07.10.2012

Mit Urteil vom 20.06.2012 (Az.: IX R 67/10) hat der BFH seine langjährige Rechtsprechung zur beschränkten Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geändert. Bislang hatte der BFH die Auffassung vertreten, dass Schuldzinsen, die der Steuerpflichtige auch noch nach der Veräußerung des Immobilienobjektes an das Kreditinstitut zahlt, nicht als (nachträgliche) Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Der BFH begründete seine Rechtsprechung stets mit einem Verweis auf den notwendigen Veranlassungszusammenhang von Schuldzinsen und den gezogenen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Fehle ein objektiver Zusammenhang der Aufwendung (Schuldzinsen) zu der Überlassung eines Vermietungsobjektes zur Nutzung und die dazu korrespondierende Vermietungsabsicht, so fehle der Zahlung der Schuldzinsen der notwendige wirtschaftliche Zusammenhang zu den steuerpflichtigen Einkünften. Diese Rechtsprechung gab der BFH nun auf. Für Steuerpflichtige wichtig ist die Bedingung, die der BFH zur Voraussetzung der Abzugsfähigkeit macht. Schuldzinsen sind nur dann als (nachträgliche) Werbungskosten zu qualifizieren, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können.

Der Fall

Der Kläger erwarb im Jahr 1994 ein Immobilienobjekt zu einem Kaufpreis von rund 1,8 Mio. Euro. Einen Teilbetrag in Höhe von rund 1,4 Mio. Euro finanzierte der Kläger über Darlehen.

Im Jahr 2001 veräußerte der Kläger das Objekt und erzielte einen Veräußerungsbetrag in Höhe von rund 1.073.000,00 €. Es ergab sich unter Berücksichtigung der Veräußerungskosten ein Veräußerungsverlust von rund 792.000,00 €. Der zur Veräußerung erzielte Erlös reichte jedoch nach den Feststellungen des FG nicht aus, um das noch offenstehende Darlehen zum Zeitpunkt der Veräußerung abzulösen. Der Kläger begehrte für das Streitjahr 2004 die Berücksichtigung der von ihm aufgewendeten (nachträglichen) Schuldzinsen in der Einkommensteuererklärung 2004.

Die Entscheidung

Der BFH gab dem Kläger unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit nachträglicher Schuldzinsen bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung recht. Die Schuldzinsen für ein Darlehen, das ursprünglich zur Finanzierung von Anschaffungskosten einer zur Vermietung bestimmten Immobilie aufgenommen wurde, sind grundsätzlich auch dann noch als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig, wenn das Gebäude veräußert wird und der Veräußerungserlös nicht ausreicht, um die zu diesem Zeitpunkt noch bestehende Darlehensverbindlichkeit zu tilgen.

Im Wesentlichen begründet der BFH seine Rechtsprechungsänderung mit der von dem Gesetzgeber im Zusammenhang mit dem Erlass des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 getroffenen Entscheidung, auch Wertsteigerungen im Privatvermögen der Besteuerung zu unterwerfen. Bisher hatte der BFH die fehlende Abzugsfähigkeit nachträglicher Schuldzinsen damit gerechtfertigt, dass ein nicht steuerbarer Veräußerungsvorgang den ursprünglich gegebenen Veranlassungszusammenhang zwischen Werbungskosten und Einkünfteerzielung eliminiere. Habe der Gesetzgeber aber die Entscheidung getroffen, Veräußerungsgewinne im Privatvermögen (weitgehend) der Besteuerung zu unterwerfen, so müsse auch der Abzug nachträglicher Finanzierungsaufwendungen, die ihren Ursprung in der Finanzierung des Privatvermögens haben, das steuerpflichtig veräußert wird, auch noch nachträglich abzugsfähig sein. Ein nachträglicher Schuldzinsenabzug rechtfertige sich daher aufgrund der „nachlaufenden“ Steuerverstrickung, die ihren Ursprung in der Einkünfteerzielungsabsicht, die Motiv für die Aufnahme des Darlehens gewesen sei.

Der BFH bejaht die Fortwirkung des ursprünglich einmal gesetzten Veranlassungszusammenhanges jedoch nur unter der Bedingung, dass der erzielte Veräußerungserlös nicht ausreicht, um das ursprünglich zur Anschaffung des Immobilienobjektes aufgenommene Darlehen zum Zeitpunkt der Veräußerung mit Hilfe des Veräußerungserlös abzulösen.

Eine weitere Ausnahme (keine Abzugsfähigkeit) soll Geltung haben, wenn der Steuerpflichtige zwar ursprünglich mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hatte – Darlehensaufnahme mit einer auf Dauer angelegten Vermietungsabsicht –, seine Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung jedoch bereits vor der Veräußerung des Immobilienobjektes aus anderen Gründen aufgab hat.

Im Übrigen ließ der BFH ganz ausdrücklich offen, ob und inwieweit darüber hinaus überlagernde private Motivationen den Schluss rechtfertigen können, dass nachträgliche Schuldzinsen nicht mehr durch die ursprünglich zu Vermietungszwecken aufgenommene Schuld ausgelöst sind.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BFH ist zu begrüßen. Denn der IX. Senat zieht mit seiner Entscheidung vom 20. Juni 2012 mit der vom X. Senat vertretenen Rechtsauffassung gleich. Der X. Senat hatte bereits 2007 (Az.: X R 15/04) entschieden, dass im Falle der Betriebsaufgabe Schuldzinsen für betrieblich begründete Verbindlichkeiten insoweit als nachträgliche Betriebsausgabe zu qualifizieren sind, als die zugrunde liegenden Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe nicht durch eine mögliche Verwertung von Aktivvermögen beglichen werden können.

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