
Rechtssicherheit für Ärzte und Zahnärzte in der BAG: BFH stärkt die Freiberuflichkeit
In ärztlichen oder zahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) ist Arbeitsteilung alltäglich und oft sinnvoll: Während einige Partner den Fokus auf die Behandlung legen, übernehmen andere die administrativen Tätigkeiten, wie z. B. Praxismanagement, Personalführung oder Abrechnung.
Bisher war allerdings unklar, ob eine solche Konstellation die Freiberuflichkeit gefährdet – und somit zu einer Gewerbesteuerpflicht führen kann.
Hintergrund: Gewerbliche Infizierung bei gemischten Tätigkeiten
Laut § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG kommt es zur sog. „gewerblichen Infizierung“, wenn eine freiberuflich tätige Personengesellschaft zusätzlich gewerbliche Tätigkeiten in nicht unerheblichem Umfang ausübt. Das führt dazu, dass sämtliche Einkünfte als gewerblich gelten – mit der Folge: Gewerbesteuerpflicht für die gesamte BAG. Seit einer Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2021 bestanden hier für ärztliche oder zahnärztliche Berufsausübungsgemeinschaften, die ihre administrativen Aufgaben auf einen Partner „abgewälzt“ hatten, große Risiken.
Der Streitfall: Zahnärztliche BAG mit administrativ tätigem Partner
Im konkreten Fall vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz hatte ein Partner einer zahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft die kaufmännische und organisatorische Leitung übernommen – inklusive Vertretung gegenüber Kammern und Behörden, Organisation der Praxisabläufe, Personalfragen und Instandhaltung der Gerätschaften. Der Partner war weder „am Behandlungsstuhl“ behandelnd tätig noch in die praktische zahnärztliche Arbeit der anderen Partner und der angestellten Zahnärzte eingebunden. Im dem dann streitig gewordenen Jahr beriet der Partner fünf Patienten konsiliarisch und generierte hieraus einen geringfügigen Umsatz. Finanzamt und Finanzgericht werteten dies als Verlust der Freiberuflichkeit und stufen die gesamten Einkünfte der BAG als gewerblich ein.
BFH-Urteil vom 04.02.2025: Freiberuflichkeit bleibt erhalten
Der Bundesfinanzhof (BFH) widersprach dieser Sichtweise deutlich: Auch ein Partner, der schwerpunktmäßig administrative Aufgaben in der Berufsausübungsgemeinschaft übernimmt, kann weiterhin freiberuflich tätig sein – sofern seine Tätigkeit zum Gesamtbild des freien Berufs gehört.
Entscheidend sei nicht, ob ein Gesellschafter ausschließlich am Patienten arbeitet, sondern ob er mitwirkt, die berufstypischen Leistungen der Praxis zu ermöglichen und verantwortlich mitzutragen. Auch organisatorische Tätigkeiten können Ausdruck einer freiberuflichen Mitwirkung sein.
Der Volltext des Urteils: BFH vom 04.02.2025, Az. VIII R 4/22.
Fazit für Ärzte und Zahnärzte: Keine Gewerbesteuer bei sinnvoller Arbeitsteilung in der Gemeinschaftspraxis
Mit dieser Entscheidung schafft der BFH Rechtssicherheit für viele ärztliche und zahnärztliche Kooperationen. Die Bündelung administrativer Aufgaben auf einen Partner stellt keine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes dar – Gewerbesteuer wird nicht ausgelöst.
Für Berufsausübungsgemeinschaften ist das eine entlastende und praxisnahe Entscheidung, die Flexibilität in der internen Aufgabenverteilung ermöglicht – ohne daraus steuerliche Nachteile entstehen zu lassen.
Autor: Wolf Constantin Bartha
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