Um das Coronavirus einzudämmen, werden derzeit zahlreiche Maßnahmen ergriffen, die sich unmittelbar auf Arbeitgeber auswirken. Viele Unternehmen sind etwa bereits von behördlich angeordneten Betriebsschließungen betroffen oder müssen diese jedenfalls in absehbarer Zeit befürchten.
Kommt es zu einer Betriebsschließung, kann dies schnell existenzbedrohende Folgen haben. Denn nach der sog. Betriebsrisikolehre trägt der Arbeitgeber grundsätzlich das Risiko für Fallgestaltungen, in denen ihn äußere Umstände an der Fortführung seiner Geschäftstätigkeit hindern. Neben Auswirkungen z.B. von Naturkatastrophen betrifft dies auch die aktuellen Fälle behördlicher Maßnahmen, mit denen die Verbreitung des Coronavirus eingeschränkt werden soll. Diese arbeitsrechtliche Risikoverteilung hat zur Folge, dass der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern weiterhin uneingeschränkt Entgelt schuldet, wenn und obwohl er sie wegen der behördlichen Betriebsschließung nicht im Betrieb beschäftigen darf. Eine finanzielle Abwälzung dieses Risikos auf die Arbeitnehmer ist nicht möglich.
Allerdings kann der Arbeitgeber unter Umständen einen Entschädigungsanspruch gegen die öffentliche Hand geltend machen. Denn wenn eine Behörde eine Betriebsschließung anordnet, so greift sie damit in das Eigentumsrecht und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein. Für diese Art Eingriffe benötigt die Behörde stets eine Rechtsgrundlage, die aktuell insbesondere in § 28 Abs. 1 Satz und 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) gesehen wird. Ob diese Norm überhaupt derartige Eingriffe rechtfertigt, ist allerdings schon unklar. Zudem stellt sich stets die Frage, ob auch die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der konkreten Betriebsschließung vorliegen. Diese Frage ist für Unternehmen von besonderer Bedeutung, da hiervon abhängig ist, ob Entschädigung verlangt werden kann. Ist die Betriebsschließung z.B. von § 28 Infektionsschutzgesetz gedeckt, dürfte ein Entschädigungsanspruch aus § 56 IfSG folgen. War die Betriebsschließung dagegen nicht rechtmäßig, ist nach bisheriger Rechtsprechung Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch, dass das betroffene Unternehmen einen Versuch unternommen hat, sich gegen die Maßnahme zu wehren.
Da die Rechtslage aktuell unklar ist, sollten betroffene Unternehmen auf Schließungsanordnungen in Form schriftlicher Verwaltungsakte bestehen und in jedem Fall kritisch prüfen, ob Rechtsmittel (Widerspruch oder Anfechtungsklage) eingelegt werden sollten. Damit wird zwar die Betriebsschließung in aller Regel zunächst nicht verhindert werden können. Allerdings wird dadurch die spätere Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung ermöglicht, die wiederum Grundlage für Entschädigungsansprüche sein kann.
Zur weiteren Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen im Fall einer Betriebsschließung sollte geprüft werden, ob Mitarbeiter zur Tätigkeit im Home-Office bereit sind. Nach aktueller Rechtsprechung kann dies durch den Arbeitgeber allerdings nicht einseitig angewiesen werden, sondern bedarf einer entsprechenden einvernehmlichen Abrede.
Kommt es zu einer Betriebsschließung, kann dies schnell existenzbedrohende Folgen haben. (Copyright: Heiko119/iStockphoto.com)
Und was gilt für den Fall einer Ausgangssperre?
Mehrere europäische Staaten haben bereits Ausgangssperren verhängt, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Auch in Deutschland wird darauf schon vereinzelt zurückgegriffen.
Überwiegend wird aktuell noch auf freiwilliger Basis dazu geraten, soziale Kontakt möglichst zu vermeiden und die eigenen vier Wände nur zu verlassen, wenn und soweit dies notwendig ist. Eine offizielle Ausgangssperre, die aufgrund der aktuellen Lage wohl auf § 28 Infektionsschutzgesetz (IfSG) gestützt werden könnte, würde diese Einschränkungen für jeden verpflichtend machen. Auch für den Fall eines solchen sog. Lockdowns gibt es aber Ausnahmen von der Pflicht zu Hause zu bleiben, wie auch die Handhabung in unseren Nachbarländern zeigt. Besonders wichtige Anlässe rechtfertigen das Verlassen der Wohnung oder des Hauses. Zu den dringlichen Anliegen gehört neben Arztbesuchen und Einkäufen auch der Weg zur Arbeitsstelle.
Sofern der Betrieb nicht aus anderen Gründen ruht, z.B. wegen einer konkreten behördlichen Anordnung (Einschränkung bzw. Stilllegung) oder der Arbeitnehmer wegen akuter Erkrankung oder individueller Quarantäne verhindert ist zur Arbeit zu kommen, ändert eine Ausgangssperre allein also grundsätzlich nichts an der Arbeitspflicht.
Da die Einhaltung der Ausgangssperre behördlich kontrolliert wird und bei Verstößen Geldbußen drohen, empfiehlt es sich, die eigenen Arbeitnehmer vorsorglich mit einer sog. Arbeitsortbescheinigungen auszustatten. Damit kann der Arbeitsweg nachgewiesen werden:
„Hiermit bescheinigen wir, dass Herr/Frau … (Name des Arbeitnehmers) in unserem Unternehmen … (Firma) beschäftigt ist. Tätigkeitsort ist … (Anschrift des Betriebs).“
Praxishinweis
Wir empfehlen Folgendes: Bei erfolgter oder drohender Betriebsschließung Entschädigungsmöglichkeiten genau im Auge behalten, auf Verwaltungsakte drängen und hiergegen ggf. vorgehen. Für den Fall einer Ausgangssperre die Mitarbeiter bereits jetzt vorsorglich mit Arbeitsortsbescheinigungen ausstatten.
Auszeichnungen
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TOP-Wirtschaftskanzlei für Arbeitsrecht(FOCUS SPEZIAL 2024, 2023, 2022, 2021, 2020)
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TOP-Kanzlei für Arbeitsrecht(WirtschaftsWoche 2023, 2022, 2021, 2020)
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TOP-Anwältin für Arbeitsrecht: Ebba Herfs-Röttgen(WirtschaftsWoche, 2023, 2022, 2021, 2020)
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TOP-Anwalt für Arbeitsrecht: Prof. Dr. Nicolai Besgen(WirtschaftsWoche 2023, 2020)
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