28.11.2023 -

Einsicht in Patientenakte? Patient hat Recht auf unentgeltliche erste Kopie

Patienten und Patienten haben gegenüber Ärzten Anspruch auf eine kostenlose erste Kopie ihrer Patientenakte. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 26.10.2023 entschieden.
Mit der neuen Entscheidung des EuGHs vom 26.10.2023, Az. C-307/22 ist abschließend geklärt, dass der Patient ein Recht auf eine unentgeltliche Erstkopie seiner Patientenakte hat (credits:adobestock).

Patienten und Patienten haben gegenüber Ärzten Anspruch auf eine kostenlose erste Kopie ihrer Patientenakte. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 26.10.2023 entschieden.

Hat der Patient ein Einsichtsrecht in seine Patientenakte?

Patientinnen und Patienten haben ein Recht auf Einsicht in die sie betreffende bei ihrem Arzt oder Zahnarzt geführte Patientenakte. Dieses Einsichtsrecht ist seit Jahren von der Rechtsprechung anerkannt. Seit rund 10 Jahren findet sich dieses Recht auch in § 630g des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Danach ist dem Patienten auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen.

Was regelt das Gesetz zu Kopierkosten?

Im BGB heißt es weiter, dass der Patient auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen kann, dem Behandelnden (also dem Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeuten etc.) aber die entstandenen Kosten erstatten muss. Um diese Frage der Kostenerstattung gab es immer wieder Streit. Teilweise wurde auch darüber gestritten, ob dem Arzt ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Kostenerstattung zustehen könnte.

Was hat der EuGH zu den Kopierkosten entschieden und warum?

Die Frage nach den Kopierkosten hat jetzt der Europäische Gerichtshof geklärt. Im entschiedenen Rechtsstreit verlangte ein Patient von seiner Zahnärztin eine kostenlose Kopie seiner Patientenakte, um Haftungsansprüche wegen vermeintlicher Behandlungsfehler geltend zu machen.

Die Zahnärztin wollte ihm den Aufwand entsprechend der Regelungen des BGB berechnen. Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) – eine Verordnung der europäischen Union – auf die sich der Patient stützte, sieht hingegen vor, dass Auskünfte grundsätzlich unentgeltlich erfolgen müssen. Um das Verhältnis der DSGVO zum deutschen BGB zu klären, hatte der Bundesgerichtshof dem EuGH die Frage zur Klärung vorgelegt.

Der EuGH gibt in seinem Urteil vom 26.10.2023, Az. C-307/22, der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) den Vorrang. Diese enthält das Recht auf eine unentgeltliche Erstkopie. Ärzte dürfen von Patienten also nur dann eine Gebühr verlangen, wenn der Patient schon einmal eine Kopie kostenlos erhalten hat. Entsprechendes gilt für Zahnärzte, Psychotherapeuten und andere „Behandler“, die Patientenakten führen. Von diesem europarechtlichen Grundsatz abweichende nationalen Regelungen, wie hier die des deutschen BGB, verstoßen damit gegen europäisches Recht und können nicht mehr zur Anwendung kommen. 

Patienten brauchen Antrag nicht begründen

Darüber hinaus stellt der Europäische Gerichtshof (EuGH) fest, dass Patientinnen und Patienten nicht verpflichtet sind, ihren Antrag zu begründen. Im Übrigen stellt der EuGH klar, dass grundsätzlich ein Anspruch auf vollständige Kopien bestehe. Beide Grundsätze galten und gelten allerdings auch bisher schon nach den Regelungen des BGB.

Die Kopierkostenfrage ist (für die Erstkopie) geklärt

Mit der Entscheidung des EuGHs ist abschließend geklärt, dass der Patient ein Recht auf eine unentgeltliche Erstkopie seiner Patientenakte hat. Die anderslautende Regelung in § 630g BGB kann keine Anwendung mehr finden. Aus ärztlicher Sicht lohnt sich die rechtliche Auseinandersetzung um die ersten Kopierkosten für Behandlungsunterlagen damit also grundsätzlich nicht mehr.

Autor: Wolf Constantin Bartha

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