03.02.2013

Der BGH hat in seinem Urteil vom 17. Juli 2012 (II ZR 55/11) entschieden, dass die vorzeitige Wiederbestellung von Vorstandsmitgliedern einer AG grundsätzlich zulässig ist. Diese Frage war zuvor nicht höchstrichterlich geklärt und im juristischen Schrifttum umstritten.

Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft werden nach § 84 Abs. 1 AktG vom Aufsichtsrat auf höchstens fünf Jahre bestellt. Die wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit für jeweils höchstens fünf Jahre ist zulässig. Sie bedarf allerdings nach § 84 Abs. 1 Satz 3 AktG, und über diese Vorschrift hatte der BGH zu befinden, eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefasst werden kann. Nicht geklärt durch die Rechtsprechung war bisher die Frage, ob eine vorzeitige Wiederbestellung bereits früher als ein Jahr vor Ablauf der ursprünglichen Bestelldauer zulässig ist, ob also der Aufsichtsrat etwa nach Ablauf von zwei Jahren einer fünfjährigen Amtszeit den Vorstand für eine weitere höchstens fünfjährige Amtszeit wiederbestellen kann. Relevant wird diese Frage insbesondere bei personellen Wechseln im Aufsichtsrat. Der alte, scheidende Aufsichtsrat mag ein Interesse daran haben, den ihm genehmen Vorstand so lange als möglich im Amt zu belassen und gegenüber einem neuen Aufsichtsrat Fakten zu schaffen.

Diese Konstellation lag auch dem vom BGH jetzt entschiedenen Fall zugrunde. In einer Aktiengesellschaft gab es Streit zwischen an ihr beteiligten Familienstämmen. Es standen Veränderungen im Aufsichtsrat an. In dieser Situation hob der alte Aufsichtsrat die Bestellung zweier Vorstandsmitglieder einstimmig auf und bestellte sie früher als ein Jahr vor Ablauf der ursprünglichen Bestelldauer für fünf weitere Jahre. Unmittelbar nach diesem Beschluss trat die Hauptversammlung zusammen, um einen neuen Aufsichtsrat zu bestellen.

Der BGH billigte dieses Vorgehen. Die Wiederbestellung eines Vorstandsmitglieds für (höchstens) fünf Jahre nach einverständlicher Amtsniederlegung früher als ein Jahr vor Ablauf der ursprünglichen Bestelldauer sei grundsätzlich zulässig und stelle auch dann, wenn für diese Vorgehensweise keine besonderen Gründe gegeben seien, keine unzulässige Umgehung des § 84 Abs. 1 Satz 3 AktG dar. Die Vorschrift solle lediglich gewährleisten, dass der Aufsichtsrat zumindest alle fünf Jahre einen Beschluss über die wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit der Vorstandsmitglieder fasst. Die vorzeitige Wiederbestellung für fünf Jahre nach einverständlicher Amtsniederlegung widerspreche dem nicht. Der Einwand, durch eine neue Bestellung schon früher als ein Jahr vor Ablauf der ursprünglichen Amtszeit habe der Aufsichtsrat die Möglichkeit, einen künftigen Aufsichtsrat für fünf Jahre an den Vorstand zu binden, sei unbegründet. Die Vorschrift schütze nicht den neuen Aufsichtsrat. Dieser müsse den Vorstand so akzeptieren, wie ihn der alte Aufsichtsrat bestellt habe. Eine vorzeitige Wiederbestellung sei auch dann grundsätzlich zulässig, wenn für diese Vorgehensweise keine besonderen Gründe gegeben seien. Dass die vorzeitige Wiederbestellung im zeitlichen Zusammenhang mit einem Wechsel des Aufsichtsrats stehe, sei grundsätzlich nicht zu beanstanden; ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen sei ohne Hinzutreten weiterer Umstände darin nicht zu erkennen.

Fazit

Der BGH sorgt mit seiner Entscheidung für Klarheit in einer umstrittenen Frage. Die vorzeitige Wiederbestellung von Vorstandsmitgliedern früher als ein Jahr vor Ablauf der Amtszeit ist zulässig. Aufsichtsräte und Aufsichtsratsmitglieder können sich an dieser Rechtsprechung orientieren.

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Dr. Stephan Dornbusch
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