigenständige steuerpflichtige Lieferungen dar.

c. Koppelungsverbot, § 42a Abs. 2 EnWG

Das Gericht verwies zudem auf das Koppelungsverbot des § 42a Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), wonach Mietverträge und Mieterstromlieferungsverträge getrennt zu behandeln sind. Da die Mieter nicht zum Strombezug vom Vermieter verpflichtet waren, konnte von einer untrennbaren wirtschaftlichen Einheit nicht ausgegangen werden.

d. Verwaltungsauffassung und Abweichung des FG

Das FG widersprach der Verwaltungsauffassung in Abschnitt 4.12.1 Abs. 5 Satz 3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE), wonach die Lieferung von Strom grundsätzlich als Nebenleistung zur steuerfreien Wohnraumvermietung gilt. Die Norm entfaltet keine Bindungswirkung für das Gericht.

Das FG Münster hat die Revision nicht zugelassen.

3. Fazit

Das Urteil stellt klar, dass Vermieter, die Mieterstrom liefern, regelmäßig steuerpflichtige Umsätze. Das erlaubt Vermietern den Vorsteuerabzug bei Anschaffung und Betrieb von Photovoltaikanlagen.


Autor: StB & RA Andreas Jahn

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