15.10.2013 -

Schwerbehinderte werden bekanntlich besonders geschützt. Dies wirkt sich aus arbeitsrechtlicher Sicht nicht nur bei Kündigungen, sondern auch bei Einstellungen und Beförderungen aus. So ist bei einer Stellenbesetzung die Schwerbehindertenvertretung insbesondere dann zu beteiligen, wenn sich ein schwerbehinderter Mensch um die Stelle beworben hat. Dies gilt nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich auch dann, wenn sich sowohl der gewählte Schwerbehindertenvertreter als auch ein schwerbehindertes stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung um die gleiche Stelle bewerben (BAG, Urteil v. 22.08.2013 – 8 AZR 574/12).

Der Fall:

Bei der Beklagten, einer Spielbank, waren zwei Beförderungsstellen ausgeschrieben. Darauf bewarben sich auch der bei der Beklagten gewählte Schwerbehindertenvertreter und der Kläger, der selbst schwerbehindert und zudem stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung ist. Die Beklagte teilte dem Schwerbehindertenvertreter mit, dass sie wegen der aus ihrer Sicht bestehenden Interessenkollision weder ihn noch den Kläger als seinen Stellvertreter an der Auswahlentscheidung beteiligen werde und entschied sich schließlich für zwei andere Kandidaten. Der Kläger sah sich bei der Auswahlentscheidung als schwerbehinderter Mensch diskriminiert und wertete die unterlassene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung als Zeichen dafür. Seine Klage wurde von den Vorinstanzen abgewiesen.

Die Entscheidung:

Im Revisionsverfahren hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die Schwerbehindertenvertretung nach § 81 SGB IX hätte beteiligt werden müssen. Eine Entschädigung hat es dem Kläger jedoch nicht zugesprochen, sondern die Sache zur weiteren Aufklärung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Pflicht zur Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung auch bei Interessenkollision

Nach diesem Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist die Schwerbehindertenvertretung selbst dann anzuhören, wenn sich der Schwerbehindertenvertreter und sein Stellvertreter auf eine Stelle bewerben. Der Arbeitgeber kann sich nicht von sich aus auf das Vorliegen eines Interessenkonflikts berufen. Ausnahmsweise ist es zwar möglich, die Schwerbehindertenvertretung bei Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen nicht zu beteiligen. Dies setzt aber voraus, dass der schwerbehinderte Bewerber die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich ablehnt. Als Folge daraus ergibt sich nach § 81 Abs. 1 S. 10 SGB IX, dass die Schwerbehindertenvertretung in diesem speziellen Fall nicht zu beteiligen ist.

Hinweis für die Praxis:

Mit dieser Entscheidung stärkt das Bundesarbeitsgericht die Rechte der schwerbehinderten Menschen, denn der Arbeitgeber darf selbst bei einer Interessenkollision nicht über die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung entscheiden. Vielmehr bleibt es allein dem schwerbehinderten Bewerber überlassen, ob er bei einer Interessenkollision die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ablehnen will. Dem Arbeitgeber ist vor dem Hintergrund dieser Entscheidung zu empfehlen, sich zu Beweiszwecken die Ablehnung schriftlich geben zu lassen. Kommt es zum Streit über eine mögliche Diskriminierung wegen der nicht erfolgten Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung, kann der Arbeitgeber auf diese Weise nachweisen, dass der ausdrückliche Wunsch des schwerbehinderten Bewerbers dazu bestand. Ferner ist zu beachten, dass der schwerbehinderte Bewerber die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung auch dann ablehnen kann, wenn keine Interessenkollision besteht.

Verfasser: Daniel Apelt (Rechtsanwalt, Büro Bonn)

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