Rechtsberatung für Religionsgemeinschaften, Weltanschauungsgemeinschaften und ihre Untergliederungen
Verfassungsrechtlich durch Art. 4 GG geschützt, nimmt die Religions- und Glaubensfreiheit einen zentralen Stellenwert in der freiheitlich demokratischen Grundordnung ein. Dabei ist nicht nur die individuelle, sondern insbesondere auch die kollektive Religions- und Glaubensfreiheit ein grundrechtlich geschütztes Rechtsgut. Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, aber vor allem die Kirche und ihre Untergliederungen nehmen dabei eine Sonderrolle zwischen den privaten Rechtsträgern und dem Staat ein. Hieraus folgt sodann eine Reihe von Besonderheiten in gesellschaftsrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht, die nicht selten zu komplexen rechtlichen Fragestellungen und Unsicherheiten führen. Dies folgt unter anderem aus dem Umstand, dass es bis heute keine einheitliche öffentlich-rechtliche Kodifikation des Rechtes der Religionsgemeinschaften und/oder Weltanschauungsgemeinschaften gibt und sich somit nicht selten von Bundesland zu Bundesland Unterschiede ergeben. Daneben sind oftmals die kirchenrechtlichen Besonderheiten innerhalb der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Weltanschauungsgemeinschaft zu beachten.
Kirchliches Gesellschaftsrecht – was versteht man hierunter?
Mit Blick auf die gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen um die Rechtsträgerschaft von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften eröffnen sich unterschiedliche Rechtsformen, je nach Größe, Organisation und Tätigkeitsbereich der jeweiligen Gemeinschaft.
Körperschaft des öffentlichen Rechts (Kirchenstatus)
In den letzten Jahren ist ein stärkerer Trend zur Rechtsform der (kirchlichen) Körperschaft des öffentlichen Rechts zu beobachten. Die besondere Beliebtheit dieses Status folgt aus den zahlreichen Sonderrechten, die mit ihm einhergehen. Zu nennen sind etwa:
- Dienstherrenfähigkeit
- Organisationsgewalt
- Rechtssetzungsgewalt
- Widmungsbefugnis
- Mitspracherechte in politischen Gremien
- Einführung von Religionsunterricht an Schulen
- keine Insolvenzfähigkeit
- Parochialrecht
- Steuerrecht
- usw.
Ausgangspunkt der Verleihung sind dabei Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV sowie die einschlägigen landesspezifischen Vorschriften (z.B. KStatG NRW). Hiernach zählen zu den Voraussetzungen der Körperschaftsstatusverleihung, dass die Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft, die Ordensgemeinschaft oder die sonstige kirchliche Einrichtung (z.B. kirchliche Datenschutzzentren) grds. nach ihrer Verfassung, ihrem Mitgliederbestand und ihrer finanziellen Lage Gewähr für ein dauerhaftes Bestehen bietet. Daneben muss sie sich rechts- und verfassungstreu verhalten. Darüber hinaus muss ein religiöses Bekenntnis der Gemeinschaft vorliegen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat die Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft und je nachdem ihre einzelne Teiluntergliederung (z.B. Bistümer, Landeskirchen, Ordensgemeinschaften) einen einklagbaren öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Statusverleihung.
Für die Verleihung des Kirchenstatus muss ein Antrag bei der jeweils zuständigen Behörde gestellt werden. Hierbei variiert die Zuständigkeit von Bundesland zu Bundesland. Nach der Statusverleihung kommt der Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft bzw. ihrer Teiluntergliederung als Körperschaft des öffentlichen Rechts ein Körperschaftsstatus sui generis zu. Hervorzuheben ist, dass sie nicht Teil des Staates wird, sondern vielmehr eine gesellschaftliche Einrichtung mit Sonderrechten darstellt. Sie kann sich also weiterhin gegenüber dem Staat im Rahmen des verfassungsrechtlich geschützten Freiraums auf Rechte berufen.
Kirchliche Stiftungen des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts
Ferner ist es Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften und je nachdem ihren einzelnen Teiluntergliederungen auch möglich, privatrechtliche Stiftungen (§§ 80 ff. BGB) oder öffentlich-rechtliche Stiftungen – nach Maßgabe der Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV oder der einschlägigen Landesstiftungsgesetze – zu gründen bzw. sich einen entsprechenden Stiftungsstatus verleihen zu lassen. Dabei kann es sich um (originär) kirchliche Stiftungen oder aber auch um steuerlich gemeinnützige (§§ 51 ff. AO) Stiftungen handeln; für beide Stiftungsarten gibt es zahlreiche steuerliche Privilegien.
Eingetragener Verein
Zumeist von der Mitgliederzahl kleinere Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften sind daneben in der Rechtsform des eingetragenen Vereins (e.V.) in Deutschland organisiert. Entsprechendes gilt auch noch für zahlreiche Ordensgemeinschaften in der Bundesrepublik. Diese Rechtsform bietet den Vorteil, dass bei Anerkennung der Gemeinnützigkeit (§§ 51 ff. AO) eine ganze Reihe steuerrechtlicher Vorteile in Aussicht stehen. Voraussetzung für diese ist, dass die als Verein organisierte Gemeinschaft nach ihrer Satzung einem kirchlichen Zweck dient. Als solcher ist bereits die allgemeine Förderung der Religion anerkannt. Als positive steuerrechtliche Folge ist der Verein im Rahmen seiner Tätigkeit zu diesem Zweck vor allem von der Entrichtung der Körperschaftssteuer befreit. Zudem eröffnet das Ausstellen von Spendenquittungen und je nachdem die Erhebung von Mitgliedsbeiträgen eine Möglichkeit für Geldgeber ihre Zuwendungen steuerlich abzusetzen.
Gemeinnützige GmbH oder Stiftungs-GmbH
Eine weitere relevante Rechtsform ist die gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH). Eine Strukturierung in Form einer gGmbH bietet sich insbesondere dann an, wenn infolge einer zunehmenden wirtschaftlichen Betätigung der Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft oder ihrer Untergliederungen die Auslagerung der gewinnorientierten Bereiche in eine haftungsbeschränkte gGmbH den Schutz des kirchlichen Grundvermögens vor Gläubigerzugriff unter Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Aktivität notwendig erscheint. So werden etwa zahlreiche Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime nicht unmittelbar vom Kirchenrechtsträger, sondern von einer gGmbH betrieben, deren Gesellschafter eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft oder eine ihrer Untergliederungen ist.
Im Rahmen der Gründung einer gGmbH ist ein gemeinnütziger Zweck (§§ 51 ff. AO) in der Satzung zu verankern, wobei oftmals kirchliche Zwecke im Vordergrund stehen. Dies ist allerdings nicht zwingend, daneben kommen etwa auch mildtätige und karitative Zwecke in Betracht.
Darüber hinaus existieren weitere besondere Anforderungen an die Ausgestaltung der Satzung der gGmbH. Besonders hervorzuheben sind die folgenden Voraussetzungen:
- die gGmbH darf ausschließlich den in der Satzung verankerten Zweck verfolgen
- die in der Gesellschaft generierten Mittel dürfen ausschließlich zur Förderung des gemeinnützigen Zwecks eingesetzt werden (Grundsatz der Vermögensbindung)
- die Gewinne dürfen nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden
In Anbetracht dieser strengen Anforderungen ist unter Abwägung der Gesamtumstände im Einzelfall in Abstimmung mit dem Finanzamt zu entscheiden, ob die Gründung einer gGmbH zweckmäßig ist.
Daneben können Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften oder ihre Untergliederungen (Bistümer, Landeskirchen, Ordensgemeinschaften etc.) auch eine Stiftungs-GmbH gründen; diese sind von ihrem Gesellschaftsvertrag so ausgestaltet, dass sie einem stiftungsähnlichen Charakter haben, hierbei aber grundsätzlich nicht der staatlichen oder kirchlichen Stiftungsaufsicht unterfallen.
Kirchliches Steuerrecht – was versteht man hierunter?
Wie bereits an einigen Stellen voranstehend angeklungen, gehen unterschiedliche Rechtsformen mit unterschiedlichen steuerrechtlichen Vor- und Nachteilen einher. Daneben ergeben sich zudem aus der Sonderrolle der Kirche, der Ordensgemeinschaften sowie der sonstigen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zwischen Staat und Privatrechtsträgern teils komplexe steuerrechtliche Herausforderungen.
Steuerpflicht der Kirche sowie der sonstigen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften
Trotz ihrer Sonderrolle sind kirchliche Gemeinschaften – gleich welcher Rechtsform – generell unter unterschiedlichen Gesichtspunkten steuerpflichtig. Neben der regelmäßig anfallenden Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuer sind mit Blick auf das kirchliche Vermögen die Grundsteuer sowie bei Übertragungen die Grunderwerbs- und Schenkungssteuer von Bedeutung.
Neuregelung der Umsatzsteuerpflicht
Weitreichende Änderungen, auch für kirchliche Einrichtungen, sind im Bereich der Umsatzsteuer mit Blick auf die Neuregelung des § 2b UStG („Besteuerung der öffentlichen Hand“) zu verzeichnen. Europäischen Vorgaben entsprechend sind nunmehr auch öffentlich-rechtliche Einrichtungen grundsätzlich zur Abführung der Umsatzsteuer verpflichtet, soweit sie keine hoheitlichen bzw. kirchlich-hoheitlichen Tätigkeiten ausüben. Aufgrund der Neuregelung insgesamt einhergehenden Unsicherheiten wurde die Umsetzungsfrist zuletzt erneut verlängert und läuft nunmehr Ende 2024 ab. Hierdurch haben auch kirchliche und ähnliche Einrichtungen eine weitere Gelegenheit, zu überprüfen, inwieweit sie von den Auswirkungen der Neuregelung betroffen sind und ob ihnen weiterhin eine grds. Befreiung von der Umsatzsteuer zukommt oder künftig eben nicht mehr.
Befreiungen und Privilegierungen – gibt es steuerliche Vorteile?
Auch wenn kirchliche oder weltanschauungsgemeinschaftliche Rechtsträger grundsätzlich steuerpflichtig sind, kommen ihnen doch häufig steuerliche Privilegierungen und Ausnahmetatbestände zugute. Zu nennen sind insbesondere:
- Entfall der Körperschaftssteuer, wenn die Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft bzw. ihre Untergliederung in einer Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert ist (Ausnahme: Betriebe gewerblicher Art)
- Entfall bzw. Ermäßigung der Umsatzsteuerpflicht etwa bei dem Betrieb kultureller Einrichtungen sowie der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken
- Entfall bzw. Ermäßigung der Schenkungs- und Erbschaftsteuer sowie Grunderwerbsteuer bei der Übertragung historischer Kirchengüter und Grundbesitz oder bei Zuwendungen Dritter an inländische Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts
- Befreiung von der Grundsteuer betreffend den Gottesdienst oder dem gemeinnützigen Zweck gewidmeten Grundbesitz
Unabhängig von diesen Ausnahmetatbeständen unterfallen kirchliche Aktivitäten oftmals auch dem steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht (§§ 51 ff. AO), wenn die Förderung kirchlicher Zwecke im Mittelpunkt steht. Dies hat zur Folge, dass auf Antrag trotz grundsätzlich bestehender Steuerpflicht, vor allem keine Körperschafts- und Gewerbesteuer zu zahlen ist und ein ermäßigte Umsatzsteuer in Betracht kommt.
Fazit:
Die besondere Stellung der Kirche und ihrer Einrichtungen zwischen Staat und Privatrechtsträgern spiegelt sich in einer Vielzahl steuerrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Fragen wider. Für unterschiedliche Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsgemeinschaften sowie für ihre Untergliederungen bieten sich unterschiedliche Rechtsformen als Lösungsansätze an. Steuerliche Themen sind dabei auch stets zu beachten. Ferner sind hierbei oftmals die kircheninternen Vorgaben (z.B. kanonisches Recht) im Blick zu behalten.
Gerne beraten wir Sie aus staatsrechtlicher, gesellschafts- und steuerrechtlicher Perspektive zu sämtlichen Themen rund um das kirchliche Gesellschafts- und Steuerrecht, wobei wir auch stets ein Auge auf die religionsrechtlichen Vorgaben insoweit haben.
Bei Fragen können Sie sich gerne an den Autor dieses Beitrages, Herrn Dr. Karl Brock, wenden.
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