Die Einbringung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft in eine andere Personengesellschaft, an welcher vermögensmäßig nur die zuvor an der Mitunterneh-merschaft beteiligten Personen beteiligt sind, steht einer Realteilung unter Buchwertfortführung nicht entgegen.
Der Fall:
Die beiden jeweils hälftig an einer GmbH & Co. KG beteiligten Kläger beabsichtigten, die in der Gesellschaft betriebenen Geschäfte getrennt voneinander fortzuführen, eine Aufdeckung der erheblichen stillen Reserven im Gesellschaftsvermögen sollte verhindert werden.
Jeder der Kläger gründete deshalb eine weitere GmbH & Co. KG, an der ausschließlich er selbst beteiligt war. Sodann brachten die Kläger die jeweils eigene Beteiligung an der gemeinsamen GmbH & Co. KG in die jeweils neugegründete, eigene GmbH & Co. KG gegen die Gewährung von Gesellschafterrechten ein. In einem zweiten Schritt wurden sämtliche Wirtschaftsgüter der ursprünglichen, gemeinsamen GmbH & Co. KG auf die neu gegründeten Gesellschaften im Wege der Realteilung unter Fortführung der Buchwerte aufgeteilt und übertragen. Die Komplementär-GmbH aller Gesellschaften war identisch und an keiner Gesellschaft vermögensmäßig beteiligt.
Das Finanzamt versagte die Buchwertfortführung, da sich der Vorgang bei wirtschaftlicher Betrachtung als Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern aus dem Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft in das Gesamthandsvermögen einer anderen Personengesellschaft darstelle – folglich nicht steuerneutral sei. Die formale Beteiligung der neugegründeten Gesellschaften an der realgeteilten Mitunternehmerschaft sei im Rahmen eines erkennbaren Gesamtplanes unbeachtlich. Nach erfolglosem Einspruch und erfolgloser Klage legten die Kläger Revision ein.
Die Entscheidung:
Der BFH gab der Klage statt.
I. Tatbestand der Realteilung erfüllt
Zum Zeitpunkt der Vermögensaufteilung und -übertragung waren die neu gegründeten Gesellschaften Mitunternehmer der ursprünglich von den Klägern gemeinsam gehaltenen GmbH & Co. KG. Mit der Übernahme der Wirtschaftsgüter durch die neuen Mitunternehmer war auch die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt. Dem Wortlaut nach waren deshalb die Voraussetzungen einer Realteilung erfüllt und § 16 Ab. 3 Satz 2 EStG anwendbar.
II. Rechtsinstitut „Gesamtplan“ existiert nicht
Zu Unrecht seien Finanzamt und Finanzgericht von einer Unbeachtlichkeit der zivilrechtlichen Gestaltung in mehreren Schritten ausgegangen. Es gebe schon keinen Rechtsgrundsatz eines „Gesamtplanes“, nach dem in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehende Rechtsgeschäfte für steuerliche Zwecke einheitlich zu beurteilen seien. Es könne lediglich eine Korrektur eines Gestaltungsmissbrauchs über § 42 AO oder über die Einschränkung des Anwendungsbereiches einer Vorschrift im Hinblick auf deren Sinn und Zweck in Frage kommen.
Diese Möglichkeiten seien im vorliegenden Fall allerdings verschlossen. Denn im vorliegenden Fall sei schon kein Gestaltungsmissbrauch anzunehmen, da es sich um eine legitime, außersteuerlich motivierte Umstrukturierung handele: Die Kläger wollten ihre geschäftliche Tätigkeit getrennt fortführen, jeder in seiner eigenen GmbH & Co. KG. Damit war der Anwendungsbereich des § 42 AO nicht eröffnet.
II. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG setzt personenidentische, nicht auch beteiligungsidentische Beteiligung der Realteiler an den stillen Reserven voraus
Ebenso wenig komme eine einschränkende Auslegung des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG in Betracht. Sinn und Zweck der Vorschrift sei die Möglichkeit einer steuerneutralen Umstrukturierung unter der Voraussetzung der gesicherten Besteuerung vorhandener stiller Reserven. Dies sei vorliegend geschehen. „Unschädlich ist hingegen, wenn im Zuge der Realteilung stille Reserven von einem Realteiler auf einen anderen Realteiler verlagert werden; insoweit setzt § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG zwar eine personenidentische, nicht aber zusätzlich die beteiligungsidentische Beteiligung der Realteiler an den stillen Reserven vor und nach der Realteilung voraus“. Ständige Rechtsprechung sei im Übrigen, dass die Kapitalkonten im Rahmen einer Realteilung so angepasst werden könnten, dass ihr Wert dem Wert der Summe der übernommenen Wirtschaftsgüter entspreche („Kapitalkostenanpassungsmethode“).
Fazit:
Der BFH weist den Versuchen der Finanzverwaltung, eine strukturell begründete Gestaltung auszuhebeln, Grenzen auf. Weder die Gesamtplanrechtsprechung noch die Rechtsprechung zur Übertragung von Betriebsvermögen zwischen aneinander unbeteiligten Schwesterpersonengesellschaften sind geeignete Argumente, die steuerliche Wirkung einer formal ordnungsgemäßen und außersteuerlich motivierten Realteilung zu versagen. Dies macht der BFH unmissverständlich deutlich.
Die Gesamtplanrechtsprechung hat der BFH allerdings nicht aufgegeben. Er stellt jedoch klar, dass sie nicht in Zusammenhang mit § 42 AO oder gar als eigenständiges Rechtsinstitut zu sehen ist – sondern ausschließlich in den Fällen der §§ 16, 34 EStG Anwendung findet.
Praxishinweis:
Der BFH erleichtert mit der vorliegenden Entscheidung die strukturell bedingte Aufteilung von Personengesellschaften, die in der Praxis bisher äußerst problematisch sein konnte und mit unnötigem Gestaltungsaufwand einherging. Eine Gestaltung in mehreren, aufeinanderfolgenden Schritten ist somit möglich – zumindest soweit ihr nachvollziehbar außersteuerliche Motive zugrundeliegen.
Auszeichnungen
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2022/2023)
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2021)
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