16.03.2010

Der Fall

Die Klägerin ist eine rechtsfähige Familienstiftung, deren Zweck darin besteht, den Stifter, dessen Abkömmlinge und die Ehegatten durch Gewährung von „Wohnmöglichkeiten und Lebenshaltungskosten“ in angemessener Weise zu versorgen. Da der Stifter unverheiratet und kinderlos blieb, ist er der einzige Begünstigte der Stiftung.

Der Stifter wendete der Stiftung einen in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG geführten land- und forstwirtschaftlicher Betrieb im Wert von 1 Mio. € zu, um den Hof als ihm vertrauten Lebensmittelpunkt und Wohnsitz zu erhalten. Das Finanzamt setzte daraufhin gegen die Stiftung Schenkungsteuer nach der Steuerklasse III fest. Nach erfolglosem Einspruch wies das Finanzgericht die Klage ab.

Die Entscheidung

Der BFH bestätigte mit Urteil vom 09.12.2009, Az. II R 22/08 die Entscheidung des Finanzgerichts.

Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Dieser Schenkungsteuertatbestand setzt objektiv eine Vermögensverschiebung voraus, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Zuwendenden und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten, subjektiv den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit.

Vorliegend war die Stiftung auf Kosten des Begünstigten objektiv bereichert. Die Stiftung ist Bedachte der Vermögenshingabe, was der Annahme einer nicht der Schenkungsteuer unterliegenden Zuwendung des Begünstigten „an sich selbst“ entgegensteht.

Bei der Prüfung, wer als Zuwendender und Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt ist, kommt es ausschließlich auf die Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise Vermögen oder Einkommen zuzurechnen ist. Die durch anerkanntes Stiftungsgeschäft errichtete Stiftung ist eine mit eigener Rechtsfähigkeit ausgestattete juristische Person, die eine selbständige, nicht an Personen gebundene Vermögensmasse mit eigener Vermögenszuständigkeit bildet (§ 80 BGB). Wegen dieser rechtlichen Selbständigkeit wird mit der Zuwendung das Vermögen der Stiftung und nicht das Vermögen ihrer Begünstigten vermehrt. In der Zuwendung von Stiftungsvermögen an den Begünstigten liegt sodann ein weiterer Verkehrsakt, der schenkungsteuerrechtlich eigenständig zu prüfen ist (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 und 9 ErbStG).

Die Zuwendung an eine Stiftung ist auch dann steuerpflichtig, wenn – wie im Streitfall – der Zuwendende ihr einziger Begünstigter ist. Auch dies führt nicht dazu, dass sein Vermögen mit dem Vermögen der Stiftung verschmilzt, so dass seine Zuwendung an die Stiftung als Zuwendung an sich selbst erschiene. Bei einer nach § 80 BGB rechtsfähigen Stiftung ist das Vermögen kraft ihrer rechtlichen Selbständigkeit vom Vermögen der Begünstigten getrennt. Dies unterscheidet die klagende Stiftung auch von der nach liechtensteinischem Recht errichteten Stiftung, wie sie der BFH-Entscheidung vom 28.06.2007, Az. II R 21/05 (BStBl II 2007, 669) zugrunde lag, bei der dem Zuwendenden aufgrund von Treuhandabreden umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Stiftungsvermögen zustanden, so dass letztlich er allein rechtlich und tatsächlich frei darüber verfügen konnte.

Bei der Zuwendung an eine Stiftung kann es sich handeln um

Die Zuwendung an die Stiftung erfolgte unentgeltlich, da sie nicht mit einer – gleichwertigen – Gegenleistung verknüpft war.

  • Der Begünstigte hat durch die Zuwendung keinen Anspruch gegen die Stiftung auf Rückfluss des zugewendeten Betrags erhalten.
  • Der Erhalt des Hofs als Wohnsitz und Lebensmittelpunkt ist nicht als kausale Gegenleistung anzusehen.
  • Der Fortbestand des zum Stiftungsvermögen gehörenden Hofs lag in erster Linie im Interesse der Stiftung selbst, denn nur durch Bereitstellen dieses Wohnsitzes konnte sie ihren Zweck erfüllen.
  • Die Verpflichtung zur satzungsmäßigen Verwendung des zugewendeten Kapitals mindert die Bereicherung der Stiftung nicht, unabhängig davon, ob
    • darin schon keine Auflage zu sehen ist, weil sie sich aus der Stiftungssatzung und nicht aus der Zuwendung selbst ergibt, oder
    • ihr Abzug durch § 10 Abs. 9 ErbStG ausgeschlossen wird, weil die Auflage der Stiftung selbst zugute kommt, indem sie die Zuwendung für eigene satzungsmäßige Zwecke verwendet (so: BFH-Urteil vom 16.01.2002, Az. II R 82/99).

Hinweis

Wer als alleinstehender Stifter diese steuerlichen Konsequenzen vermeiden möchte, sollte über folgende Alternativen nachdenken:

  • Einbringung des Vermögens in die Stiftung erst von Todes wegen (= Schmälerung des zur Versorgung benötigten (Stiftungs-) Vermögens erst nach dem Tod des Stifters),
  • Einbringung unter Nießbrauchsvorbehalt,
  • Erlangen der Gemeinnützigkeit und damit der Steuerbefreiung der Stiftung unter Ausnutzen des Drittellösung des § 58 Nr. 5 AO zur Versorgung des Stifters und seiner Angehörigen,
  • Errichtung einer zweiten Stiftung (ggf. mit der Vorgabe der Zusammenlegung nach dem Tod des Stifters), die
    • bei der Erstausstattung mit Vermögen als Familienstiftung entweder gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG steuersatzbegünstigt oder
    • als gemeinnützige Stiftung insgesamt steuerbefreit ist (Drittellösung des § 58 Nr. 5 AO beachten!).

[1]      In den Fällen des § 3 Abs. 2 Nr. 1 und des § 7 Abs. 1 Nr. 8 ist der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser oder Schenker zugrunde zu legen, sofern die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien im Inland errichtet ist.

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2022/2023)

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2017-2021)

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