07.02.2010

 

Straffreiheit im Wege der Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige gemäß § 371 AO

Keinem Steuerpflichtigen wird die in den letzten Tagen entstandene mediale Diskussion um den durch die Bundesregierung geplanten Kauf eines Datenträgers, auf dem laut Auskunft der Beteiligten Daten von rund 1.500 Kunden einer Schweizer Bank gespeichert sein sollen, entgangen sein. Von welcher Bank die Kontoinformationen stammen, ist derzeit noch nicht sicher geklärt. Bekannt ist lediglich, dass ein ehemaliger Angestellter des Bankinstituts der Bundesregierung die Daten zum Kauf angeboten und zur Probe einige Datensätze übersendet hat.

Zwischenzeitlich sind auch dem Finanzministerium in Baden-Württemberg rund 2.000 Datensätze, die in Deutschland ansässige Steuerpflichtige betreffen, angeboten worden. Die Daten sollen, so die Presseberichte, von Kunden der Schweizer Banken UBS und Credit Suisse sowie des Lebensversicherers Generali stammen.

Auch Bayern soll jetzt ein Kaufangebot für Daten über mögliche Steuersünder vorliegen. Das Angebot werde derzeit geprüft, wie die bayerische Staatskanzlei bestätigte. Nach Informationen des Magazins „Der Spiegel“ handelt es sich um Daten von Kunden einer kleineren Bank in der Schweiz sowie eines Geldinstituts in Luxemburg. Allein aus Luxemburg sollen Daten von mehr als tausend deutschen Kunden angeboten worden sein.

Viele Steuerpflichtige zeigen sich besorgt, ist doch zum einen noch nicht letztendlich und abschließend höchstrichterlich geklärt, inwieweit die durch die Bundesregierung oder Landesregierungen erworbenen Daten − sollten sie tatsächlich erworben werden − in einem späteren Steuerstrafverfahren verwertet werden können, und zum anderen für Viele derzeit unklar ist, was nun zu tun ist. Vergleichbare Reaktionen und Fragen hatte bereits der frühere Kauf der Daten einer Liechtensteiner Bank durch den BND ausgelöst, in dessen Folge auch gegen den früheren Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Post AG ermittelt und ein steuerstrafrechtliches Verfahren geführt worden war.

Nicht zuletzt die am 18.09.2009 durch den Bundesrat erfolgte Zustimmung zur der Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung und bereits das Urteil des I. Senats des BGH vom 02.12.2008 (Az.: 1 StR 416/08) zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung hatten die mediale Diskussion angeheizt.

Für viele Steuerpflichtige mit Auslandsvermögen stellt sich nun einmal mehr die Frage: „Was tun?“

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die steuerstrafrechtliche Verfolgung des Straftatbestands der Steuerhinterziehung zeitlichen Grenzen unterliegt. So beträgt die Verfolgungsverjährung eines besonders schweren Falles der Steuerhinterziehung − insbesondere bei einer Steuerhinterziehung in großem Ausmaß − zehn Jahre, wobei der Laufzeitbeginn im Einzelfall schwer zu ermitteln sein kann. Nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH soll ein großes Ausmaß erreicht sein, wenn Steuern von mehr 50.000 € hinterzogen worden sind. Bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag muss, so der BGH, eine Freiheitsstrafe der „Normalfall“, eine Geldstrafe die Ausnahme sein. In den übrigen Fällen beträgt die Verfolgungsverjährung fünf Jahre.

Ist der Eintritt der Verfolgungsverjährung ausgeschlossen, so gilt es weitere Überlegungen anzustellen.

Strafbefreiende Selbstanzeige – § 371 AO

Die Abgabenordnung hält mit der strafbefreienden Selbstanzeige gemäß § 371 AO zugunsten des Täters eine Möglichkeit bereit, Straffreiheit zu erlangen. Die strafbefreiende Selbstanzeige ist ihrer Rechtsnatur nach ein persönlicher Strafaufhebungsgrund, der die Straflosigkeit des Täters bewirkt.

Gemäß § 371 Abs. 1 AO bleibt der Täter einer Steuerhinterziehung straffrei, der in den Fällen der Steuerhinterziehung durch unrichtige oder unvollständige Angaben diese bei der Finanzbehörde berichtigt oder ergänzt oder unterlassene Angaben nachholt. Darüber hinaus müssen die hinterzogenen Steuern nachentrichtet werden. Zur Nachzahlung wird dem Täter eine Nachzahlungsfrist durch das zuständige Finanzamt gesetzt. Solange die hinterzogenen Beträge nicht nachgezahlt sind, hat der Täter, der eine Berichtigungserklärung rechtzeitig abgegeben hat, nur eine Anwartschaft auf Straffreiheit erworben.

Die Straffreiheit tritt allerdings gemäß § 371 Abs. 2 AO nicht ein, wenn

  • vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung der Angaben
    • ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung oder zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist oder
    • dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist, oder
  • die Tat im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste.

Dem Inhalt nach müssen die Berichtigungs-, Ergänzungs- oder Nacherklärung grundsätzlich denselben Anforderungen genügen, denen der Anzeigeerstatter bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner steuerrechtlichen Offenbarungspflichten schon früher hätte entsprechen müssen. Insbesondere die von ihm verwirklichten Besteuerungsgrundlagen sind nach Art und Umfang darzulegen.

 

Praxishinweis:

Soll die Straffreiheit für eine begangene Steuerhinterziehung herbeigeführt werden, so ist es zu empfehlen bereits vor der Abgabe der strafbefreienden Selbstanzeige steuerstrafrechtliche Beratung einzuholen, um Anzeigenversäumnissen im Zusammenhang mit der Abgabe der strafbefreienden Selbstanzeige vorzubeugen. Denn insbesondere das schlichte Anerkenntnis der Unrichtigkeit der früheren Erklärungen oder die schlichte Erklärung „Selbstanzeige erstatten zu wollen“ genügen den formellen Anforderungen des § 371 AO nicht. Die formell ordnungsgemäße Anzeige ist jedoch zwingende Voraussetzung für die Straffreiheit.

Wir empfehlen, umsichtig und frühzeitig zu prüfen, ob der Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht worden ist. Denn eine strafbefreiende Selbstanzeige kann nur dann ihre Wirkung entfalten, wenn sie rechtzeitig und vollständig eingereicht wird.

Verfasser: RA & StB Andreas Jahn, RA’in Dorothée Gierlich, MEYER-KÖRING – Bonn

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2022/2023)

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2017-2021)

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