Ein Pflichtteilsberechtigter ist auf die Auskünfte der Erben zum Nachlass angewiesen, um seinen Anspruch beziffern zu können. Es liegt nahe, dass die Auskünfte der Erben häufig unvollständig oder unrichtig sind. Das Gesetz räumt dem Pflichtteilsberechtigten daher einen Anspruch auf Vorlage ein notarielles Nachlassverzeichnis ein, das eine höhere Richtigkeitsgewähr bieten soll. Welchen Anforderungen dieses Verzeichnis entsprechen muss, ist im Einzelnen umstritten. Das Oberlandesgericht Saarland hatte im April diesen Jahres über einen solchen Fall zu entscheiden.
Der Fall:
Die Erben waren rechtskräftig verurteilt worden, den Pflichtteilsberechtigten Auskunft über die Zusammensetzung des Nachlasses durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erteilen. Die Erben legten daraufhin ein von einem Notar erstelltes Nachlassverzeichnis vor. Der Notar hatte sich allerdings bei der Erstellung des Verzeichnisses allein auf Angaben der Erben sowie eine Einsichtnahme in Grundbuchunterlagen gestützt. Eigenständige Ermittlungen bzgl. der Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Angaben hatte er nicht angestellt. Die Pflichtteilsberechtigten beantragten, die Erben durch Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.000,00 € dazu anzuhalten, ein ordnungsgemäßes notarielles Nachlassverzeichnis vorzulegen. Diesem Antrag folgte das Landgericht Saarbrücken.
Die Entscheidung:
Die gegen den Beschluss des Landgerichts eingelegte sofortige Beschwerde wies das Oberlandesgericht Saarland zurück. Das Oberlandesgericht betonte, ein notarielles Nachlassverzeichnis solle gegenüber einem von den Erben selbst erstellten Nachlassverzeichnis eine höhere Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit bieten. Diesen Anforderungen genüge das Verzeichnis nur dann, wenn der Notar den Nachlassbestand selbst und eigenständig – wenn auch zunächst ausgehend von den Angaben der Erben – ermittelt hat und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringt, für den Inhalt verantwortlich zu sein. Der Notar dürfe sich nicht darauf beschränken, lediglich die Angaben des Erben wiederzugeben und die von diesem vorgelegten Belege auf Plausibilität zu prüfen und zwar auch dann nicht, wenn er die Erben über ihre Vollständigkeits- und Wahrheitspflicht belehrt hat.
Hinweis für die Praxis:
Es ist häufig äußerst schwierig, einen Notar dazu zu bewegen, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen, das den gesetzlichen Anforderungen genügt. Die Nachlasszusammensetzung eigenständig zu ermitteln, ist äußerst arbeitsintensiv und bringt wenig Geld. Das Urteil des Oberlandesgerichts zeigt, dass dies für die Erben äußerst teuer werden kann. Es empfiehlt sich für die Erben also, bereits während der Notar das Verzeichnis errichtet, darauf zu achten, dass dieser eigenständig Ermittlungen anstellt und ihm dies auch zu ermöglichen, bspw. durch Erteilen entsprechender Vollmachten. Der Pflichtteilsberechtigte sollte sich demgegenüber nicht mit einem notariellen Nachlassverzeichnis zufrieden geben, das lediglich dasjenige wiedergibt, was die Erben dem Notar mitgeteilt haben – und zwar auch dann nicht, wenn der Notar den Erben die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Angaben an Eides statt hat versichern lassen.
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