Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 2. Juni 2010 – XII ZR 160/08 – entschieden, dass der Splittingvorteil aufgrund einer neuen Ehe vollständig beim Kindesunterhalt aus einer vorherigen Beziehung zu berücksichtigen sei, wenn ein Mangelfall vorliegt.
Die Klägerin schuldete ihren Kindern aus einer vorherigen Beziehung Unterhalt und erstrebte mit der Klage eine Herabsetzung dieses Kindesunterhalts. Die Kinder lebten beim Vater. Die Klägerin hatte neu geheiratet. Aus der neuen Ehe stammten ebenfalls Kinder. Der zweite Ehemann der Klägerin war zunächst voll berufstätig gewesen; nach Geburt der gemeinsamen Kinder entschied er sich, die Berufstätigkeit aufzugeben, die gemeinsamen Kinder zu betreuen und den Haushalt zu führen. Im unterhaltsrelevanten Zeitraum erzielte er keine steuerpflichtigen Einkünfte. Die Klägerin übte demgegenüber eine Vollerwerbstätigkeit aus. Aufgrund dieser Rollenverteilung entstand bei ihr ein erheblicher Splittingvorteil.
Die Klage der Mutter hatte beim Familiengericht sowie beim Oberlandesgericht in unterschiedlichem Umfang Erfolg. Auf die Revision der Kinder hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Angelegenheit an das OLG zurück.
Das Berufungsgericht hatte einen Mangelfall angenommen, da das unterhaltsrelevante Netto der Klägerin nicht ausreichte, den Kindesunterhalt für die vier Kinder, jeweils zwei Kinder aus der vormaligen Beziehung sowie zwei Kinder aus der gegenwärtigen Ehe, zu finanzieren. Der Splittingvorteil aus der Zusammenveranlagung mit dem neuen Ehegatten sei beim Kindesunterhalt aus der vormaligen Ehe nicht zu berücksichtigen. Der Unterhaltsanspruch des neuen Ehemannes aufgrund der Betreuung der Kinder sei zwar gegenüber dem Kindesunterhaltsanspruch im Mangelfall nachrangig. Erhalte der neue Ehegatte keinen Unterhalt, sei es andererseits nicht gerechtfertigt, wenn der Splittingvorteil aufgrund der neuen Ehe ausschließlich dem Kindesunterhalt zugutekomme.
Der BGH wies diese Argumentation zurück. Der Unterhalt der Kinder richte sich nicht wie beim Ehegattenunterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen, sondern nach den konkreten Einkommens- und Vermögensverhältnissen des verpflichteten Elternteils. Hierbei seien alle Einnahmequellen zu berücksichtigen. Eine konsequente Reservierung des Splittingvorteils für die neue Ehe ginge zu Lasten der Kinder, und zwar sowohl zu Lasten der Kinder aus der vormaligen Ehe als auch zu Lasten der Kinder aus der neuen Ehe. Eine isolierte Betrachtung des Splittingvorteils ausschließlich zu Gunsten der neuen Ehe würde daher zu einem Interessengegensatz von Ehe einerseits und Familie andererseits ausgehen und sei deswegen schon sachwidrig.
Fazit: Für die Praxis ist hiermit geklärt, dass jedenfalls im Mangelfall der Splittingvorteil für den Kindesunterhalt zu verwenden ist. Es bleibt abzuwarten, ob der BGH diese Rechtsprechung auch dann fortsetzt, wenn es nicht um einen Mangelfall geht, sondern um die Erhöhung der Barunterhaltspflicht des Elternteils. Einen gesetzlichen Nachrang des unterhaltsberechtigten (neuen) Ehegatten wie im Falle des Mangelfalles gibt es in diesem Fall nicht. Konsequenterweise müsste dann auch der Splittingvorteil für den Familienunterhalt des betreuenden neuen Ehegatten eingesetzt werden. Hier bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.
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