Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung zu der seit Jahresbeginn gekürzten Pendlerpauschale Stellung genommen und ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Neuregelung geäußert. Seit dem 1.1.2007 sind danach Aufwendungen eines Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte grundsätzlich nicht mehr als Werbungskosten einzustufen. Ab dem 21. Entfernungskilometer werden sie lediglich wie Werbungskosten im steuerrechtlichen Sinn behandelt.
Die Verfassungsmäßigkeit dieser Neuregelung ist umstritten. In dem der Entscheidung des BFH zugrundeliegenden Fall hat das Niedersächsische Finanzgericht die Eintragung eines Lohnsteuer-Freibetrags angeordnet, der die anfallenden Fahrtkosten ab dem ersten Kilometer erfasst. Die vom Finanzamt dagegen eingelegte Beschwerde hat der BFH nun zurückgewiesen. Damit folgt er nicht der Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen, wonach das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung höher zu bewerten sei als das individuelle Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Denn nach seiner Auffassung ist es offensichtlich, dass die Kosten für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte jedenfalls nach bisherigem Verständnis beruflich veranlasst und zur Erwerbssicherung unvermeidlich sind. Hierbei gilt das Motto: Wer sich nicht zu seiner Arbeitsstätte begibt, verdient auch nichts.
Auch wenn diese Entscheidung aufgrund einer „summarischen“ Prüfung im Aussetzungsverfahren erfolgte und dies nicht gleichbedeutend mit einer Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren vor dem BFH oder den beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängigen Verfahren ist, dürfte sie dennoch Signalwirkung haben. Die Entscheidung hat folgende Auswirkungen:
- Selbstständigen wird es bei Einsprüchen gegen den abweichenden Ansatz im Vorauszahlungsbescheid
und
- Arbeitnehmern bei Einsprüchen gegen die abweichende Feststellung der Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte künftig leichter fallen, im Wege der Aussetzung der Vollziehung den beantragten Freibetrag vorläufig in voller Höhe, d.h., ab dem 1. Kilometer, gewährt zu bekommen.
Hinweis: Allerdings muss jedem Steuerpflichtigen Folgendes klar sein: Sollte das BVerfG die Verfassungswidrigkeit der Neuregelung nicht feststellen, muss in den Fällen, in denen der Freibetrag ab dem 1. Kilometer vorläufig eingetragen wurde, mit einer Steuernachzahlung gerechnet werden. Einkommensteuerbescheide ab 2007 werden wegen der Frage der Abschaffung der Entfernungspauschale zudem laut einer Mitteilung des Bundesministeriums der Finanzen wohl von Amts wegen für vorläufig erklärt. Damit bleibt der Steuerfall „automatisch“ bis zu einer Entscheidung des BVerfG insoweit „offen“ (BMF-Aktuell vom 12.9.2007; BFH-Beschluss vom 23.8.2007, Az. VI B 42/07; Revisionen beim BFH unter Az. VI R 17/07 und VI R 27/07 und Verfahren beim BVerfG unter Az. 2 BvL 1/07 und 2 BvL 2/07).
Quelle: IWW Institut für Wirtschaftspublizistik Verlag Steuern – Recht – Wirtschaft GmbH & Co. KG, Nordkirchen
Mitgeteilt von Rechtsanwalt & Steuerberater Andreas Jahn, MEYER-KÖRING v. DANWITZ PRIVAT – Bonn
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2022/2023)
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