24.11.2014 -

Ein Geschäftsführer wird regelmäßig auf Basis eines Geschäftsführer-Dienstvertrages für das Unternehmen tätig. Bei diesem Geschäftsführer-Dienstvertrag handelt es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis. Immer wieder kommt es zu Streitigkeiten vor den Arbeitsgerichten in diesem Zusammenhang, vor allem dann, wenn der Geschäftsführer vor seiner Organtätigkeit bereits als Arbeitnehmer für das Unternehmen tätig war. Dann wird meist im Falle einer Abberufung als Geschäftsführer mit einem noch ruhenden Arbeitsverhältnis argumentiert, das mit der Abberufung wieder auflebt. Hier hatte sich nun das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern in einer aktuellen Entscheidung mit einer speziellen Fallkonstellation zu befassen (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 27.11.2013 – 3 Sa 116/13). Wir möchten die Entscheidung zum Anlass nehmen, um die Praxis auf diese Problematik hinzuweisen.

Der Fall:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer von dem beklagten Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung eines „Anstellungsvertrages“.

Am 8. Oktober 2003 schloss der Kläger mit der Firma K.N. GmbH & Co. KG einen Anstellungsvertrag, der in der Präambel wie folgt lautet:

Herr A. tritt mit Wirkung zum 20. Oktober 2003 als leitender Angestellter in die Gesellschaft ein. Nach erfolgreicher Absolvierung der Probezeit ist per 1. April 2004 die Berufung zum kaufmännischen Geschäftsführer vorgesehen. Durch den nachstehenden Anstellungsvertrag regeln die Parteien die beiderseitigen Rechte und Pflichten, die aus der Bestellung ab dem 1. April 2004 resultieren. Die Aufgaben während der Einarbeitungs- und Probezeit werden in einer separaten Anlage zum Vertrag geregelt.“

Der Kläger wurde schon zum 15. Januar 2004 zum Geschäftsführer bestellt. Im Jahre 2012 wurde er als Geschäftsführer abberufen und von der Verpflichtung zur Erbringung seiner vertraglich geschuldeten Leistung gegen Fortzahlung der Bezüge bis zum Ablauf der Kündigungsfrist freigestellt. Gegen die am 12. Juli 2012 erhaltene Kündigung hat er sich vor dem Arbeitsgericht Rostock klageweise gewehrt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen sei zwar eröffnet; der Kläger sei zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung aber nicht Arbeitnehmer gewesen, da das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis kein Arbeitsverhältnis gewesen sei.

Die Entscheidung:

Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt.

I. Zuständigkeit Arbeitsgerichte

In Einzelfällen kann zwar auch ein Geschäftsführer-Dienstvertrag als Arbeitsverhältnis zu werten sein. Im Regelfall ist dies jedoch nicht der Fall. Der Geschäftsführer-Dienstvertrag ist kein Arbeitsverhältnis. Der Geschäftsführer ist damit auch kein Arbeitnehmer (vgl. auch § 5 Abs. 1 ArbGG). Damit sind im Grundsatz die Arbeitsgerichte für Geschäftsführerstreitigkeiten nicht zuständig, § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG. Hier war der Kläger aber zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bereits als Geschäftsführer abberufen. Der Kläger hatte sich auf ein bestehendes Arbeitsverhältnis berufen. In dieser speziellen Konstellation liegt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein sogenannter sic-non-Fall. Insoweit war die Klage nicht schon als unzulässig abzuweisen, sondern das Arbeitsgericht musste sich mit der Frage beschäftigen, ob ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestand.

II. Ruhendes Arbeitsverhältnis

Ein Arbeitsverhältnis mit einem Geschäftsführer kann insbesondere dann vorliegen, wenn es sich um ein sogenanntes ruhendes Arbeitsverhältnis handelt. Dies ist dann der Fall, wenn der Geschäftsführer vor seiner Bestellung zum Organ der Gesellschaft bereits als Arbeitnehmer beschäftigt wurde und man sich dann erst später auf eine Tätigkeit als Geschäftsführer verständigt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird ein vorher bestehendes Arbeitsverhältnis bei einer solchen Statusänderung nur dann insgesamt aufgehoben, wenn ein neuer Geschäftsführer-Dienstvertrag schriftlich vereinbart wird. In einem solchen Fall endet mit dem Neuabschluss des Geschäftsführer-Dienstvertrages gleichzeitig auch ein früheres Arbeitsverhältnis, wenn nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wird.

Hier lag die Besonderheit nun darin, dass die Parteien zunächst ein Arbeitsverhältnis als leitender Angestellter begründet hatten und in diesem Vertrag schon bestimmt war, dass der Vertrag bereits die Rechte und Pflichten als Geschäftsführer regeln sollte. Hierauf berief sich der Geschäftsführer. Er argumentierte damit, dass dieser ursprüngliche Arbeitsvertrag nicht nochmals durch einen neuen Geschäftsführer-Dienstvertrag aufgehoben wurde, sondern fortbestand. Dem ist jedoch das Landesarbeitsgericht mit zutreffenden Argumenten entgegengetreten. Die Parteien hatten bereits schriftlich die Beendigung eines ggf. anzunehmenden Arbeitsverhältnisses mit der Bestellung zum Geschäftsführer fixiert. Ein fortbestehendes Arbeitsverhältnis war nicht gewollt. Damit konnte sich der Geschäftsführer auch nicht auf ein ruhendes und fortbestehendes Arbeitsverhältnis berufen.

Hinweis für die Praxis:

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Trotz vertraglicher Regelungen mussten sich aber erst zwei Gerichte mit der Frage eines ruhenden Arbeitsverhältnisses befassen. Für die Praxis wird daraus deutlich, dass bei der Begründung eines Geschäftsführer-Dienstvertrages klare schriftliche Regelungen notwendig sind, inhaltlich verständlich und eindeutig. Vor allem in Fällen, in denen der Geschäftsführer vorher als Arbeitnehmer beschäftigt wurde, muss dieser ursprüngliche Arbeitsvertrag ausdrücklich beendet werden, um jegliche Unsicherheiten für das Unternehmen zu vermeiden. Den Parteien bleibt es allerdings unbenommen, etwas anderes zu vereinbaren. Bei fehlenden Vereinbarungen gehen die Gerichte aber im Zweifel von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus.

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