Nicht nur anlässlich des in den Medien diskutierten und in aller Munde liegenden Kaufs der Steuerdaten Schweizer Banken durch die Bundesrepublik Deutschland sind Erben im Erbfall dazu angehalten sich ihre steuerrechtlichen Anzeige-, Erklärungs- und Berichtigungspflichten vor Augen zu führen und diese genau zu prüfen. Immer wieder ist festzustellen, dass vielen Erben – völlig losgelöst von der Existenz von „schwarzen“ Auslandskonten – das Risiko eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens im Falle der Nichterfüllung ihrer steuerrechtlichen Anzeige-, Erklärungs- und Berichtigungspflichten nicht bewusst ist.

Im Erbfall sind die Erben nicht nur zur Abgabe der eigenen Erbschaftsteuererklärung sondern ggf. auch als Gesamtrechtsnachfolger des Verstorbenen zur Abgabe und Berichtigung dessen Steuererklärungen für diejenigen Veranlagungszeiträume und Stichtagen verpflichtet, zu denen dieser noch lebte. Auch für Steuerschulden, die aus solchen Veranlagungszeiträumen resultieren, haften die Erben. Die Erfahrung lehrt, dass insbesondere die, neben den schenkungs- und erbschaftsteuerrechtlichen Erklärungspflichten bestehenden einkommensteuer- und umsatzsteuerrechtlichen Erklärungspflichten oft übersehen werden.

Anzeige- und Erklärungspflichten der Erben

I.       Erbschafts- und schenkungsteuerrechtliche Anzeige- und Erklärungspflichten

Zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung sind die Erben nach dem Erbschaftsteuergesetz grundsätzlich nur dann verpflichtet, wenn die Finanzbehörde zu einer solchen Abgabe auffordert. Etwas anderes gilt für Testamentsvollstrecker und Nachlasspfleger. Das Erbschaftsteuergesetz sieht für diese Personen die Pflicht zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung vor. Die Abgabe der Erbschaftsteuererklärung durch den Testamentsvollstrecker ersetzt sodann die Abgabe der Erklärung der Erben.

Vielen Steuerpflichtigen ist allerdings unbekannt, dass trotz der fehlenden Pflicht zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung, eine Pflicht zur Anzeige des Erwerbs von Todes wegen binnen einer Frist von 3 Monaten nach erlangter (zuverlässiger) Kenntnis vom Anfall besteht. Gemäß § 30 Abs. 1 ErbStG trifft diese Anzeigenpflicht jeden Erwerber von Todes wegen. Betroffen sind demnach nicht nur die Erben sondern auch Vermächtnisnehmer und Pflichtteilsberechtigte. Die Anzeigepflicht des Erwerbers entfällt, wenn

  • der Erwerb von Todes wegen auf einer von einem deutschen Gericht, einem deutschen Notar oder einem deutschen Konsul eröffneten Verfügung von Todes wegen beruht und sich aus der Verfügung das Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser unzweifelhaft ergibt oder
  • die Finanzbehörde auf andere Weise Kenntnis vom Erbanfall, z. B. durch Erbschein erlangt hat oder
  • Festsetzungsverjährung eingetreten ist.

Gehört zum Nachlassvermögen Grundbesitz, Betriebsvermögen, Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht der geschäftsmäßigen Vermögensverwaltung unterliegen oder Auslandsvermögen, so entfällt die Anzeigepflicht nicht.

Erfolgt ein sog. Rechtsgeschäft unter Lebenden (Schenkung oder Zweckzuwendung), so ist neben dem Beschenkten auch der Schenker anzeigepflichtig. Einer Anzeige bedarf es nur dann nicht, wenn die Schenkung oder Zweckzuwendung gerichtlich oder notariell beurkundet worden ist.

Darüber hinaus können auch sonstige erbschaft- und schenkungsteuerlich relevante Ereignisse anzeigepflichtig sein, wie z. B. der Verstoß gegen die Behaltensfrist des § 13a ErbStG, die schädliche Gewinnüberentnahme im Sinne des § 13a ErbStG oder der Wegfall von Steuerbefreiungsvoraussetzungen.

Neben den erbschaft- und schenkungsteuerrechtlichen Erklärungs- und Anzeigepflichten des Erben selbst treten die steuerrechtlichen Anzeige- und Erklärungspflichten des Verstorbenen, die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben übergehen und von diesem „mitgeerbt“ werden. Stellt der Erbe fest, dass der Erblasser zu Lebzeiten einen anzeigepflichtigen Erwerb erlangt, aber nicht angezeigt hat, wird er selbst anzeigepflichtig. Gleiches gilt für die Fälle, in denen der Erblasser zur Abgabe einer Steuererklärung durch die Finanzbehörde aufgefordert war. Auch diese Steuererklärungspflicht „erbt“ der Rechtsnachfolger.

Die unterlassene Anzeige selbst stellt keine strafbare Steuerordnungswidrigkeit dar. An einer strafbaren leichtfertigen Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung wird es in den überwiegenden Fällen auch solange fehlen, wie der Erbe davon ausgehen durfte, dass die involvierten Gerichte, Behörden und Notare ihren eigenen Anzeigepflichten nachkommen und die Finanzbehörde ihrerseits zur Abgabe einer Schenkung- oder Erbschaftsteuererklärung auffordern werden.

II.      Einkommensteuerrechtliche Erklärungspflichten

Gemäß § 25 Abs. 2 EStG ist jeder (unbeschränkt)Steuerpflichtige zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung für den abgelaufenen Veranlagungszeitraum verpflichtet. Etwas anderes kann sich im Einzelfall ergeben, wenn ausschließlich Einkünfte aus Kapitalvermögen oder lediglich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit im Sinne des § 46 EStG vereinnahmt wurden. Die Steuererklärungspflichten der beschränkt Einkommensteuerpflichtigen ergeben sich aus der Regelung des § 56 EStDV und bedürfen einer konkreten Prüfung des jeweiligen Einzelfalles.

Die vorstehenden einkommensteuerrechtlichen Erklärungspflichten gehen gemäß § 45 AO auf den Erben als Gesamtrechtsnachfolger des Verstorbenen zum Zeitpunkt des Todes über. Im Wege der Erbfolge wird der Erbe selbst Steuerschuldner und „erbt“ auf diesem Wege nicht nur die einkommensteuerrechtlichen Erklärungspflichten sondern auch die Steuerschulden des Verstorbenen. Für diese muss er nicht mit dem Nachlassvermögen sondern auch mit seinem eigenen persönlichen Vermögen haften.

Kommt der Erbe den bis zum Todeszeitpunkt nicht erfüllten einkommensteuerrechtlichen Erklärungspflichten des Erblassers nicht nach, so birgt dies stets das Risiko einer leichtfertigen Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung. Denn gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO macht sich derjenige einer Steuerhinterziehung strafbar, der die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt. Erfolgt dies nur leichtfertig, so liegt eine Steuerordnungswidrigkeit vor, die mit einer Geldbuße bis zu 50.000 € geahndet werden kann.

Berichtigungspflichten der Erben gemäß § 153 AO

Neben die vorstehenden Anzeige- und Erklärungspflichten tritt ggf. die Berichtigungspflicht des Erben gemäß § 153 AO.

Gemäß § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO ist der Steuerpflichtige, der nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist erkennt,

dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist, verpflichtet, dies unverzüglich anzuzeigen und die erforderliche Richtigstellung vorzunehmen.

Die Berichtigungspflicht des § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO gilt zunächst einmal für die durch den Erben selbst eingereichten Erbschafts- und Schenkungsteuererklärungen. Hat der Erblasser selbst jedoch eine unrichtige oder unvollständige Steuererklärung (z. B. Erbschafts-, Einkommens- oder Umsatzsteuererklärungen) abgegeben und erkennt der Erbe dies nachträglich, so muss er, sofern noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist, eine berichtigte Steuererklärung abgeben. Neben seinem Vermögen „vererbt“ der Erblasser somit auch seine steuerrechtlichen Berichtigungspflichten an den Rechtsnachfolger.

Erkennt der Erbe die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der durch den Erblasser abgegebenen Steuererklärung und unterlässt er eine Berichtigung der Erklärung, so kann darin eine strafbare leichtfertige Steuerverkürzung oder eine Steuerhinterziehung liegen. Zwar wird der Rechtsnachfolger nicht für die Steuerunehrlichkeit des Erblassers strafrechtlich zur Verantwortung gezogen, soweit jedoch die unterlassene Berichtigung durch den Erben zu einer Steuerverkürzung geführt hat, ist diese strafbar. Erfolgt eine Berichtigung einer unrichtigen und unvollständigen Steuererklärung des Erblassers bevor die Finanzbehörde von diesem Umstand Kenntnis erlangt, so gilt die Abgabe der Steuererklärung ggf. als strafbefreiende Selbstanzeige nach §§ 371, 378 AO.

Fazit

Der Umfang der steuerrechtlichen Anzeige-, Erklärungs- und Berichtigungspflichten ist sowohl im Falle einer Schenkung sowie im Erbfall ist eine Frage, die in dem Erb- und Schenkungsfall einer näheren Prüfung bedarf. Wird sie vernachlässigt, so droht ein nicht unerhebliches steuer- und steuerstrafrechtliches Gefahrenpotential. Dies hat nicht zuletzt der Kauf der Steuerdaten der Schweizer Banken gezeigt. Viele Erben sehen sich in diesem Zusammenhang mit dem Erfordernis der Nacherklärung oder der Berichtigung von Steuererklärungen konfrontiert. Zählen zum Nachlassvermögen insbesondere auch Bankguthaben im Ausland, so besteht für alle Erben erhöhter Handlungs- und Prüfungsbedarf.

Die Hoffnung, dass Auslandskonten auch in Zukunft unentdeckt bleiben, schwindet, denn der Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen und Abkommen über Informationsaustausch zwischen den Staaten wird zunehmen. So berichteten die Medien in der letzten Woche, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und sein Schweizer Amtskollege Hans Rudolf Merz das neue Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Schweiz grundsätzlich gebilligt haben. Es soll die beiden Länder insbesondere auch zum Informationsaustausch in Steuerfragen nach dem Standard der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) verpflichten.

„Schlicht“ auf den Eintritt der Festsetzungsfrist zu warten, kann keinem Anzeige-, Erklärungs- und Berichtigungspflichtigen ernsthaft empfohlen werden.

 

Verfasser: Rechtsanwalt & Steuerberater Andreas Jahn, Rechtsanwältin Dorothée Gierlich, MEYER-KÖRING, Bonn

 

 

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