30.10.2013

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf betrifft im Kern eine an sich geklärte Rechtsfrage: Die Entstehung des Regressanspruches zwischen Gesellschaftern einer Personengesellschaft, wenn ein Gesellschafter einen Gläubiger der Gesellschaft befriedigt hat. Dessen ungeachtet ist die Entscheidung erwähnenswert, weil sie ein praktisch bedeutsames Risiko aufzeigt: die Verjährungseinrede des beklagten Gesellschafters.

Vereinfacht ging es in dieser Entscheidung um Folgendes: An einer GmbH & Co. KG waren verschiedene Kommanditisten beteiligt. Die GmbH & Co. KG fiel in 2000 in Insolvenz. Der Insolvenzverwalter verlangte von den Kommanditisten ausstehende Beiträge auf die Haftsumme. Die Klägerin leistete in 2001 entsprechende Zahlungen; der Beklagte dagegen nicht. In 2001 schlossen der Insolvenzverwalter sowie einige Kommanditisten der KG, darunter auch die Klägerin eine Sanierungsvereinbarung; der Beklagte war an dieser Vereinbarung nicht beteiligt. In 2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH & Co. KG aufgehoben. Am 15. Dezember 2008 erhob die Klägerin Klage gegen den Beklagten auf Zahlung von 34.063,54 €. Die Klägerin behauptet, dass der Beklagte in dieser Höhe einen Verlustanteil zu tragen habe.

Das Landgericht Düsseldorf hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen. Der Beklagte hat sich in erster Linie mit der Einrede der Verjährung verteidigt. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf war diese Einrede auch erfolgreich.

In der Sache ging es um den Innenregress zwischen Gesellschaftern. Dieser ist erst verständlich, wenn man sich der verschiedenen Schuldverhältnisse sowie Haftungsansprüche bei einer (insolventen) Personengesellschaft vergegenwärtig.

Bei einer offenen Handelsgesellschaft sowie einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts haften die Gesellschafter persönlich und unbegrenzt für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, § 128 HGB. Bei der Kommanditgesellschaft haftet unbegrenzt und „persönlich“ der persönlich haftende Gesellschafter – der Komplementär. Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft „haften“ nur auf die Erfüllung der im Handelsregister eingetragenen Haftsumme. Hat der Kommanditist den Beitrag zur Erfüllung der Haftsumme geleistet, schuldet der Kommanditist keinen weiteren Beitrag mehr, auch dann nicht, wenn das Eigenkapital der Gesellschaft aufgrund Verluste vernichtet wird. Leistet der Kommanditist dagegen nicht den Beitrag zur Erfüllung der Haftsumme, bleibt der Anspruch der Gesellschaft auf Erfüllung der Haftsumme bestehen. Gläubiger der Kommanditgesellschaft können in diesem Fall unmittelbar auf den Kommanditisten „durchgreifen“ und ihren Anspruch bis zur Höhe der von dem Kommanditisten gegenüber der Kommanditgesellschaft geschuldeten Haftsumme geltend machen. Fällt die Kommanditgesellschaft in Insolvenz, geht dieser „Durchgriffsanspruch“ gemäß § 171 Abs. 2 HGB auf den Insolvenzverwalter über.

Neben diesem „Außenverhältnis“ der Haftung von Gesellschaftern einer Personengesellschaft gegenüber deren Gläubigern, besteht von Gesetzes wegen ein Aufwendungsersatzanspruch des Gesellschafters gegenüber der Personengesellschaft (offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft), wenn ein Gesellschafter „Aufwendungen in Angelegenheiten der Gesellschaft“ tätigt. Ein typisches Beispiel für solche „Aufwendungen“ ist die Erfüllung einer Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber einem Gläubiger. Eine „Aufwendung in Angelegenheiten der Gesellschaft“ liegt allerdings auch dann vor, wenn ein Kommanditist nach Aufforderung des Insolvenzverwalters ausstehende Beiträge auf die Haftsumme leistet. Der Sache nach handelt es sich um eine Zahlung an Gläubiger der Kommanditgesellschaft, die allerdings wegen der Insolvenz nur von dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden kann.

Grundsätzlich gilt bei dem Aufwendungsersatzanspruch des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft, dass der Gesellschafter diesen während Bestehens der Gesellschaft nur gegenüber der Gesellschaft geltend machen kann und nicht gegenüber den Mitgesellschaftern. Seit langem ist in der Rechtsprechung aber als Ausnahme anerkannt, dass der Gesellschafter eine Schuld der Gesellschaft tilgt. In einem solchen Fall soll der Gesellschafter auch während Bestehens der Gesellschaft einen Anspruch gegen die Mitgesellschafter haben, wenn er von der Gesellschaft keine Befriedigung erhält. Bei diesem Anspruch des Gesellschafters gegen die Mitgesellschafter handelt es sich um den Innenregress zwischen den Gesellschaftern.

Der entscheidende Gesichtspunkt bei der Entscheidung des OLG Düsseldorf war nun, wann dieser Regressanspruch des Gesellschafters gegenüber den Mitgesellschaftern entsteht. Der Beklagte hat im Rahmen der Verjährungseinrede damit argumentiert, dass der Regressanspruch des Klägers mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Aufforderung des Insolvenzverwalters zur Erfüllung der ausstehenden Beiträge auf die Haftsumme entstanden ist. Zu diesem Zeitpunkt stand fest, dass der Gesellschafter keinen Aufwendungsersatzanspruch gegenüber der Gesellschaft geltend machen kann, da der Insolvenzverwalter die „eingesammelten“ Gelder nicht unmittelbar wieder als Aufwendungsersatz an die Kommanditisten ausschütten wird, sondern verpflichtet ist, die Beiträge zur Tilgung von Forderungen von Gläubigern der insolventen Kommanditgesellschaft zu verwenden.

Das OLG Düsseldorf folgte dieser Argumentation. Es sei anerkannt, dass der „subsidiäre“ Regressanspruch eines Gesellschafters gegenüber einem anderen Gesellschafter „alsbald“ entstehe, wenn der leistende Gesellschafter keine Befriedigung von der Gesellschaft erhalten kann. Dies sei jedenfalls dann gegeben, wenn ein Insolvenzverwalter gem. § 171 Abs. 2 HGB Beiträge der Kommanditisten zur Erfüllung der Haftsumme geltend macht, um Gläubiger der insolventen Kommanditgesellschaft zu befriedigen. Damit stehe fest, dass der Insolvenzverwalter die eingenommenen Beiträge der Kommanditisten nicht unmittelbar an die Kommanditisten im Wege des Aufwendungsersatzanspruches wieder auskehren werde. Für die Kommanditisten sei es daher „offenkundig“, dass ein Aufwendungsersatzanspruch gegen die Kommanditgesellschaft ins Leere gehe. Aus diesem Grund entstehe der an sich subsidiäre Regressanspruch zwischen den Gesellschaftern mit Aufforderung des Insolvenzverwalters auf Leistung der Beiträge zur Haftsumme. Diese Rechtsfolge hat die Klägerin in dem Verfahren des OLG Düsseldorf verkannt. Die Klägerin ging offenbar davon aus, dass der subsidiäre Innenregress zwischen den Gesellschaftern erst mit Abschluss des Insolvenzverfahrens entstehe.

Der Anspruch zwischen den Parteien des Gerichtsverfahrens entstand somit mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Aufforderung des Insolvenzverwalters zur Zahlung der Beiträge auf die Haftsumme im Jahr 2000.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf nahm weiterhin an, dass der Klägerin spätestens in 2001 bekannt war, dass der Beklagte der Aufforderung des Insolvenzverwalters auf Leistung der Haftsumme nicht nachgekommen ist. Die Klägerin hätte daher ab dieser Kenntnis in 2001 Klage gegen den Beklagten erheben können. Selbst wenn der Umfang der Haftung des Beklagten noch nicht festgestanden hätte, hätte die Klägerin eine Feststellungsklage über den Grund der Haftung – Gesellschafterinnenregress – erheben können. Dies hat die Klägerin versäumt.

Beginn der Verjährung war demnach der 31. Dezember 2001; die Verjährung lief am 31. Dezember 2004 ab.

Die erst im Dezember 2008 erhobene Klage konnte die Verjährung nicht hemmen.

Fazit:

Der Gesellschafterinnenregress bei Personengesellschaften, insbesondere bei Kommanditgesellschaften, ist eine schwer zugängliche Rechtsmaterie. Gesellschafter müssen allerdings wissen, dass der Regressanspruch zwischen den Gesellschaftern im Regelfall mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht. Spätestens wenn ein Insolvenzverwalter das auf ihn übergegangene Recht zur Leistung der Haftsumme gem. § 171 HGB geltend macht, wandelt sich der Aufwendungsersatzanspruch in einen Regressanspruch gegenüber den Mitgesellschaftern. Wenn daher – wie in der Entscheidung des OLG Düsseldorf – einzelne Kommanditisten sich weigern, die Haftsumme zu leisten und der Insolvenzverwalter die Forderung auf Leistung der Haftsumme nicht gerichtlich durchsetzt, müssen diejenigen Gesellschafter auf der Hut sein, die auf Aufforderung des Insolvenzverwalters die Beiträge geleistet haben. Sie können in einem solchen Fall nicht noch Jahre zuwarten bis das Insolvenzverfahren beendet ist. Der Regressanspruch gegenüber dem (säumigen) Mitgesellschafter ist spätestens innerhalb von drei Jahren nach dieser Kenntnis gerichtlich geltend zu machen. Gerade zum Jahresende ist dies zu beachten.

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