Als Oberarzt wird im Geltungsbereich des TV-Ärzte/VKA derjenige Arzt vergütet, dem die medizinische Verantwortung für selbständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen ist. Nun hatte der sechste Senat des BAG am 16. Dezember 2010 über die Klage eines Oberarztes zu entscheiden, der eine Anrechnung von Zeiten, in denen er noch nicht als Oberarzt vergütet wurde, auf die Stufenzuordnung innerhalb der Entgeltgruppe III beantragte.
Der Fall
Der Kläger ist seit Februar 1986 bei dem beklagten städtischen Klinikum beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag weist ihn als Oberarzt aus. Zum 1.8.2006 wurde ihm die medizinische Verantwortung im Tarifsinne der Entgeltgruppe Ä III für einen selbständigen Teil-/Funktionsbereich übertragen. Ab diesem Zeitpunkt erhielt der Kläger eine Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä III. Er wurde der Stufe 1 zugeordnet. Der Kläger macht nun die Anrechnung seiner bisherigen „oberärztlichen“ Tätigkeit für die Stufenzuordnung geltend und beantragt konkret eine Zuordnung zur Stufe 2 der Entgeltgruppe Ä III. In den Vorinstanzen wurde die Klage abgewiesen.
Die Entscheidung
Auch die Revision hatte keinen Erfolg. Das BAG verneinte die Anrechnung der Vordienstzeiten, innerhalb derer der Kläger noch nicht der oberärztlichen Entgeltgruppe zugeordnet gewesen sei. Gemäß § 19 Abs. 1 c TV-Ärzte/VKA werde die Stufe 2 der Entgeltgruppe Ä III nach dreijähriger oberärztlicher Tätigkeit erreicht. Diese Zeiten begännen nicht vor der Eingruppierung in die Entgeltgruppe III zu laufen. § 19 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA sehe lediglich für die Entgeltgruppen I und II die Anrechnung von Vordienstzeiten vor. Für die Entgeltgruppe Ä III komme eine Anrechnung daher nicht in Betracht.
Hinweise für die Praxis
Das dargestellte Urteil beschäftigt sich mit der Stufenzuordnung innerhalb der Entgeltgruppe Ä III.
Streitig ist in der Regel jedoch die Frage, ob überhaupt eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 3 bzw. III in Betracht kommt.
Wesentliche Fragen zu den Eingruppierungsmerkmalen der Entgeltgruppe Ä 3 bzw. III hat das Bundesarbeitsgericht in verschiedenen Entscheidungen vom 9. Dezember 2009 (4 AZR 495/08; 4 AZR 568/08; 4 AZR 630/08; 4 AZR 687/08; 4 AZR 827/08; 4 AZR 836/08; 4 AZR 841/08) beantwortet:
1. Übertragung der „medizinischen Verantwortung“
– Nicht ausreichend ist die Übertragung einer lediglich organisatorischen und verwaltungstechnischen Verantwortung für einen Teil-/Funktionsbereich.
– Notwendig ist, dass sich die medizinische Verantwortung in personeller Hinsicht auch auf Fachärzte bezieht. Wenn somit in der betreffenden Abteilung kein nachgeordneter Facharzt vorhanden ist, kommt eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Ä 3 bzw. III nicht in Betracht.
– Erforderlich ist weiterhin, dass der Oberarzt auf seiner Ebene die alleinige Verantwortung (die Letztverantwortung einer höheren Entgeltgruppe bleibt hiervon unberührt) für den Bereich erhält. Wenn noch ein weiterer Oberarzt vorhanden ist, scheidet hiernach eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Ä 3 bzw. III aus.
– Das BAG hat bisher nicht darüber entschieden, ob der dem Oberarzt unterstellte Facharzt ihm in Vollzeit zugeordnet werden muss oder ob auch eine Teilzeitzuordnung ausreicht.
2. (Ausdrückliche) Übertragung
Wenn es sich um eine „medizinische Verantwortung“ im Sinne der Ziffer 1 handelt, muss diese auch (ausdrücklich) durch den Arbeitgeber übertragen werden/worden sein.
3. Titel „Oberarzt“
Der Titel „Oberarzt“ ist für die Eingruppierung ohne Bedeutung, weder in positiver, noch in negativer Hinsicht.
4. Selbständiger Teil- oder Funktionsbereich
Um von einem selbständigen Teil- oder Funktionsbereich ausgehen zu können, ist insbesondere eine personelle und räumliche Eigenständigkeit notwendig. Es muss sich um ein aus der Gesamtheit der jeweiligen Klinik heraus lösbares Organisationselement mit eigenem Aufgabenkreis handeln, das strukturell in die Gesamtabläufe der Klinik eingegliedert ist und dem reibungslosen Ablauf der in der jeweiligen Klinik anfallenden Arbeiten insgesamt dient (LAG Düsseldorf 01.10.2008 – 7 Sa 2080/07, BeckRS 2009, 53343).
Auszeichnungen
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TOP-Wirtschaftskanzlei für Arbeitsrecht(FOCUS SPEZIAL 2024, 2023, 2022, 2021, 2020)
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TOP-Kanzlei für Arbeitsrecht(WirtschaftsWoche 2023, 2022, 2021, 2020)
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TOP-Anwältin für Arbeitsrecht: Ebba Herfs-Röttgen(WirtschaftsWoche, 2023, 2022, 2021, 2020)
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