Am 17.07.2003 entschied der BGH über die Zulässigkeit von Deep Links in Internet-Suchdiensten.
Geklagt hatte der Verleger des „Handelsblattes“ gegen den Internet-Suchdienst Paperboy. Paperboy ist eine Suchmaschine für aktuelle Presseartikel. Sie wertet vor allem Zeitungsartikel auf aktuelle Informationen aus und listet auf Anfrage Links zu den entsprechenden Web-Sites auf. Der Suchdienst ist allerdings so konzipiert, dass er nicht erst auf die Startseite des jeweiligen Artikelanbieters verweist, sondern – per Deep Link – direkt auf die („tieferliegende“) Ebene des gewünschten Artikels verweist. Dies hat zur Folge, dass der Nutzer an der Werbung, die sich meist nur auf der Startseite befindet, vorbeigeführt wird.
Die Klägerin selbst bietet einige der von ihr im „Handelsblatt“ und in „DM“ veröffentlichten Artikel auch online an, d.h. sie ermöglicht im Internet uneingeschränkten Zugriff darauf. Auch auf diese wurde von Paperboy mittels Deep Links verwiesen.
Durch die Deep Links von Paperboy auf ihre Artikel sah sich die Klägerin nun in ihren Rechten verletzt. Zum einen werde ihr Urheberrecht beeinträchtigt, weil auch einzelne Sätze und Satzteile aus ihren Artikeln in der Auflistung erschienen. Hierdurch sah sie auch ihre Rechte an den Datenbanken, in denen die Artikel für den Internetzugriff gespeichert seien, verletzt. Zum anderen machte die Klägerin geltend, es liege ein Wettbewerbsverstoß vor, u.a. weil die Nutzer an der Werbung auf der Startseite vorbeigeführt würden.
Das Landgericht gab der Klage zunächst statt. Das Berufungsgericht, in diesem Fall das OLG Köln, wies sie mit Beschluss vom 27.10.2002 zum überwiegenden Teil jedoch ab. Hiergegen legte der Verlag Revision beim BGH ein. Die Revision blieb jedoch erfolglos.
Nach Ansicht des BGH ist die Klägerin in keinem Ihrer Rechte verletzt.
Ihr Urheberrecht wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass Paperboy den Zugriff auf Artikel durch Deep Links ermöglicht. Dies sei eine Handlung, die nicht allein den Urheberberechtigten oder den Herstellern der von ihrem Suchdienst abgefragten Datenbanken vorbehalten sei. Mache der Urheber selbst oder sonst ein Berechtigter Inhalte im Internet ohne technische Schutzmaßnahmen öffentlich zugänglich, so ermögliche er dadurch schon selbst den Zugriff einer breiten Öffentlichkeit auf diese Artikel. Dies sei letztlich seine eigene Entscheidung. Der Nutzer könne diese Artikel auch ohne Suchmaschine bzw. ohne Link einsehen, wenn er die entsprechende URL (Uniform Resource Locator), also die richtige Adresse eingebe. Der Link in der Auflistung der Suchergebnisse stelle lediglich eine Erleichterung dar, er ersetze nur das Eingeben der URL. Insofern sei das Urheberrecht der Klägerin nicht verletzt.
Ob eine Verbindung mittels Deep Link unzulässig sei, wenn der Berechtigte entsprechende Schutzmaßnahmen gegen den unmittelbaren Zugriff auf „tieferliegende“ Webseiten trifft, der Linksetzende diese aber umgeht, ließ der BGH offen, da die Klägerin solche Vorkehrungen offensichtlich nicht getroffen hatte.
Auch liegt kein Wettbewerbsverstoß vor. Durch das Ermöglichen des Zugriffs auf Artikel, die ohnehin schon von der Klägerin veröffentlicht wurden, werde die Leistung der Klägerin nicht unlauter ausgebeutet. Insbesondere werde die Herkunft der Artikel nicht verschleiert. Vielmehr biete der Suchdienst Internetnutzern einen erheblichen Vorteil, da er eine Vielzahl von Informationsquellen erschließe. Auch die Tatsache, dass die Nutzer durch Deep Links an der Werbung auf der Startseite vorbeigeführt würden, sei nicht wettbewerbswidrig. Die Klägerin könne nicht verlangen, dass der Nutzer den umständlichen Weg über die Startseite geht, auch wenn ihr dadurch Verluste bei Werbeinnahmen entstehen.
Schließlich würde sonst der Sinn und Zweck einer Suchmaschine völlig verfehlt. Ohne den Einsatz von Suchmaschinen und Deep Links würde die Funktionstüchtigkeit des Internets dermaßen beeinträchtigt, dass eine sinnvolle Nutzung kaum mehr möglich wäre. Wenn die Klägerin sich des Internets für die Veröffentlichung ihrer Artikel bedient, so müsse sie auch die Beschränkungen in Kauf nehmen, die sich aus dem Allgemeininteresse an der Funktionsfähigkeit des Internets ergäben. Grundsätzlich müsse jedenfalls die Arbeit von Suchdiensten und damit auch die Verwendung von Deep Links hingenommen werden, wenn dadurch ohne Umgehung technischer Schutzmaßnamen nur der Zugriff auf bereits vom Berechtigten veröffentlichte Inhalte erleichtert wird.
(Verfasserin: Stud. iur. Barbara Schnur)
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