Der Fall:
Viele Kommunen erzielen neben den Einnahmen aus Holzverkäufen aus kommunalen Forsten Einnahmen aus der Verpachtung von Eigenjagdbezirken. Auf der Grundlage eines Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. Februar 1999 (Aktenzeichen V R 27/97) behandeln die Finanzämter die Einnahmen aus der Eigenjagdverpachtung nicht mehr als land- und forstwirtschaftliche Umsätze im Sinne des § 24 UStG, so auch das Finanzamt in dem vom BFH am 22. September 2005 entschiedenen Fall (Aktenzeichen V R 28/03). Es unterwarf bei einer Außenprüfung die Einnahmen aus der Eigenjagdverpachtung dem Regelsteuersatz und lehnte eine Behandlung der Einnahmen als forstwirtschaftliche Umsätze ab. Das erstinstanzliche Finanzgericht gab der klagenden Gemeinde mit der Begründung statt, Jagdpachteinnahmen seien weder land- und forstwirtschaftliche Umsätze noch Umsätze eines Betriebs gewerblicher art , sondern Umsätze aus einer reinen Vermögensverwaltung.
Dem trat jetzt der BFH entgegen, nachdem er zuvor die Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung der kommunalen Jagdpachtumsätze dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt hatte.
Die Entscheidung des BFH:
Der BFH vertrat zunächst wie bereits das erstinstanzliche Finanzgericht die Auffassung, dass die Einnahmen aus der Jagdverpachtung dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin im Sinne des § 2 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz zuzuordnen seien. Gleichwohl beständen Zweifel, diese Umsätze zugleich auch der Durchschnittsbesteuerung für land- und forstwirtschaftliche Umsätze gemäß § 24 Umsatzsteuergesetz zuzuordnen. Die Frage legte der BFH deshalb dem EuGH vor, der die Fragen mit Urteil vom 26. Mai 2005 (Rs. C-43/04, Stadt Sundern) wie folgt beantwortete:
„1. Artikel 25 der 6. Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – gemeinsames Mehrwertsteuersystem: Einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass die gemeinsame Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger nur für die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und die Erbringung landwirtschaftlicher Dienstleistungen, wie sie in Abs. 2 dieses Artikels definiert sind, gilt und dass die sonstigen Umsätze der Pauschallandwirte der allgemeinen Regelung dieser Richtlinie unterliegen.
2. Artikel 25 Abs. 2 5. Gedankenstrich der Richtlinie 77/388 in Verbindung mit Anhang B der Richtlinie ist dahin auszulegen, dass die Verpachtung von Jagdbezirken durch einen Pauschallandwirt keine landwirtschaftliche Dienstleistung im Sinne dieser Richtlinie darstellt.“
Vor dem Hintergrund dieser EuGH-Entscheidung blieb dem BFH keine andere Wahl mehr, als der Revision des Finanzamts stattzugeben.
Denn gehört der Grund und Boden, der einen Eigenjagdbezirk bildet, zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, erfolgt auch die Verpachtung der Eigenjagd im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Da das Jagdrecht mit dem Grund und Boden untrennbar verbunden ist, kann es nicht selbstständig aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb entnommen werden; deshalb kann auch die Verpachtung des Jagdausübungsrechts nicht außerhalb des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs erfolgen. Gleichwohl darf die Verpachtung eines Eigenjagdbezirks durch einen Land- und Forstwirt nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterworfen werden. Denn im Rahmen richtlinienkonformer Auslegung sei § 24 UStG dahin zu verstehen, dass damit nur die Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftliche Dienstleistung gemeint sind, auf die die Pauschalregelung des Artikels 25 der Richtlinie 77/388/EWG Anwendung findet. Die in § 24 UStG geregelten Pauschalausgleichsprozentsätze finden lediglich auf den Preis der dort näher bezeichneten landwirtschaftlichen Erzeugnisse und landwirtschaftlichen Dienstleistungen Anwendung. Andere Umsätze, die der Pauschallandwirt im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebs tätigt, unterliegen dem Regelsteuersatz.
Die Verpachtung von Eigenjagdbezirken ist keine derartige landwirtschaftliche Dienstleistung. Sie unterliegt deshalb der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften.
Hinweis:
Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung werden voraussichtlich eine Vielzahl von Jagdpachtverträgen neu gefasst, wenn die als Verpächter von Eigenjagdbezirken auftretenden Kommunen keine umsatzsteuerlichen Nachteile erleiden wollen. Für eine ebenso unübersehbare Vielzahl von Jagdpächtern kommunaler Eigenjagdbezirke sind deshalb wohl Pachtzinserhöhungen zu erwarten. Es bleibt abzuwarten, ob es den Kommunen gelingen wird, die umsatzsteuerlichen Mehrbelastungen an die Jagdpächter weiterzugeben. Denn die Zahl der Jagdscheininhaber und damit die Zahl der potenziellen Pächter sinkt, und auf den Bruttopachtzins wird zusätzlich noch kommunale Jagdsteuer erhoben. Verhandlungsbedarf ist deshalb vorprogrammiert.
Verfasser: RA & StB Andreas Jahn
Auszeichnungen
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2022/2023)
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2021)
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