18.03.2025 -
Der BFH hatte zu entscheiden, ob Tantiemezahlungen an Minderheitsaktionäre als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) einzustufen sind.
Kann die steuerlich nachteiligen Einstufung als verdeckte Gewinnausschüttung vermieden werden? (credits: adobestock)

1. Sachverhalt des BFH-Urteils: Vergütungsvereinbarung mit Minderheitsaktionär

Im Streitfall (Urteil vom 24. Oktober 2024, I R 36/22) ging es um die steuerliche Behandlung von umsatz- und gewinnabhängigen Vergütungen (Tantiemen), die eine Aktiengesellschaft (AG) ihrem alleinvertretungsberechtigten Vorstand gewährte, der zugleich Minderheitsaktionär der Gesellschaft war. Der Vorstand hielt ein Drittel der Aktien. Die Tantiemen setzten sich aus einer gewinnabhängigen Komponente und einer umsatzabhängigen Provision (1 % auf Immobilienverkäufe) zusammen. Das Finanzamt stufte diese Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttungen ein, was zu einer erhöhten Körperschaftsteuerlast führte. Diese Auffassung bestätigte zunächst das Finanzgericht Nürnberg.

Hinweis: verdeckte Gewinnausschüttung

Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vor, wenn eine Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter einen Vorteil gewährt, den ein sorgfältig und gewissenhaft handelnder Geschäftsleiter einem außenstehenden Dritten nicht eingeräumt hätte. Die vGA vermindert das steuerpflichtige Einkommen der Gesellschaft nicht, führt also zu einem erhöhten steuerpflichtigen Einkommen der Körperschaft, und erhöht das steuerpflichtige Einkommen des begünstigten Gesellschafters.

2. Geltung der vGA-Maßstäbe für Aktiengesellschaften

Der BFH stellte klar, dass die für eine verdeckte Gewinnausschüttung entwickelten Grundsätze grundsätzlich auch im Verhältnis einer AG zu ihren Aktionären gelten, insbesondere bei Vorstandsvergütungen, die Aktionären gewährt werden. Allerdings betonte der BFH, dass die bei GmbHs entwickelten Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung nicht uneingeschränkt auf die AG übertragbar seien. Dies liege insbesondere an den strukturellen Unterschieden, da bei einer AG der Aufsichtsrat gesetzlich verpflichtet sei, bei der Vergütungsfestlegung die Interessen der Gesellschaft zu wahren.

3. Besonderheiten bei Minderheitsaktionären

Der BFH betonte ausdrücklich, dass die bisher hauptsächlich für Mehrheitsaktionäre entwickelten Grundsätze auch bei Minderheitsaktionären anzuwenden sind. Die Besonderheit hierbei besteht darin, dass Minderheitsaktionäre typischerweise nicht die Möglichkeit besitzen, den Aufsichtsrat zu dominieren. Eine verdeckte Gewinnausschüttung komme daher nur in Betracht, wenn der Aufsichtsrat bei der Vergütungsvereinbarung eindeutig einseitig die Interessen des Minderheitsaktionärs verfolgt habe.

4. Begründung des BFH-Urteils

Der BFH kritisierte die Vorentscheidung des Finanzgerichts als unvollständig, weil das Gericht nicht alle relevanten Gesichtspunkte für einen Fremdvergleich berücksichtigt hatte. Insbesondere hatte das Finanzgericht versäumt, die tatsächliche Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit des Aufsichtsrats angemessen zu würdigen. Laut BFH sei die Gefahr einer einseitigen Orientierung an den Interessen des Vorstands bei einem unabhängigen Aufsichtsrat erheblich reduziert.

Darüber hinaus wies der BFH darauf hin, dass auch umsatzabhängige Tantiemen nicht grundsätzlich steuerlich zu beanstanden sind, sofern ihre Angemessenheit im Einzelfall von einem unabhängigen Aufsichtsrat geprüft wurde. In diesem Fall waren die Aufsichtsratsmitglieder nicht durch den Minderheitsaktionär beeinflusst und verfolgten demnach eigenständige wirtschaftliche Interessen.

5. Fazit für die Praxis

Zugleich zeigt es deutlich, wie wichtig es für Aktiengesellschaften ist, auf transparente und unabhängige Entscheidungsprozesse im Aufsichtsrat zu achten, um das Risiko einer steuerlich nachteiligen Einstufung als verdeckte Gewinnausschüttung zu minimieren.

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Autor: StB & RA Andreas Jahn

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