Bis zur Ablösung des BAT (und MTArb) galt für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes die Regelung, dass sie sich auch außerdienstlich so zu verhalten haben, wie es von Angehörigen des öffentlichen Dienstes erwartet werden kann. Diese Vorschrift (§ 8 Abs. 1 S. 1 BAT und § 8 Abs. 8 S. 1 MTArb) wurde nicht in den TVöD übernommen. Daher stellte sich die Frage, welche Anforderung an das außerdienstliche Verhalten öffentlicher Beschäftigter gestellt und ob dieses zum Anlass einer verhaltensbedingten Kündigung genommen werden kann.
Der Fall
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung. Der Kläger war bei der beklagten Stadt als Straßenbauarbeiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Anwendung. Der Kläger wurde wegen der außerdienstlichen Taten der gemeinschaftlichen Zuhälterei und der Körperverletzung verurteilt. In dem Strafprozess, der von den Medien begleitet wurde, erklärte der Kläger sinngemäß, er habe die Taten begangen, um den geringen Verdienst bei der beklagten Stadt aufzubessern, damit er seine Familie ernähren könne. Die beklagte Stadt kündigte das Arbeitsverhältnis aus verhaltensbedingten Gründen. Die Kündigungsschutzklage des Klägers wurde von den Vorinstanzen abgewiesen.
Die Entscheidung
Der Kläger hatte nun auch vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg. Das BAG bestätigte die soziale Rechtfertigung der verhaltensbedingten Kündigung. Zwar sei mit der Ablösung der BAT-Vorschriften durch den TVöD die Regelung entfallen, dass sich die öffentlichen Angestellten auch außerdienstlich so zu verhalten hätten, wie es von Angehörigen des öffentlichen Dienstes erwartet werden könne. Jedoch gelte auch im öffentlichen Arbeitsverhältnis die Bestimmung des § 241 Abs. 2 BGB. Dieser begründe die Pflicht, auf die Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Diese Verpflichtung gelte auch im außerdienstlichen Bereich, wenn das Verhalten einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit habe. Gegen die Verpflichtung habe der Kläger mit seinem außerdienstlichen Verhalten in erheblichem Umfang verstoßen. Hier sei ein Bezug zu seinem Arbeitsverhältnis dadurch entstanden, dass sein Arbeitgeber mit seinen Straftaten in der Öffentlichkeit in Verbindung gebracht worden sei. Der Kläger selbst habe durch seine Aussage, er habe mit den Straftaten sein Gehalt aufbessern müssen, den Bezug zu seinem Arbeitgeber und seiner Tätigkeit für diesen hergestellt. Diese Äußerungen wurden durch die Medienberichte auch öffentlich. Somit habe der Kläger die beklagte Stadt für sein Handeln quasi „mitverantwortlich“ gemacht. Durch diese Handlung sei das Integritätsinteresse der beklagten Stadt erheblich verletzt worden. Insbesondere ein öffentlicher Arbeitgeber habe ein berechtigtes Interesse daran, nicht in Zusammenhang mit Straftaten der Beschäftigten gebracht zu werden. Eine vorherige Abmahnung sei entbehrlich gewesen, da der Kläger zu keinem Zeitpunkt mit einer Billigung seines Verhaltens habe rechnen können.
Fazit
Das Bundesarbeitsgericht stellt in eindeutiger Weise klar, dass das außerdienstliche Verhalten der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes auch nach dem Wegfall der Regelungen des § 8 Abs. 1 S. 1 BAT (und § 8 Abs. 8 S. 1 MTArb) als Kündigungsgrund in Betracht kommt. Durch die Gleichstellung mit privaten Arbeitsverhältnissen gilt die allgemeine Rücksichtnahmepflicht des § 241 Abs. 2 BGB, bei deren Verletzung durch außerdienstliches Verhalten dann eine Kündigung in Betracht gezogen werden kann, wenn das Verhalten einen Bezug zur konkreten Tätigkeit oder zu dem Arbeitgeber hat.
Auszeichnungen
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TOP-Kanzlei für Arbeitsrecht(WirtschaftsWoche 2023, 2022, 2021, 2020)
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TOP-Anwältin für Arbeitsrecht: Ebba Herfs-Röttgen(WirtschaftsWoche, 2023, 2022, 2021, 2020)
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