29.03.2020

Ein weiteres Element des steuerlichen Hilfspakets liegt in der Möglichkeit für Unternehmen, Selbständige und Freiberufler die Höhe ihrer Vorauszahlungen anpassen zu lassen; und zwar bezogen auf

  • die Einkommensteuervorauszahlung
  • Körperschaftsteuervorauszahlung 
  • den Messbetrag für Zwecke der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen.

Das BMF erkennt insoweit, dass ein Anknüpfen der Vorauszahlungen an die Vorjahreseinkünfte in Anbetracht des einschneidenden Ereignisses der Corona-Krise nicht repräsentativ sein kann.

Auch hierfür ist bei dem zuständigen Finanzamt ein Antrag zu stellen. Erklärtes Ziel der Finanzverwaltung soll es sein, eine möglichst unkomplizierte Herabsetzung zu ermöglichen, sobald für den jeweiligen Unternehmer klar ist, dass die Einkünfte der Steuerpflichtigen im laufenden Jahr (2020) voraussichtlich geringer sein werden als vor der Corona-Pandemie erwartet. Auch dies soll die Liquiditätssituation vorläufig verbessern. Der Unternehmer muss sich aber auch hier darüber im Klaren sein, dass eine Abweichung von herabgesetzten Vorauszahlungen am Ende zu höheren Nachzahlungen führt.

a) Das Antragsformular der Landesfinanzbehörden zur Einkommens- und Körperschaftsteuer, Bsp.:

bezieht sich darauf, dass die Herabsetzung „infolge der Auswirkungen des Coronavirus“ beantragt wird. Hiermit wird also ebenfalls eine Ursächlichkeit der Corona-Krise zum Ausdruck gebracht. Das BMF-Schreiben vom 19.03.2020 (Tz. 1) sieht sowohl die Stundung als auch die besondere Herabsetzung von Steuervorauszahlungen schließlich für „nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich betroffene Steuerpflichtige“ vor.

Die von dem Antragsteller abzugebende Richtigkeits- und Vollständigkeitserklärung (Versicherung unter dem in dem Formular enthaltenen Hinweis auf die strafrechtlichen Folgen), muss sich damit im Grunde auch bzgl. der Herabsetzung der Vorauszahlungen auf den Corona-spezifischen Ursachenzusammenhang beziehen.

Es ist auch insoweit grds. anzunehmen, dass den Antragssteller im Zweifel Unwägbarkeiten nicht treffen (sollten), wenn er nach einer sorgfältigen Sachverhaltsermittlung von den zu versichernden Parametern ausgehen konnte. Auch insoweit kommt ihm die in dem BMF-Schreiben vom 19.03.2020 (Tz.1) angesprochene Nachweiserleichterung entgegen, wonach die Anträge nicht deshalb abzulehnen seien, weil die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können.

Gleichwohl sollte der Unternehmer auch hier eine Nachweisvorsorge auf Grundlage der objektiven Umstände betreiben, dass er von der Corona-Krise konkret betroffen ist und sich aufgrund ihren Auswirkungen im Vergleich zu repräsentativen „ungetrübten Zeiträumen“ eine außerordentliche Reduzierung der Einnahmen ergibt.

Es empfiehlt sich auch insoweit und zugleich aus Compliance-Erwägungen heraus bei Zweifeln eine steuerrechtliche Begleitung der Maßnahmen. Auch hier kann es sich zudem bei Zweifeln empfehlen, dem Finanzamt in einer begleitenden Stellungnahme die Parameter darzulegen, auf welche der Unternehmer seinen Herabsetzungsantrag stützen will, um das Finanzamt in die Verantwortung für die Beurteilung miteinzubeziehen.

b) Auch bzgl. der Möglichkeit einer Corona-spezifischen Herabsetzung der Vorauszahlungen gilt eine doppelte zeitliche Begrenzung (BMF-Schreiben vom 19.03.2020, Tz.1):

1) Die Antragstellung muss bis zum 31.12.2012 erfolgen
und
2) sich auf bis zum 31.12.2020 fällig werdende Steuern beziehen, nicht also auf erst im nächsten Jahr fällige Vorauszahlungen

Bzgl. Steuervorauszahlungen, die sich auf den Zeitraum nach dem 31.12.2020 beziehen, ist eine besondere Begründung erforderlich; die Antragmöglichkeiten verschärfen sich ab dem 01.01.2021 also sachlich wie verfahrenstechnisch wieder (BMF-Schreiben vom 19.03.2020, Tz.2).

c) Hinsichtlich der Gewerbesteuervorauszahlung haben gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 19. März 2020 zu gewerbesteuerlichen Maßnahmen zur Berücksichtigung der Auswirkungen des Coronavirus (COVID-19/SARS-CoV-2) bestimmt, dass „nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich betroffene Steuerpflichtige bis zum 31. Dezember 2020 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Herabsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für Zwecke der Vorauszahlungen stellen“ können.

Hier ist also bestimmt, dass die Verhältnisse darzulegen sind. Dies erfordert eine nähere begründeten Antragstellung. Dabei zeigen sich die zur Einkommensteuerstundung aufgezeigten Unwägbarkeiten der verwendeten Begrifflichkeiten ebenfalls.
Auch dabei gilt hinsichtlich der darzulegenden eingetretenen oder zu erwartenden Gewinnrückgänge aber eine Nachweiserleichterung:

„Diese Anträge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können.“

Spezifische Herabsetzungskriterien werden nicht genannt, allerdings dürfte das für den Gewerbesteuermessbetrag zuständige Finanzamt der einkommen- oder körperschaftsteuerlichen Herabsetzung der Vorauszahlung idR folgen: „Das gilt insbesondere für die Fälle, in denen das Finanzamt Einkommensteuer- und Körperschaftsteuervorauszahlungen anpasst (R 19.2 Abs. 1 Satz 5 GewStR).“

Der Antrag ist bei dem Finanzamt – nicht der Gemeinde – zu stellen, da der Gewerbesteuermessbescheid ein Grundlagenbescheid für den von der Gemeinde zu erlassenden Gewerbesteuerbescheid ist. Ergeht eine solche Herabsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für Zwecke der Vorauszahlungen, ist die betreffende Gemeinde hieran gebunden (§ 19 Abs. 3 Satz 4 GewStG).

Die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder erwähnen in gewerbesteuerlicher Hinsicht auch „etwaige Stundungs- und Erlassanträge … im Hinblick auf einen möglichen Zusammenhang mit Auswirkungen des Coronavirus“, die an die Gemeinden zu stellen sind und nur dann an das zuständige Finanzamt zu richten sind, wenn die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer ausnahmsweise nicht den Gemeinden übertragen worden ist (§ 1 GewStG und R 1.6 Abs. 1 GewStR).

Das beinhaltet, soweit ersichtlich, keine inhaltliche Erleichterungsregelung, sondern spricht primär den Hinweis auf die Zuständigkeit an. Dass bei Stundungen (§ 222 AO) und Erlass (§ 227 AO) nicht das für den Gewerbesteuermessbetrag zuständige Finanzamt der Antragsadressat ist, ergibt sich daraus, dass hierbei die Ebene der Billigkeit und Erhebung berührt ist, der in der Regel in der Zuständigkeit der Gemeinden steht. Eine Ausnahme bildet allerdings der ggfs. schon auf Ebene der Festsetzung mögliche Billigkeitserlass nach § 163 AO. Auch dieser betrifft allerdings in der Regel die die Gewerbesteuer festsetzende Gemeinde.

Nach § 184 Abs. 2 AO schließt zwar die Befugnis der Finanzämter zum Erlass von Gewerbesteuermessbescheiden auch die Möglichkeit von Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 Satz 1 AO mit ein; dies gilt allerdings nur, wenn für solche Maßnahmen in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, des BMF oder einer obersten Landesfinanzbehörde Richtlinien aufgestellt sind. Dazu reicht der gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 19.03.2020 nicht aus, der diesbezüglich ja gerade auf den Regelfall der Gemeindezuständigkeit verweist.

d) Herabsetzung und Erstattung von Sondervorauszahlungen der Umsatzsteuer:

Unternehmen, die – wie nahezu üblich – eine Dauerfristverlängerung für die Abgabe der Voranmeldungen beantragt haben, müssen grds eine Sondervorauszahlung leisten (1/11 der Umsatzsteuervorauszahlungen des vorangegangen Kalenderjahres, §§ 47, 48 UStDV). Die Finanzämter einiger Bundesländer setzen aber auf Antrag für krisenbetroffene Unternehmen die Sondervorauszahlungen für Dauerfristverlängerungen bei der Umsatzsteuer bis auf null fest und erstatten diese.

Auch hier sollte der Unternehmer vorab die Krisenbetroffenheit prüfen und nachweisen können. Denn diese ist als Tatbestandsvoraussetzung zu betrachten.

Das Finanzministerium des Lands NRW empfiehlt den betroffenen Unternehmern zur Sicherstellung einer schnellen Bearbeitung des Antrags die Verwendung des Vordrucks „Antrag auf Dauerfristverlängerung – Anmeldung der Sondervorauszahlung“ (USt 1 H), der mit ELSTER erstellt und dem Finanzamt übermittelt werden kann. Bei entsprechender Eintragung als „berichtigte Anmeldung“ (Zeile 22 mit „1“) und Angabe der verbleibenden USt-Vorauszahlungen zzgl. der Sondervorauszahlungen für 2019 mit „Null“ (Eintragung in Zeile 24 mit „0“) kann hierbei zugleich eine Erstattung der Sondervorauszahlung veranlasst werden.
Entsprechende verfahrensmäßige Erleichterungen seines jeweiligen Bundeslands sollte der Unternehmer im Blick haben und prüfen.

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2022/2023)

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2017-2021)

Autor

Bild von  Mario Knepper
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Mario Knepper
  • Rechtsanwalt
  • Fachanwalt für Steuerrecht
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