Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 03.03.2023 dem Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht zugestimmt. Das Gesetz kann kurzfristig nach Ausfertigung durch den Bundespräsidenten und Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten
Was galt bislang bei einer Mitgliederversammlung im Vereinsrecht?
Die Mitgliederversammlung des Vereins ist in § 32 BGB geregelt. Bisher war im Gesetz vorgesehen, dass Mitgliederversammlungen eines Vereins in Präsenz stattfinden. Während der Corona-Pandemie gab es eine Übergangsregelung zur Ermöglichung virtueller Mitgliederversammlungen, die allerdings zwischenzeitlich ausgelaufen ist.
Was gilt zukünftig bei einer Mitgliederversammlung im Vereinsrecht?
Mit dem jetzt beschlossenen Gesetz schafft der Gesetzgeber auch für Vereine die Möglichkeit hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen. Für Aktiengesellschaften (vgl. § 118a AktG) und GmbHs (vgl. § 48 Abs. 1 S. 2 GmbHG) war dies zuvor bereits ermöglicht worden.
In § 32 BGB wir ein neuer Absatz 2 eingefügt. Dieser lautet:
„Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung). Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen. Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.“
Unter elektrischer Kommunikation sind etwa Videokonferenz, Telefonkonferenz, Chat-Dienste bzw. Abstimmungen per E-Mail zu verstehen. Bei der Wahl des technischen Weges wird das Einberufungsorgan – regelmäßig der Vorstand – prüfen müssen, ob und wie Aspekte der Vertraulichkeit, des Datenschutzes, der Identitätsprüfung und der Dokumentation adäquat berücksichtigt werden können.
Was versteht man unter einer hybriden Versammlung?
Im Gesetzgebungsverfahren war zunächst nur die Möglichkeit der hybriden Versammlung vorgesehen worden. Dies bedeutet, dass eine Mitgliederversammlung in Präsenz abgehalten wird, dass das Einberufungsorgan allerdings die Möglichkeit eröffnen kann, dass Mitglieder auch im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen können. Die Frage, ob derartige Teilnahmemöglichkeiten eröffnet werden, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Einberufungsorgans. Die Frage dürfte im Einzelfall unter anderem auch von der Größe der Mitgliederversammlung und der Mitgliederstruktur abhängen.
Was ist im Unterschied dazu eine virtuelle Versammlung?
Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens ist auch noch die rein virtuelle Mitgliederversammlung vorgesehen worden. Das Einberufungsorgan kann danach von einer Präsenzversammlung absehen und zu einer rein virtuellen Mitgliederversammlung einladen. Im Gesetzgebungsverfahren war diskutiert worden, ob hierfür eine Satzungsgrundlage erforderlich sein soll.
Dies ist nach der jetzt beschlossenen Gesetzesfassung nicht der Fall. Erforderlich ist allerdings ein entsprechender Beschluss der Mitgliederversammlung. Das Einberufungsorgan – regelmäßig der Vorstand – kann insofern zwar nach pflichtgemäßem Ermessen zu einer hybriden Versammlung einladen. Die Kompetenz zur Ermöglichung rein virtueller Versammlungen liegt allerdings bei der Mitgliederversammlung.
Wen betrifft die Neuregelung?
Der § 32 BGB betrifft wie gesagt die Mitgliederversammlung des Vereins. Über die Verweisungsnorm des § 28 BGB finde die Vorschrift auch auf Beschlussfassungen bzw. Sitzungen des Vereinsvorstandes Anwendung. Vermittels § 86 BGB gilt dasselbe für Sitzungen und Beschlussfassungen von Stiftungsvorständen.
Muss die Satzung des Vereins angepasst werden?
Das Gesetz sieht damit hybride und virtuelle Mitgliederversammlungen vor, ohne dass dafür eine Satzungsgrundlage erforderlich ist. Sollen die von Gesetzes wegen eröffneten Möglichkeiten eingeschränkt werden, so kann dies über die Satzung erfolgen (vgl. § 40 BGB).
Unabhängig davon mag überlegt werden, ob in der Satzung Anpassungen zweckmäßig sind. Zum einen enthalten viele Vereinssatzungen Regelungen, die nur auf Präsenzsitzungen zugeschnitten sind. Zum anderen mag es sich mit Blick auf die überschaubare gesetzliche Neuregelung anbieten, das Verfahren der (hybriden oder virtuellen) Mitgliederversammlung auch in der Satzung genauer zu regeln.
Autor: Dr. Stephan Dornbusch
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