In einem Aufhebungsvertrag verpflichtet sich der Arbeitnehmer zur Aufgabe des Arbeitsplatzes und der Arbeitgeber schuldet die Zahlung der vereinbarten Abfindung. Oftmals wird in Aufhebungsverträgen vereinbart, dass der Abfindungsanspruch bereits mit Abschluss des Aufhebungsvertrages entstanden und vererblich ist. Damit soll abgesichert werden, dass für den Fall des vorzeitigen Todes des Arbeitnehmers nach Abschluss des Aufhebungsvertrages dennoch die Abfindung an die Erben gezahlt werden muss. Eine besondere Abwandlung dieses Grundfalles hatte nun das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zu entscheiden. In dem Fall hatte der Arbeitnehmer den Vertrag unterschrieben, ist verstorben und erst im Anschluss hatte dann der Arbeitgeber gegengezeichnet (LAG Baden-Württemberg v. 15.12.2021, 2 Sa 11/21). Wir möchten die wichtige Entscheidung für die Praxis vorstellen.
Der Fall:
Der bei dem beklagten Unternehmen beschäftigte Ehemann der Klägerin war dort als Projektleiter bereits seit 2002 beschäftigt. Ende 2019 verhandelte er mit seinem Arbeitgeber über einen Aufhebungsvertrag. Anlass war eine schwere Erkrankung und ausdrücklich der Wille, das Arbeitsverhältnis noch vor dem Tod aufzuheben und auch eine etwaige Abfindung vererblich auszugestalten.
Den ausgehandelten Aufhebungsvertrag versandte dann der Anwalt des Arbeitnehmers unterschrieben am 16. Januar 2020 an den Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer verstarb wenige Tage später am 25. Januar 2020. Der Geschäftsführer des Arbeitgebers unterschrieb den Aufhebungsvertrag spätestens am 27. Januar 2020 und das Original ging dem Anwalt des nunmehr verstorbenen Arbeitnehmers am 31. Januar 2020 zu.
Der Aufhebungsvertrag enthält u.a. für die vorliegende Darstellung folgende maßgebende Bestimmung:
„1. Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren hiermit, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis krankheitsbedingt und auf Veranlassung des Arbeitgebers mit Ablauf des 30.06.2020 enden wird.
2. Der Arbeitgeber bezahlt an den Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes eine einmalige Abfindung im Sinne der §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 34.500,00 € brutto, zur Zahlung fällig am 30.06.2020. Der Anspruch auf die Abfindung ist bereits mit Abschluss der vorliegenden Vereinbarung entstanden und damit vererblich.
3. …“
Die Ehefrau des Arbeitnehmers als Erbin forderte die vereinbarte Abfindung. Der Arbeitgeber verweigerte die Auszahlung und trat von dem Aufhebungsvertrag zurück.
Mit ihrer Zahlungsklage forderte die Ehefrau des Arbeitnehmers daher die Abfindung in Höhe von 34.500,00 € brutto ein.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben
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Die Entscheidung:
Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht einen Zahlungsanspruch hingegen abgelehnt.
I. Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages trotz Todes?
Der vorliegende Fall weicht von üblichen anderen Konstellationen ab. In der Rechtsprechung bislang mehrfach entschieden ist der Fall, dass beide Vertragsparteien den Aufhebungsvertrag unterzeichnen und der Arbeitnehmer dann erst im Anschluss verstirbt. Hier verstarb der Arbeitnehmer aber zwischen seiner Unterschrift und der Annahme des Aufhebungsvertrages durch den Arbeitgeber.
Auch in diesem Fall ist der Aufhebungsvertrag aber wirksam! Dazu sieht das BGB zwei Sonderregelungen vor, nämlich einmal in § 130 Abs. 2 BGB und dann weiter in § 153 BGB. So sieht die erste Vorschrift vor, dass auf die Wirksamkeit einer Willenserklärung der Tod nach der Abgabe dieser Erklärung keine Auswirkungen hat. Und weiter bestimmt § 153 BGB, dass ein Vertrag auch dann zu Stande kommt, wenn der Antragende (hier der Arbeitnehmer) vor der Annahme des Angebotes stirbt.
Das BGB geht also davon aus, dass Verträge auch dann noch wirksam zu Stande kommen, wenn die eine Partei unterzeichnet und ihr Angebot auf den Weg bringt und dann noch vor der Annahme verstirbt. Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn ein anderer Wille anzunehmen ist. Ein solcher anderer Wille war hier gerade nicht anzunehmen, denn dem Arbeitnehmer war vor allem daran gelegen, möglichst schnell einen Vertrag abzuschließen, um die Abfindung vererblich auszugestalten.
II. Zahlungsanspruch der Erbin?
Das Landesarbeitsgericht hat dennoch einen Zahlungsanspruch der Erbin, der Ehefrau des verstorbenen Arbeitnehmers, abgelehnt. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts liegt darin, dass der Arbeitnehmer in einem Aufhebungsvertrag die vorzeitige Aufgabe des Arbeitsplatzes schuldet. Der Aufhebungsvertrag war hier aber erst am 31. Januar 2022 mit der Annahme durch die Geschäftsführung und dem Zugang dieser Annahme beim Anwalt des verstorbenen Arbeitnehmers zu Stande gekommen. Zu diesem Zeitpunkt war aber die Aufgabe des Arbeitsplatzes für den Arbeitnehmer unmöglich (vgl. § 275 Abs. 1 BGB), weil er bereits zuvor am 25. Januar 2020 verstorben war. Damit konnte der verstorbene Arbeitnehmer seine Verpflichtung aus dem Aufhebungsvertrag zu diesem Zeitpunkt nicht mehr erfüllen. Dies wiederum führte nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts dazu, dass auch der Abfindungsanspruch nicht mehr erbracht werden musste als Gegenleistung.
Hinweis für die Praxis:
Der Fall mutet etwas kurios an. Einerseits ist der Aufhebungsvertrag wirksam, andererseits ist der Abfindungsanspruch nicht entstanden. Die Begründung ist nachvollziehbar. Allerdings hätte man gerade wegen des geäußerten Willens, die Abfindung vererblich auszugestalten, auch anders entscheiden können. Das Landesarbeitsgericht hat daher die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen (anhängig dort unter Az. 6 AZR 17/22).
Auszeichnungen
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