Kündigungen im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang sind für die klagende Partei mit besonderen Risiken verbunden. Der Arbeitnehmer muss sich bei einer Kündigung nämlich genau darüber im Klaren sein, wen er verklagen möchte: Den bisherigen Arbeitgeber (Betriebsveräußerer) oder den neuen Arbeitgeber (Betriebserwerber). Richtet sich die Klage gegen den falschen Arbeitgeber, ist die Klage unschlüssig. Mit einer solchen Fallkonstellation hatte sich nun das Landesarbeitsgericht Nürnberg zu befassen (LAG Nürnberg, Urteil v. 05.10.2011 – 2 Sa 765/10).
Der Fall (verkürzt):
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.
Die klagende Arbeitnehmerin war seit 1. September 2009 bei der im Sommer 2009 neu gegründeten Beklagten als Reinigungskraft beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag gilt das Arbeitsverhältnis kündigungsrechtlich bereits seit dem 17. September 1990 als bestehend. Seit diesem Zeitpunkt bis zu ihrem Wechsel zur Beklagten war die Klägerin bei der Hotelbetriebsgesellschaft mbH ebenfalls als Reinigungskraft beschäftigt. Tätigkeit und Ort der zu erbringenden Arbeitsleistung änderte sich mit dem Wechsel zur Beklagten zum 1. September 2009 nicht.
Dieser neue Arbeitgeber war kündigungsschutzrechtlich ein Kleinbetrieb und kündigte der Arbeitnehmerin nur wenige Monate später fristgerecht zum 31. Juli 2010. Gegen diese Kündigung erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung, es handele sich um einen Kleinbetrieb, abgewiesen.
Im Anschluss an das Urteil widersprach die Arbeitnehmerin einem Betriebsübergang auf ihren jetzigen Arbeitgeber. In einem weiteren Rechtsstreit machte sie nun zusätzlich die Weiterbeschäftigung bei ihrem früheren Arbeitgeber, der Hotelbetriebsgesellschaft mbH, geltend.
Die Entscheidung:
Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls die Klage abgewiesen bzw. die Berufung zurückgewiesen.
I. Wirkungen eines Widerspruchs auf das Kündigungsschutzverfahren
Rechtsfolge des zulässigen nachträglichen Widerspruchs nach § 613a Abs. 6 BGB ist, dass das Arbeitsverhältnis zu keinem Zeitpunkt auf den neuen Betriebsinhaber übergeht. Die zwischenzeitliche Arbeitsleistung bei dem neuen Betriebsinhaber erbringt der Arbeitnehmer lediglich auf der Grundlage eines faktischen Arbeitsverhältnisses. Mit dem Ausspruch des wirksamen Widerspruches behauptet die Klägerin daher gleichzeitig, dass mit der Beklagten nie ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Streitgegenstand einer Kündigungsschutzklage ist jedoch, dass ein im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestehendes Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet worden ist. Besteht zum Kündigungszeitpunkt, gleich aus welchem Grund, kein Arbeitsverhältnis mehr, ist die Klage daher als unbegründet abzuweisen, ohne dass es auf die Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung noch ankäme.
Auch die Klage hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsanspruchs wurde unschlüssig, da auch der Weiterbeschäftigungsanspruch zumindest die schlüssige Behauptung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses voraussetzt. Damit hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt als unbegründet abgewiesen.
II. Rechtsstreit gegen den Altarbeitgeber
Die Arbeitnehmerin wird dadurch nicht gänzlich schutzlos gestellt. Der wirksame nachträgliche Widerspruch führte zwar dazu, dass zum Betriebserwerber zu keinem Zeitpunkt ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Zugleich wird damit aber festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsveräußerer fortbesteht. Zu diesem Zweck hat die Arbeitnehmerin zutreffend ein weiteres Verfahren angestrengt, gerichtet auf Weiterbeschäftigung bei ihrem Altarbeitgeber.
Fazit:
Die prozessualen Fallstricke bei einem Betriebsübergang müssen beachtet werden. Andernfalls kann es zu empfindlichen Rechtsverlusten kommen. Im Zweifelsfalle sind sowohl Betriebserwerber als auch Betriebsveräußerer zu verklagen. Damit wahrt man regelmäßig alle seine Rechte. In jedem Fall sollte man im laufenden Kündigungsschutzverfahren die Ausübung des Widerspruchsrechtes nicht voreilig entscheiden. Eine erfolgreiche Klage kann allein durch einen nachträglichen Widerspruch unschlüssig werden.
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