03.07.2011 -

Wir haben uns bereits mit der Bereitstellung von Mobiltelefonen für den Betriebsrat befasst. Eine weitere Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln gibt Anlass für eine Besprechung. Der Betriebsrat hatte, gestützt auf § 40 Abs. 2 BetrVG, eine besondere Software mit einem höheren Sicherheitsniveau geltend gemacht (LAG Köln, Beschluss v. 09.07.2010 – 4 TaBV 25/10).

Der Fall:

Die beteiligten Betriebspartner streiten über die Frage, ob dem Betriebsrat ein bestimmtes Computerprogramm, das Programm „endorse2.7“ als Sachmittel im Sinne des § 40 Abs. 2 BetrVG zur Verfügung gestellt werden muss.

Die Vertraulichkeit der Betriebsratsarbeit sei nicht gewährleistet. Zumindest die im Unternehmen tätigen Administratoren könnten die Dateien des Betriebsrats jederzeit einsehen. Mit „Microsoft Office“ könne nicht angemessen verschlüsselt werden, wohl aber mit dem Programm „endorse2.7“.

Des Weiteren hätten auch die berechtigten Betriebsratsmitglieder Zugangsmöglichkeiten zu Dateien aufgrund der Verwendung und Kenntnisse der bislang genutzten Passwörter. Diese Kenntnis bleibe auch nach Ende der Eigenschaft als Mandatsträger erhalten, so dass ein weiterer Zugriff eines dann nicht Berechtigten erfolgen könnte.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats abgewiesen.

Die Entscheidung:

Das Landesarbeitsgericht hat im Beschwerdeverfahren die Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt.

I. Sachmittel und Erforderlichkeit

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts obliegt dem Betriebsrat die Prüfung, ob ein von ihm verlangtes Sachmittel zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist. Die Entscheidung hierüber darf der Betriebsrat aber nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Vielmehr wird verlangt, dass er die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigt. Dabei hat er die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamtes einerseits und berechtigte Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen. Dies gilt auch für Informations- und Kommunikationstechnik.

Hinweis für die Praxis:

Das Bundesarbeitsgericht hat stets herausgestellt, dass im Rahmen der Berücksichtigung betrieblicher Interessen insbesondere auch das betriebsübliche und das auf Arbeitgeberseite vorhandene Ausstattungsniveau bedeutsam sein können.

II. Spezielle Software nicht erforderlich

Die Anschaffung der Software „endorse2.7“ kostet allein bereits 2.570,40 €. Für die Installation etc. durch die IT-Abteilung der Konzernzentrale sind ca. fünf bis sechs Mann-Tage zu veranschlagen, mit weiteren Kosten in Höhe von ca. 4.000,00 € bis 5.000,00 €. Bereits diese erheblichen Mehrkosten zum üblichen Ausstattungsniveau auf Arbeitgeberseite begründen Zweifel an der Erforderlichkeit.

Die Tatsache, dass der Administrator Zugriff auf Dateien nehmen könnte, rechtfertigt die Zusatzsoftware ebenfalls nicht. Dem Administrator ist es umfassend verboten, unberechtigten Zugriff zu nehmen. In der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist es daher anerkannt, dass der Missbrauch von Zugangsrechten durch Systemadministratoren regelmäßig eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigt (vgl. z.B. LAG Köln, 14.05.2010, NZA-RR 2010, 579). Zudem würde sich der Administrator nach § 202a StGB strafbarmachen. Gegen unberechtigten Zugang besonders gesicherte Dateien sind dabei auch solche, die durch Passwörter geschützt sind.

Der Betriebsrat ist im Übrigen schon jetzt in der Lage, mit Microsoft Office einen Schutz durch Passwörter möglich zu machen. Das System bietet sogar zwei Sicherheitsstufen: Es können Dokumente und Verzeichnisse, die in der Organisationseinheit „Betriebsrat“ geschrieben und hinterlegt werden, ausschließlich von Betriebsratsmitgliedern eingesehen werden. Darüber hinaus kann das einzelne Betriebsratsmitglied, das ein Dokument erstellt und hinterlegt hat, über ein persönliches Passwort eine zusätzliche Sicherung schaffen. Diese würde sogar gegenüber dem Administrator gelten.

Für einen weitergehenden Schutz oder eine weitergehende Verschlüsselung der Betriebsratsdateien besteht nach Auffassung des Arbeitsgerichts daher keine Veranlassung.

Hinweis für die Praxis:

Der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln ist zuzustimmen. Selbstverständlich ist die Vertraulichkeit der Betriebsratsarbeit zu wahren. Mit eigenen Dateiverzeichnissen in gesicherten Bereichen und der Möglichkeit, jede Datei mit einem Passwort zu versehen, ist diese Vertraulichkeit aber bestens gewahrt. Unbefugte Zugriffe von Dritten sind strafbar. Der Schutz der Betriebsratsarbeit ist damit gewährleistet. Für eine zusätzliche und kostenaufwendige Verschlüsselungssoftware besteht keine Veranlassung; diese ist nicht erforderlich nach § 40 Abs. 2 BetrVG.

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