03.01.2010

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 2. Dezember 2009 – XII ZB 207/08 – eine seit langem umstrittene Frage zum Kostenrisiko bei einer Klage trotz freiwilliger Teilleistungen auf den Unterhalt geklärt.

Der Beklagte hat außergerichtlich freiwillige Teilleistungen auf den Kindesunterhalt erbracht. Die Kinder (Klägerinnen) haben den Vater (Beklagten) daraufhin auf den vollen laufenden und rückständigen Kindesunterhalt sowie auf Sonderbedarf verklagt. Der Beklagte hat die Klageforderung teilweise anerkannt sowie Klageabweisung über den Betrag des Anerkenntnisses hinaus beantragt. Das Amtsgericht hat den Beklagten entsprechend seinem Anerkenntnis verurteilt sowie den über das Anerkenntnis hinausgehenden Betrag zum Teil zugesprochen, im Übrigen die Klage allerdings abgewiesen. Mit der Begründung, der Beklagte habe den Prozess überwiegend verloren, hat das Amtsgericht ihm weitgehend die Kosten des Prozesses auferlegt. Der Beklagte hat diese Kostenentscheidung mit der Beschwerde beim Oberlandesgericht angegriffen. Das Oberlandesgericht hat auf die Beschwerde die Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerinnen (die Kinder) geändert. Auf die weitere Beschwerde hat der BGH die Kostenentscheidung des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Kostenentscheidung des Amtsgerichts wiederhergestellt.

Strittig war lediglich, ob der Beklagte durch seine freiwilligen Teilzahlungen auf den Kindesunterhalt Veranlassung zur Klage gegeben hat. Der Beklagte hat den überwiegenden Teil des Kindesunterhalts anerkannt. Grundsätzlich trägt bei einem Anerkenntnis der Anerkennende – also der Beklagte – die Kosten. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Beklagte keinen Anlass zur Klage gegeben hat und die Klageforderung umgehend anerkennt. In diesem (Ausnahme-)Fall trägt der Kläger die Kosten des Verfahrens. Der Beklagte argumentierte, er habe aufgrund seiner freiwilligen Teilzahlungen auf den Kindesunterhalt keine Veranlassung zur Klage gegeben, jedenfalls hätten die Klägerinnen ihn außergerichtlich zur Zahlung des vollen Kindesunterhalts sowie zur Titulierung des vollen Kindesunterhalts auffordern müssen.

Der BGH folgte dieser Argumentation nicht und nahm die Entscheidung zum Anlass, die einzelnen Fälle zur Klageveranlassung zu unterscheiden:

Jeder Unterhaltsgläubiger hat grundsätzlich einen Anspruch auf vollständige Titulierung des Unterhaltsanspruchs, selbst wenn der Schuldner den Unterhalt bisher regelmäßig und rechtzeitig gezahlt hat. Der Unterhaltsschuldner könne jederzeit die Zahlungen einstellen, so dass der Unterhaltsgläubiger ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage habe.

Zahlt der Unterhaltsschuldner regelmäßig und freiwillig den vollen Unterhalt, muss der Unterhaltsgläubiger vor einer Klage den Unterhaltsschuldner außergerichtlich auffordern, den Unterhaltsanspruch titulieren zu lassen. Unterlässt der Unterhaltsschuldner bei einer freiwilligen und vollständigen Zahlung des Unterhalts diese außergerichtliche Aufforderung, kann der Unterhaltsschuldner den Unterhaltsanspruch anerkennen und dem Unterhaltsgläubiger die Kosten des Prozesses auferlegen lassen.

Dies gilt nach der BGH-Entscheidung hingegen nicht, wenn der Unterhaltsschuldner nicht den vollen Unterhalt, sondern lediglich einen Teilbetrag zahlt. In diesem Fall muss der Unterhaltsgläubiger den Unterhaltsschuldner nicht außergerichtlich auffordern, den vollen Unterhalt zu leisten und diesen titulieren zu lassen. Durch die Teilzahlungen gibt der Unterhaltsschuldner – so der BGH – schon Veranlassung zur Klage auf den vollen Unterhalt. Sollte der Unterhaltsschuldner die Klageforderung anerkennen, können die Kosten nicht dem Unterhaltsgläubiger auferlegt werden. Der Unterhaltsschuldner hat Veranlassung zur Klage gegeben und daher auch die Kosten des Verfahrens zu tragen.

In der zugrundeliegenden Entscheidung hatte der Vater lediglich Teilleistungen auf den geschuldeten Unterhalt erbracht, so dass er Veranlassung zur Klage gegeben hat. Er konnte daher nicht sofort mit der Folge anerkennen, dass die Klägerinnen (die Kinder) die Kosten des Rechtstreites überwiegend zu tragen haben, sondern muss die Kosten selbst tragen.

Fazit: Es ist erfreulich, dass der BGH mit diesem Beschluss die Streitfrage zum Kostenrisiko bei sofortigem Anerkenntnis geklärt hat. Die Praxis kann sich nunmehr darauf einstellen, in welchen Fällen außergerichtlich eine Aufforderung notwendig ist und in welchen Fällen umgehend geklagt werden kann. Unabhängig von dem Beschluss dürfte es allerdings im Regelfall empfehlenswert sein, den Unterhaltsschuldner außergerichtlich zur Zahlung des vollen Unterhalts sowie zur Titulierung aufzufordern. Auf diesem Wege können die Unterhaltsgläubiger häufig schneller zu Titeln gelangen als durch eine Klage.

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