18.02.2025 -
Der BFH hat mit seinem Urteil vom 19. November 2024 (VIII R 10/22) Fragen zur steuerlichen Behandlung stiller Gesellschaften beantwortet.
Die Abgrenzung zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft ist entscheidend für die steuerliche Einordnung der Einkünfte (credits: adobestock).

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil vom 19. November 2024 (VIII R 10/22) zu der steuerlichen Behandlung stiller Gesellschaften und der Einstufung als Mitunternehmerschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG Stellung genommen. Konkret ging es um die Abgrenzung zwischen

  • einer typischen stillen Gesellschaft mit Einkünften aus Kapitalvermögen und
  • einer atypischen stillen Gesellschaft, die zu gewerblichen Einkünften führt.

Das Urteil hat Relevanz für Steuerpflichtige mit stillen Beteiligungen an Unternehmen und bietet wichtige Hinweise zur vertraglichen Ausgestaltung stiller Beteiligungen.

Kernaspekte der Entscheidung: Mitunternehmerschaft bei stillen Beteiligungen

Der BFH stellte heraus, dass stille Gesellschafter nur dann als Mitunternehmer zu qualifizieren sind, wenn sie sowohl Mitunternehmerinitiative entfalten können als auch ein Mitunternehmerrisiko tragen.:

  1. Mitunternehmerinitiative
    • Eine Mitunternehmerstellung setzt voraus, dass der stille Gesellschafter in unternehmerische Entscheidungen eingebunden ist.
    • Dies kann durch Gesellschafterrechte wie Stimm-, Kontroll- oder Widerspruchsrechte geschehen, die mindestens denen eines Kommanditisten nach HGB angenähert sind oder die den gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten nach § 716 Abs. 1 BGB entsprechen.
    • Besondere Bedeutung kommt der Einflussmöglichkeit auf die Unternehmensführung zu, bspw. bei einer stillen Beteiligung an einer GmbH & Co. KG auch der Stellung des stillen Gesellschafters als Geschäftsführer der GmbH & Co. KG.
  2. Mitunternehmerrisiko
    • Dieses besteht in der Regel durch eine Beteiligung am laufenden Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven. Entscheidend ist, ob das Gesellschaftsverhältnis im Innenverhältnis auf gemeinsame Rechnung und Gefahr des Geschäftsinhabers sowie des stillen Gesellschafters geführt wird.
    • Der stille Gesellschafter muss nicht nur am laufenden Unternehmenserfolg beteiligt sein, sondern auch einen Anspruch auf den Zuwachs der stillen Reserven des Betriebsvermögens einschließlich des Firmenwerts haben, sofern dies vertraglich gewährleistet ist.Die Deckelung der Gewinnbeteiligung und der Ausschluss der Beteiligung des Klägers an den stillen Reserven spricht für ein unterausgeprägtes Mitunternehmerrisiko.
    • Fehlt eine Beteiligung an stillen Reserven, kann eine besonders starke Mitunternehmerinitiative dies ausgleichen. Eine solche liegt vor, wenn der stille Gesellschafter Aufgaben der Geschäftsführung mit eigenem Entscheidungsspielraum übernimmt und auf grundlegende Unternehmensfragen selbstständig Einfluss nehmen kann. Bloße Zustimmungsvorbehalte oder rechtlich nicht abgesicherte Einflussmöglichkeiten reichen hingegen nicht aus.

Fazit

Das BFH-Urteil VIII R 10/22 liefert wichtige Klarstellungen zur steuerlichen Behandlung stiller Gesellschaften. Die Abgrenzung zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft ist entscheidend für die steuerliche Einordnung der Einkünfte. Unternehmen und stille Gesellschafter sollten sich der Kriterien bewusst sein, um steuerliche Risiken zu vermeiden und Gestaltungsspielräume optimal zu nutzen.

  • Steuerpflichtige mit stillen Beteiligungen sollten ihre Gesellschaftsverträge prüfen, ob sie die Merkmale einer atypisch stillen Gesellschaft erfüllen.
  • Unternehmen sollten sicherstellen, dass steuerliche Feststellungen korrekt erfolgen, da eine fehlerhafte Einstufung zu nachträglichen Steuerforderungen führen kann.

Autor: RA & StB Andreas Jahn

Autor

Bild von  Andreas Jahn
Partner
Andreas Jahn
  • Rechtsanwalt und Steuerberater
  • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen