Leitsatz:
Der von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz, nach dem sich der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft einen Pensionsanspruch regelmäßig nur erdienen kann, wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand noch ein Zeitraum von mindestens 10 Jahren liegt, gilt sowohl für Erstzusagen einer Versorgungsanwartschaft als auch für nachträgliche Erhöhungen einer bereits erteilten Zusage (BFH-Urteil vom 23.9.2008, Az. I R 62/07).
Steuerliche Anerkennung von Pensionszusagen
Damit Pensionszusagen steuerlich anerkannt werden, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Beispielsweise müssen bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern (Personen, die mittels ihrer Stimmrechte den entscheidenden Beschluss durchsetzen können) zwischen dem Zeitpunkt der Zusagenerteilung und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand grundsätzlich mindestens 10 Jahre liegen (sog. Erdienbarkeit). Ohne diese Erdienbarkeit nimmt die Finanzverwaltung im Regelfall eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) an. Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung versteht man eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch eine Vorteilsgewährung an einen Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person eintritt und nicht auf einem Gewinnverteilungsbeschluss der Gesellschaft beruht. Sie muss ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis haben und sich auf die Höhe des Einkommens der Kapitalgesellschaft auswirken. Die vGA ist dann, soweit sie sich in der Steuerbilanz ausgewirkt und demgemäß den Unterschiedsbetrag gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG gemindert hat, dem Gewinn der Gesellschaft außerhalb der Bilanz hinzuzurechnen
Ob eine Pensionszusage durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst ist, muss vorrangig das FG anhand aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles beurteilen. Dabei muss es u.a. prüfen, ob die begünstigte Person während der ihr voraussichtlich verbleibenden Dienstzeit den Versorgungsanspruch noch erdienen kann. Das ist im Allgemeinen nicht anzunehmen, wenn die Zusage einem Gesellschafter-Geschäftsführer erteilt wurde und dieser im Zusagezeitpunkt das 60. Lebensjahr vollendet hatte (BFH v. 23. 7. 2003, I R 80/02, BFHE 203, 114, BStBl II 2003, 926, DStR 2003, 2012) oder wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand nur noch eine kurze Zeitspanne liegt, in der der Versorgungsanspruch vom Begünstigten nicht mehr erdient werden kann (BFH v. 28. 6. 2005, I R 25/04, BFH/NV 2005, 2252, m. w. N.). In solchen Fällen ist prinzipiell davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Interesse der Gesellschaft von der Erteilung einer Pensionszusage abgesehen hätte. Es liegt dann regelmäßig eine vGA vor.
Der entschiedene Fall: Aufstockung einer bestehenden Pensionszusage
Im vom Bundesfinanzhof zu beurteilenden Sachverhalt erhielt ein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer eine Pensionszusage, die nach ca. 15 Jahren aufgestockt wurde. Da der Gesellschafter-Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Aufstockung nur noch acht Jahre und elf Monate bis zum Pensionsalter von 65 Jahren arbeiten musste, würdigte das Finanzamt die Erhöhung als verdeckte Gewinnausschüttung.
Diese Auffassung vertritt auch der Bundesfinanzhof, der damit das Urteil des Finanzgerichts Münster aufhob. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass Erstzusagen auf eine Versorgungsanwartschaft und nachträgliche Erhöhungen grundsätzlich eigenständig auf das Merkmal der Erdienbarkeit hin zu prüfen sind. Dabei ist in beiden Fällen derselbe Maßstab zugrunde zu legen. Die Richter führten aus, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einem Nichtgesellschafter eine erteilte Pensionszusage in der Regel nur dann erhöhen würde, wenn er noch mindestens zehn Jahre für die Gesellschaft tätig sein würde.
Ausnahme:
Allerdings kann diese Zehnjahresfrist mangels eindeutiger gesetzlicher Vorgaben nicht im Sinne einer allgemein gültigen zwingenden Voraussetzung verstanden werden (BFH v. 24. 4. 2002, I R 43/01, BFHE 199, 157, BStBl II 2003, 416, DStR 2002, 1854; in BFHE 203, 114, BStBl II 2003, 926, DStR 2003, 2012; BFH in BFH/NV 2005, 2252, BeckRS 2005, 25008670). Ist aufgrund der Gegebenheiten des Einzelfalles anderweitig sichergestellt, dass mit der Zusage die künftige Arbeitsleistung des Geschäftsführers abgegolten werden soll, ist dies deshalb auch dann anzunehmen, wenn die besagten Zeiträume nicht erreicht werden (BFH, Beschl. vom 28.06.2005 – I R 25/04 (NV), BFH/NV 2005, 2252, BeckRS 2005, 25008670, m. w. N. ). In dieser letzten Entscheidung heißt es hierzu im zweiten Leitsatz:
„Die jährlichen Zuführungen zu der Pensionsrückstellung stellen beim Vorliegen der übrigen Voraussetzungen von dem Zeitpunkt an, in dem das Versorgungsalter auf einen zehnjährigen Erdienenszeitraums (hier: das 70. Lebensjahr) hinausgeschoben wird, keine vGA mehr dar.“
Hinweis: Ausnahmen von diesem Grundsatz bedürfen einer besonderen Begründung, z.B. wenn dem Geschäftsführer ein Festbetrag als Pension zugesagt wurde, der sich aufgrund erheblicher Steigerung der Lebenshaltungskosten als unzureichend für die Alterssicherung herausstellt.
Auszeichnungen
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2022/2023)
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2021)
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