26.02.2015 -

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass die Einkünfte einer GbR, die hauptsächlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt und daneben in geringem Umfang eine gewerbliche Tätigkeit ausübt, dann nicht insgesamt zu gewerblichen Einkünften umqualifiziert werden (sog. Abfärbewirkung), wenn die gewerblichen Umsätze eine Bagatellgrenze in Höhe von 3 % der Gesamtnettoumsätze und zusätzlich den Betrag von 24.500,00 € im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen.

Problemaufriss:

Erbringen die Gesellschafter einer Personengesellschaft ihre Leistungen teilweise freiberuflich und zum Teil gewerblich, so ist ihre Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) insgesamt als gewerblich zu qualifizieren. Dies gilt grundsätzlich für alle Einkünfte, auch wenn die gewerbliche Tätigkeit nur einen geringfügigen Anteil darstellt. Nach der bisherigen Rechtsprechung trat die abfärbende Wirkung nicht ein, sofern der gewerbliche Umsatz maximal 1,25 % der Gesamteinnahmen betrug. Eine Entscheidung, dass höhere gewerbliche Umsätze immer zum Eintritt der Abfärbewirkung führen, war damit aber nicht getroffen. Von dem Urteil sind Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) und Partnerschaftsgesellschaften betroffen. Die Entscheidung ist damit vor allem für Berufsausübungsgemeinschaften und Medizinische Versorgungszentren (MVZ) relevant, da insoweit die Gefahr besteht, dass sämtliche Gewinne durch eine auch nur geringfügige gewerbliche Tätigkeit „infiziert“ werden und somit der Gewerbesteuer unterliegen. Gewerbliche Einkünfte werden z.B. durch den Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln, Hilfsmitteln oder Fachbüchern erzielt.

Der Fall (verkürzt):

Die Klägerin ist eine GbR, deren Gesellschafter sowohl als Rechtsanwälte als auch als Insolvenzverwalter tätig sind. In einigen Fällen wurde in den Streitjahren jedoch keiner der Gesellschafter, sondern ein angestellter Rechtsanwalt zum (vorläufigen) Insolvenzverwalter oder Treuhänder bestellt. Die Klägerin behandelte ihre Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 EStG. Das Finanzamt war allerdings der Ansicht, die Klägerin habe nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in vollem Umfang gewerbliche Einkünfte erzielt. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht stellte fest, dass die Einkünfte der Klägerin in voller Höhe als Einkünfte aus selbständiger Arbeit anzusehen sind.

Die Entscheidung:

Der BFH ist – wie die Vorinstanz – der Rechtsauffassung des Finanzamtes, wonach die Tätigkeit der GbR in vollem Umfang als gewerblich zu beurteilen ist, nicht gefolgt.

Zwar beurteilte er im Streitfall die von dem angestellten Rechtsanwalt aus seiner Tätigkeit als Insolvenzverwalter und Treuhänder erzielten Umsätze als gewerbliche Einkünfte der GbR, da die Gesellschafter insoweit nicht mehr – wie es § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG verlangt – aufgrund eigener Fachkenntnisse selbst leitend und eigenverantwortlich tätig gewesen sind. Die „Abfärbung“ dieser gewerblichen Einkünfte auf die übrigen Einkünfte der GbR nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG lehnte er jedoch als unverhältnismäßig ab. Da das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit dieser Norm gerade auch im Hinblick auf die dazu ergangene einschränkende Rechtsprechung des BFH bejaht hat, hält der BFH an dieser Rechtsprechung fest. Danach führt eine gewerbliche Tätigkeit dann nicht zu einer Umqualifizierung der freiberuflichen Einkünfte, wenn es sich um eine gewerbliche Tätigkeit von äußerst geringem Umfang handelt. Wie der BFH nunmehr entschieden hat, haben gewerbliche Umsätze einen äußerst geringen Umfang in diesem Sinne, wenn sie 3 % der Gesamtnettoumsätze der GbR und den Betrag von 24.500,00 € nicht übersteigen.

Hinweis für die Praxis:

Nach § 3 Abs. 2 MBO-Ä ist es Ärzten untersagt, im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit Waren und andere Gegenstände abzugeben oder unter ihrer Mitwirkung abgeben zu lassen sowie gewerbliche Dienstleistungen zu erbringen oder erbringen zu lassen, soweit nicht die Abgabe des Produktes oder die Dienstleistung wegen ihrer Besonderheiten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie sind. In diesem Zusammenhang wurde von der Rechtsprechung die gewerbliche Ernährungsberatung in den Praxisräumen nicht als berufswidrig angesehen, wenn der Arzt diese im Übrigen von seiner freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit in zeitlicher, organisatorischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht getrennt hält. Ferner sind als notwendige Bestandteile der ärztlichen Therapie der Verkauf von Kontaktlinsen in Augenarztpraxen und der Verkauf von orthopädischen Hilfsmitteln durch Fachärzte für Orthopädie als zulässig erachtet worden. Jeglicher Anschein einer Vermischung zwischen ärztlicher und gewerblicher Tätigkeit sollte allerdings vermieden werden. Deshalb ist eine strikte räumliche, organisatorische und steuerliche Trennung ratsam. Zu diesem Zweck können trennbare Tätigkeiten auf eine gesonderte GbR oder GmbH übertragen bzw. ausgelagert werden.

Fazit:

Der Bundesfinanzhof hat nunmehr die Höhe der Bagatellgrenze festgesetzt und schafft damit Rechtsklarheit sowie Planungssicherheit. In einer ebenfalls kürzlich veröffentlichten Entscheidung definierte der BFH (Urteil v. 16.07.2014 – VIII R 41/12) auch Kriterien zur Aufsichtspflicht von Praxisinhabern gegenüber angestellten Kollegen, bei deren Erfüllung das Merkmal der Freiberuflichkeit nicht gefährdet ist und somit auch keine Gewerbesteuer anfällt. Danach ist die Erbringung der ärztlichen Leistung durch angestellte Ärzte regelmäßig als Ausübung leitender eigenverantwortlicher freiberuflicher Tätigkeit anzusehen, wenn der selbständige Arzt die jeweils anstehenden Voruntersuchungen bei den Patienten durchführt, die Behandlungsmethode für den Einzelfall festlegt und sich die Behandlung „problematischer Fälle“ vorbehält.

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