25.02.2018

Bewertungsportale im Internet sollen und dürfen informieren. Es ist legitim, wenn Nutzer über solche Plattformen eigene Erfahrungen kundtun – beispielsweise zu Waren, über Lehrer, Professoren und Ärzte bis hin zu Kfz-Werkstätten oder Restaurants – und diese subjektiv bewerten. Andere Nutzer informieren sich anhand solcher Plattformen gezielt über Angebote. Auch das ist grundsätzlich legitim. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Bewerteten ist zwar tangiert, doch wiegt das Recht auf freie Meinungsäußerung in der Regel schwerer.


Top oder Flop? Weder Ärzte noch andere „Bewertete“ sind der Veröffentlichung von Informationen und Bewertungen auf Portalen schutzlos ausgeliefert.

Arztsuche- und Arztbewertungsportale

Gerade im Bereich der Informationen über ärztliche Dienstleistungen ist von einem ganz erheblichen Interesse der Öffentlichkeit auszugehen (vgl. LG Kiel, Urteil vom 19. 12. 2001 – 14 O 142/01). Auch deshalb hat der Bundesgerichtshof bisher nicht beanstandet, dass Ärzte – auch gegen ihren Willen – in Bewertungsportalen geführt und entsprechend bewertet werden dürfen. Denn die Interessen des bewerteten Arztes am Ausschluss der Speicherung der personenbezogenen Daten überwiegen nicht die Interessen des Portalbetreibers und der Nutzer des Portals (vgl. BGH, Urteil vom 23.9.2014 – VI ZR 358/13).

Bei fehlender Neutralität des Portals überwiegt der Datenschutz

Diese grundsätzliche Abwägung zugunsten der Meinungsfreiheit fällt anders aus, wenn das Bewertungsportal seine Neutralität verliert. Dann besteht ein „schutzwürdiges Interesse“ des Bewerteten am Ausschluss der Speicherung seiner Daten (§ 29 Abs. 1 S. 1 BDSG), also hier seiner vollständigen Daten auf der Internetseite des Portals. In dem jetzt vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (BGH, Urteil vom 20. Februar 2018 – VI ZR 30/17) erschienen auf der Portalseite neben den Informationen und den Bewertungen über die betroffene Ärztin auch die Kontaktdaten konkurrierender Ärzte nebst deren Bewertungen. Zusätzlich wurde die Entfernung der konkurrierenden Arztpraxen zur Praxis der betroffenen Ärztin angezeigt. Für diese Werbung hatten die konkurrierenden Ärzte zuvor bei dem Portalbetreiber eine kostenpflichtige „Premium“-Mitgliedschaft erworben. Damit hat der Portalbetreiber seine Neutralität aus Sicht des Bundesgerichtshofes verloren.


Der Bundesgerichtshof setzt Grenzen: Ohne Neutralität gelten für Bewertungsportale strengere Regeln.

Mal ehrlich: Der „Offline-Vergleich“

Es ist und bleibt erstaunlich, wie viel Vertrauen Internet-Bewertungsportalen mit anonym gesammelten Informationen über Dritte geschenkt wird. Ein Offline-Vergleich macht das deutlich: Vermutlich würde fast niemand einer in der Öffentlichkeit – sagen wir in der Fußgängerzone – stehenden Person vertrauen, die mit einem Werbeschild „Ärztebewertungen“ ausgestattet ist und von Passanten gesammelte Informationen über die in der Stadt ansässigen Ärzte weitergibt. Und natürlich leuchtet auch der Gedanke des aktuellen Urteils des Bundesgerichtshofes ein: Wenn diese Person anlässlich der Nachfrage zu einem Arzt auch noch ungefragt Angaben zu konkurrierenden Ärzten machen würde, die sich in der Nähe befinden und dafür bezahlt haben, wäre es mit der Neutralität und dem „Wert“ der Informationen erst Recht dahin.

Fazit:

Das Urteil betrifft nicht nur Ärzte, sondern grundsätzlich alle Betroffenen auf Bewertungsportalen im Internet. Und mit Geltung der Datenschutz-Grundverordnung zum 25.05.2018 dürfte sich an der Bewertung auch nichts ändern, da Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f Datenschutz-Grundverordnung eine ähnliche Abwägung vornimmt.

Weder Ärzte noch andere „Bewertete“ sind der Veröffentlichung von Informationen und Bewertungen auf Portalen schutzlos ausgeliefert. Das betrifft nicht nur fehlende Neutralität, sondern auch unwahre oder zum Beispiel beleidigende Bewertungen. Sprechen Sie uns an, wenn Sie Unterstützung benötigen.

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