Kündigungen müssen bekanntlich nach § 4 Satz 1 KSchG innerhalb von drei Wochen durch Klage angegriffen werden. Versäumt der Arbeitnehmer diese Klagefrist, gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam mit der Folge, dass eine verspätet erhobene Kündigungsschutzklage als unbegründet abgewiesen werden muss. Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass die dreiwöchige Klagefrist trotz des zunächst eindeutig erscheinenden Wortlautes nicht auf sämtliche Unwirksamkeitsgründe Anwendung findet (BAG, Urt. v. 26.3.2009 – 2 AZR 403/07). Kündigt insbesondere ein Vertreter ohne Vertretungsmacht, beginnt die dreiwöchige Klagefrist erst dann zu laufen, wenn der Arbeitgeber die ausgesprochene Kündigung (nachträglich) genehmigt.
Der Fall (verkürzt):
Der klagende Arbeitnehmer war als Mietwagenfahrer beschäftigt. Über das Vermögen seines Arbeitgebers wurde am 1. April 2004 um 11.15 Uhr das Insolvenzverfahren eröffnet. Am gleichen Tag abends um 18.00 Uhr erhielt der Kläger eine auf dem Briefpapier seines Arbeitgebers (der Insolvenzschuldnerin) gefertigte und vom Geschäftsführer der Schuldnerin unterschriebene fristlose Kündigung. Der Insolvenzverwalter hat im späteren Verfahren ausdrücklich erklärt, er habe das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt und dem Geschäftsführer auch keine Vollmacht zum Ausspruch einer Kündigung erteilt. Der Kläger machte bereits bei der Übergabe des Kündigungsschreibens geltend, der Geschäftsführer könne über die Kündigung wegen der Insolvenz nicht mehr selbst entscheiden.
Gegen die Kündigung erhob er am 28. April 2004 Klage beim Arbeitsgericht und vorsorglich beantragte er die nachträgliche Zulassung seiner Kündigungsschutzklage.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht hat im Revisionsverfahren die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
I. Dreiwöchige Klagefrist
Will ein Arbeitnehmer geltend machen, eine Kündigung sei sozial ungerechtfertigt oder aus „anderen Gründen“ rechtsunwirksam, muss er gem. § 4 Satz 1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigungserklärung beim Arbeitsgericht Klage auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung aufgelöst worden ist. Durch die Verweisung in § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG gilt die dreiwöchige Klagefrist auch bei außerordentlichen Kündigungen. Wird die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht, gilt die Kündigung gem. § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam mit der Folge, dass eine verspätet erhobene Kündigungsschutzklage als unbegründet abgewiesen werden muss.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben in diesem Sinne entschieden, dass der Kläger die Kündigung vom 1. April 2004 nicht rechtzeitig mit seiner Klage vom 28. April vor dem Arbeitsgericht angegriffen hat und sie deshalb als von Anfang an rechtswirksam gilt. Die Tatsache, dass die Kündigung nicht vom allein kündigungsberechtigten Insolvenzverwalter ausgesprochen wurde, ändere hieran nichts.
II. Klagefrist gilt nicht bei Kündigung durch Vertreter ohne Vertretungsmacht
Das Bundesarbeitsgericht hat sich hingegen im Revisionsverfahren der in der Literatur ganz überwiegend vertretenen Auffassung angeschlossen, wonach die dreiwöchige Klagefrist trotz des zunächst eindeutig erscheinenden Wortlautes nicht auf sämtliche Unwirksamkeitsgründe Anwendung findet. Insbesondere bei einer Kündigung durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht sei die dreiwöchige Klagefrist nicht anzuwenden. Kündige nämlich der „falsche“ Arbeitgeber oder erfolge die Kündigung generell durch einen Nichtberechtigten ohne vorherige Einwilligung des Arbeitgebers, greife die dreiwöchige Klagefrist nicht. Diese Frist diene dem Schutz des Arbeitgebers und setze daher eine dem Arbeitgeber zurechenbare Kündigung voraus.
III. Fristbeginn aber ab Genehmigung
Die von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht ausgesprochene Kündigung kann allerdings (nachträglich) genehmigt werden. Der Arbeitgeber kann sich die Kündigung zu Eigen machen. Kommt es zu dieser Genehmigung, ist die Kündigung dem Arbeitgeber zurechenbar. Ab diesem Zeitpunkt beginnt dann die dreiwöchige Klagefrist auch zu laufen.
Im vorliegenden Fall hätte bspw. der Insolvenzverwalter die Kündigung eine Woche nach Ausspruch durch den nicht mehr berechtigten Geschäftsführer genehmigen können. Die dreiwöchige Klagefrist hätte dann eine Woche später ab dem Zeitpunkt der Genehmigung an zu laufen begonnen. Eine Genehmigung erfolgte aber hier gerade nicht.
Fazit:
Die dreiwöchige Klagefrist dient dem Schutz des Arbeitgebers. Er soll nach Ablauf der drei Wochen darauf vertrauen dürfen, dass „seine“ Kündigung das Arbeitsverhältnis aufgelöst hat. Kann die Kündigungserklärung aber dem Arbeitgeber nicht zugerechnet werden, ginge dieser Gesetzeszweck ins Leere. Die Klagefrist greift daher erst mit einer (nachträglichen) Genehmigung.
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