Bei der in § 648a BGB normierten Bauhandwerkersicherung dürfte es sich um eine der wichtigsten Regelungen des Werkvertragsrechts handeln, welche dem Auftragnehmer das unabdingbare Recht einräumt, seinen gegen den Auftraggeber bestehenden Vergütungsanspruch zu sichern.
Mit Urteil vom 06.30.2014 (VII ZR 349/12) hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass der Unternehmer (Auftragnehmer) auch nach einer Kündigung des Bauvertrages die Stellung einer Sicherheit nach § 648a Abs. 1 BGB von seinem (vormaligen) Auftraggeber verlangen kann.
Desweiteren stellt der Bundesgerichtshof in seinem Urteil fest, welche Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Berechnung des nach der Kündigung zu sichernden Vergütungsanspruches gelten.
Der Fall:
In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war die Klägerin als Nachunternehmerin durch die Beklagte mit der Ausführung einer Blechfassade und Arbeiten an einem Dach eines Kesselhauses einer Abfallverbrennungsanlage beauftragt worden. Nachdem die Klägerin mehrfach durch die Beklagte zur Einhaltung von Sicherheitsvorkehrungen ermahnt worden war, kündigte die beklagte Auftraggeberin schließlich das Vertragsverhältnis mit sofortiger Wirkung, nachdem der Bauherr der Baumaßnahme die später klagende Nachunternehmerin wegen Nichteinhaltung von Sicherheitsvorschriften bereits von der Baustelle verwiesen hatte.
Die gekündigte Nachunternehmerin verlangte nun von dem beklagten Hauptunternehmer Sicherheit gem. § 648a BGB für die vereinbarte und noch nicht bezahlte Vergütung einschließlich dazu gehöriger Nebenforderungen.
Die Entscheidung:
Nachdem das Landgericht die Klage abwies, verurteilte das Berufungsgericht die Beklagte wie beantragt.
Der BGH bestätigte die Auffassung des Berufungsgerichts dem Grunde nach und bestätigte, dass die Beklagte auch nach Kündigung des Bauvertrages eine entsprechende Bauhandwerkersicherung zu stellen habe. Hinsichtlich der Berechnung der Höhe einer solchen Sicherheit verfolgt der BGH einen eigenen Lösungsweg.
- Der BGH urteilte, dass ein Anspruch auf Sicherheitsleistung nicht daran scheitere, dass das Vertragsverhältnis, aus welchem der zu sichernde Anspruch folge, gekündigt worden sei.
Zur Begründung führt der BGH aus, dass dem Gesetz keine dahingehende Beschränkung zu entnehmen sei, dass der Sicherungsanspruch nach § 648a BGB nach der Kündigung eines Bauvertrages ausscheide. Vielmehr spreche schon der Wortlaut der Norm dafür, dass dem Unternehmer eine Sicherheit für seinen Vergütungsanspruch gewährt werden solle. Das Gesetz stelle daher konsequent auf die Sicherungsinteressen des Unternehmers/Auftragnehmers ab, so dass der Sicherungsanspruch so lange bestehen bleibe, wie der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers nicht befriedigt worden sei. Nach der geltenden Fassung des § 648a Abs. 1 S. 1 BGB reiche es daher für einen Anspruch des Unternehmers/Auftragnehmers gegen den Besteller/Auftraggeber auf Leistung einer Sicherheit aus, dass dem Auftragnehmer noch ein Vergütungsanspruch zustehe.
- In welchem Umfang der Auftragnehmer nach einer Kündigung des Auftraggebers von diesem eine Sicherung seiner Vergütung fordern könne, bedarf nach Auffassung des Senats jedoch einer differenzierten Betrachtung.
Dabei geht der BGH im Grundsatz davon aus, dass der Auftragnehmer die Höhe der ihm nach der Kündigung auf der Grundlage der getroffenen Vereinbarung zustehenden Vergütung (nur) schlüssig darzulegen hat. Dabei reicht nach Auffassung des BGH die Darlegung der ursprünglich vereinbarten Vergütung jedoch nicht aus. Vielmehr muss der Auftragnehmer grundsätzlich die Höhe der vereinbarten Vergütung in dem Zeitpunkt darlegen, in dem er die Sicherheit verlangt. Diese Darlegung wird regelmäßig durch eine entsprechende Schlussrechnung erfolgen können, was den Auftragnehmer nicht unbillig belasten dürfte, da dieser ohnehin verpflichtet ist, eine solche „unverzüglich“ oder in den von der VOB/B vorgesehenen Fristen zu erstellen und vorzulegen.
- Schließlich geht der BGH davon aus, dass der Gesetzgeber dem Unternehmer die Möglichkeit eröffnen wollte, möglichst schnell und effektiv von seinem Auftraggeber eine Sicherheit für den Fall erlangen zu können, dass der Auftraggeber ihn nicht bezahle. Daher dürfe ein Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des Vergütungsanspruchs nach einer Kündigung die Durchsetzung des Anspruchs auf Stellung einer Sicherheit nicht behindern. Sollten daher die tatsächlichen Voraussetzungen einer schlüssig vorgetragenen Vergütung streitig sein, so ist dem Sicherungsverlangen des Auftragnehmers gleichwohl zu entsprechen, wenn es ansonsten zu einer Verzögerung der Durchsetzung des Sicherungsverlangens käme.
Der Senat erkennt ausdrücklich, dass die Regelungen der Bauhandwerkersicherung die Interessen des Auftraggebers beeinträchtigen können, beispielsweise die Gefahr einer Übersicherung drohe oder sich der Auftraggeber in der Lage wiederfinden könne, sowohl gegenüber dem gekündigten (ehemaligen) Auftragnehmer als auch gegenüber einem neu beauftragten Drittunternehmer ebenfalls eine Bauhandwerkersicherung stellen zu müssen. Hierzu stellt der BGH fest, dass dieses Interesse des Auftraggebers nach Intention des Gesetzgebers keinen Vorrang vor den Interessen des Unternehmers/Auftragnehmers genieße.
Fazit:
In der Praxis dürfte vor allem das von dem BGH explizit erwähnte Risiko einer Übersicherung des Auftragnehmers sowie die Gefahr, dass sich der Auftraggeber in der misslichen Lage einer zweifachen Sicherungspflicht, nämlich gegenüber dem alten/gekündigten Auftragnehmer und dem neu beauftragten Drittunternehmer, wiederfindet, zu beachten sein.
Des Weiteren ist anzumerken, dass sich der außerordentlich kündigende Auftraggeber im Anschluss an die ausgesprochene Kündigung einem Sicherungsverlangen des ehemaligen Auftragnehmers ausgesetzt sehen kann, welches sich der Höhe nach an einer zu sichernden Vergütung für den Fall einer freien Kündigung richtet. Denn der diesbezügliche, schlüssige Vortrag des Auftragsgebers reicht für den Zuspruch der Sicherung aus.
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