Viele Arbeitgeber unterstützen Weiterbildungsmaßnahmen und Fortbildungen ihrer Mitarbeiter. Oftmals werden dazu auch die Weiterbildungskosten übernommen. Um zu vermeiden, dass Mitarbeiter diese bezahlte Ausbildung in Anspruch nehmen und dann das Arbeitsverhältnis kündigen, schließen viele Arbeitgeber mit ihren Mitarbeitern sogenannte Rückzahlungsvereinbarungen ab. Solche Vereinbarungen sind im Grundsatz zulässig. Allerdings bestehen zahlreiche Einschränkungen nach der im Arbeitsrecht geltenden AGB-Kontrolle. Werden diese zwingenden Voraussetzungen, die nach den Arbeitsgerichten zu beachten sind, nicht eingehalten, ist die Rückzahlungsvereinbarung unwirksam mit der weiteren Folge, dass dann der Arbeitnehmer nicht verpflichtet ist, die Weiterbildungskosten im Falle einer Trennung zurückzuzahlen. Das Bundesarbeitsgericht hat seine bisherige Rechtsprechung dazu nunmehr weiter präzisiert (BAG, Urteil v. 06.08.2013 – 9 AZR 442/12).
Der Fall:
Der klagende Arbeitgeber verlangt von dem beklagten Arbeitnehmer die Rückzahlung von Weiterbildungskosten.
Der Arbeitgeber betreibt ein Krankenhaus und hat den beklagten Arbeitnehmer dort bis zum 31. Dezember 2010 als Gesundheits- und Krankenpfleger beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages in der kirchlichen Fassung (BAT-KF).
Der Arbeitnehmer hat mit dem Arbeitgeber eine „Nebenabrede zum Arbeitsvertrag“ vereinbart. Die Nebenabrede diente der Übernahme der Weiterbildungskosten für den Arbeitnehmer und der Absicherung durch eine Rückzahlungsklausel. In der Nebenabrede waren unter anderen folgende Regelungen enthalten:
„(1) Im Rahmen der nachfolgend genannten Weiterbildung ‚Fachpflege Psychiatrie’ wird die E. gGmbH den Mitarbeiter für den Besuch des Lehrgangs freistellen und die Lehrgangsgebühren übernehmen.
(2) Der Angestellte verpflichtet sich, die der E entstandenen Aufwendungen für die Weiterbildung, einschließlich der Lohnfortzahlungskosten – wie nachfolgend beschrieben – zu ersetzen, wenn das Arbeitsverhältnis auf Wunsch des Angestellten oder aus einem von ihm zu vertretenden Grund endet. Ausgenommen ist die Kündigung bzw. der Auflösungsvertrag aufgrund einer Schwangerschaft oder Niederkunft in den letzten drei Monaten. Endet das Arbeitsverhältnis wie oben beschrieben, dann sind
– im ersten Jahr nach Abschluss des Lehrgangs die gesamten Aufwendungen,
– im zweiten Jahr nach Abschluss des Lehrgangs zwei Drittel der Aufwendungen,
– im dritten Jahr nach Abschluss des Lehrgangs ein Drittel der Aufwendungen zurückzuzahlen.“
Der Arbeitnehmer nahm an der Weiterbildungsmaßnahme im Zeitraum vom 8. Mai 2006 bis zum 7. Mai 2008 mit Erfolg teil. Das Arbeitsverhältnis wurde dann durch Eigenkündigung zum 31. Dezember 2010 beendet.
Der Arbeitgeber forderte daraufhin den Arbeitnehmer erfolglos zunächst außergerichtlich auf, 1/3 der Weiterbildungskosten zu ersetzen, wobei er diesen Betrag zunächst mit 9.346,28 € bezifferte. Nach der Weigerung des Arbeitnehmers wurden dann lediglich 6.212,94 € brutto eingeklagt.
Der Arbeitnehmer hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, die Rückzahlungsklausel in der „Nebenabrede zum Arbeitsvertrag“ sei eine allgemeine Geschäftsbedingung, die ihn unangemessen benachteilige. Die Regelung sei insbesondere nicht ausreichend transparent.
Das Arbeitsgericht hat der Rückzahlungsklage des Arbeitgebers stattgegeben. Im Berufungsverfahren hat hingegen das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Die Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht hat im Revisionsverfahren die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bestätigt.
I. AGB-Kontrolle
Bei der Nebenabrede zum Arbeitsvertrag betreffend die Rückzahlungsvereinbarung von Weiterbildungskosten handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung. Die Nebenabrede unterfällt damit der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Klauseln müssen danach hinreichend klar und verständlich sein.
Hinweis für die Praxis:
Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen für Arbeitnehmer bereits dann vor, wenn der Arbeitgeber eine vorformulierte Klausel nutzt, selbst wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt ist. Maßgeblich ist, ob der Verbraucher (= Arbeitnehmer) auf die vorformulierten Klauseln Einfluss nehmen konnte. War dies nicht der Fall, handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung mit der Folge, dass diese unter anderem der Transparenzkontrolle unterliegt.
II. Bestimmtheit von Rückzahlungsklauseln
Das Transparenzgebot nach der AGB-Kontrolle schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach muss die Klausel die tatbestandlichen Voraussetzungen und die Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für den Arbeitgeber als Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Im Falle von Rückzahlungsklauseln liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot insbesondere in den Fällen vor, in denen die Klausel dem Arbeitgeber als Verwender vermeidbare Spielräume hinsichtlich der erstattungspflichtigen Kosten gewährt. Ohne dass zumindest Art und Berechnungsgrundlage der ggf. zu erstattenden Kosten angegeben sind, kann der Arbeitnehmer sein Rückzahlungsrisiko nicht ausreichend abschätzen. Erforderlich ist die genaue und abschließende Bezeichnung der einzelnen Positionen, aus denen sich die Gesamtforderung zusammensetzen soll, und die Angabe, nach welchen Parametern die einzelnen Positionen berechnet werden.
Die in der Rückzahlungsklausel hier verwendete Formulierung lässt hingegen offen, welche Kosten im Einzelnen gemeint sind. Es fehlt an der Angabe, welche konkreten Kosten in welcher Höhe anfallen können. Der Klausel ist nicht zu entnehmen, mit welchen Lehrgangsgebühren zu rechnen ist, ob der Arbeitnehmer neben den reinen Lehrgangsgebühren auch Fahrt-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten zu erstatten hat und wie diese ggf. zu berechnen sind (z.B. Kilometerpauschalen für Fahrtkosten, Tagessätze für Übernachtungs- und Verpflegungskosten), für welchen konkreten Zeitraum Lohnfortzahlungskosten anfallen, ob die Rückzahlungsverpflichtung auf die Netto- oder die Bruttosumme gerichtet ist und ob auch die Beiträge zur Zusatzversorgung zu erstatten sind.
Hinweis für die Praxis:
Das BAG hat also dem Arbeitgeber hier aufgegeben, die genauen Kosten detailliert zu beziffern. Der Praxis kann daher nur empfohlen werden, die Rückzahlungskosten im Einzelnen aufzulisten und die konkrete Gesamtsumme bereits bei Abschluss des Vertrages zu benennen. Nur in diesem Fall ist die Klausel transparent und der Arbeitnehmer kann sein Rückzahlungsrisiko abschätzen.
Fazit:
Die Rückzahlungsvereinbarung war damit intransparent und bezogen auf die Rückzahlungsklausel unwirksam. Eine ergänzende Vertragsauslegung hat das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich abgelehnt. Der Arbeitgeber hatte also die Fortbildungskosten zwar bezahlt, konnte sie aber – trotz der vorzeitigen Eigenkündigung des Arbeitnehmers – nicht zurückverlangen. In der Praxis kann daher nur ganz dringend angeraten werden, die vorhandenen Muster zur Rückzahlungsklausel dahingehend zu überprüfen, ob die neuen Kriterien der Rechtsprechung erfüllt werden.
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