Wir hatten uns bereits im Augustheft ausführlich mit dem neuen Urlaubsrecht auf Basis der aktuellen Rechtsprechung des BAG und des EuGH befasst. Der 9. Senat hat nun in einer weiteren Entscheidung seine Rechtsprechung präzisiert. In dem entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob einem Mitarbeiter trotz Arbeitsunfähigkeit Urlaub gewährt werden kann. Das Bundesarbeitsgericht hat dies mit überzeugenden Argumenten abgelehnt und dazu nun seine bisherige Rechtsprechung bestätigt (18.03.2014 – 9 AZR 669/12).
Der Fall:
Der klagende Arbeitnehmer war bei der beklagten Fluggesellschaft als Pilot beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Manteltarifvertrag für die Mitarbeiter des Cockpitpersonals der Lufthansa CityLine GmbH Anwendung.
Der Kläger ist seit Ende 2008 fluguntauglich und damit arbeitsunfähig. Hierüber besteht zwischen den Parteien auch kein Streit.
Ende 2009 hat er von seinem Arbeitgeber verlangt, ihm den tariflichen Erholungsurlaub für das Jahr 2009 in Höhe von 30 Tagen zu gewähren. Er hat dazu die Ansicht vertreten, die Gewährung von Urlaub setze nicht die Arbeitsfähigkeit voraus.
Der Arbeitgeber hat hingegen die Auffassung vertreten, der Pilot könne eine Urlaubsgewährung nicht verlangen, weil der Urlaubsanspruch wegen der Fluguntauglichkeit nicht erfüllt werden könne.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen.
Die Entscheidung:
Im Revisionsverfahren, nach zunächst erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde, hat das Bundesarbeitsgericht die Entscheidung der Vorinstanzen bestätigt.
I. Übertragung von Urlaub bei Krankheit
Nach der neuen Rechtsprechung des BAG und des EuGH erlischt der gesetzliche Urlaub nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist. Allerdings besteht dieser geschützte Urlaub nicht unbeschränkt fort. Vielmehr gilt hier die neue 15-Monatsgrenze des BAG. 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres erlischt auch der insoweit übertragene Urlaub endgültig. Der hier streitige Urlaub aus dem Jahre 2009 erlosch damit am 31. März 2011 endgültig, da der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt immer noch arbeitsunfähig war. Für weitere Einzelheiten verweisen wir auf unseren ausführlichen Urlaubsbeitrag im Augustheft 2014 dieser Zeitschrift.
Hinweis für die Praxis:
Die 15-Monatsgrenze des BAG findet uneingeschränkt Anwendung. Sie gilt in allen Fällen, in denen Mitarbeiter im laufenden Urlaubsjahr ihren Urlaub wegen dauerhafter Krankheit nicht nehmen konnten. Eine längere Übertragung findet nicht statt, kann aber natürlich einzelvertraglich vereinbart werden.
II. Urlaubsgewährung trotz Krankheit?
Der Mitarbeiter vertrat nun die Auffassung, auf Antrag sei der Arbeitgeber auch während der Arbeitsunfähigkeit zur Urlaubsgewährung verpflichtet. Das BAG hat diese Argumentation zurückgewiesen. Sie scheitert bereits an der Regelung des § 9 BUrlG. Die Vorschrift regelt den Fall, dass der Arbeitgeber vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers diesem Urlaub gewährt hat, in dem er ihn für einen bestimmten Zeitraum von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit hat. Nach § 9 BUrlG werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit dann nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Ohne die Regelung in § 9 BUrlG würde der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch also ersatzlos verlieren, wenn er während eines bereits bewilligten Urlaubs arbeitsunfähig erkrankt. Dies schließt andererseits Urlaubsgewährung während Arbeitsunfähigkeit eindeutig aus. Arbeitnehmer können während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit keinen Urlaub beantragen und erst recht nicht nehmen.
Fazit:
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts steht in Einklang mit der gesetzlichen Regelung des § 9 BUrlG. Erkrankten Arbeitnehmern kann Urlaub nicht gewährt werden. Entsprechende Urlaubsanträge sind abzulehnen. Damit entstehen auch keine Ansprüche auf Urlaubsentgelt.
Auszeichnungen
-
TOP-Wirtschaftskanzlei für Arbeitsrecht(FOCUS SPEZIAL 2024, 2023, 2022, 2021, 2020)
-
TOP-Kanzlei für Arbeitsrecht(WirtschaftsWoche 2023, 2022, 2021, 2020)
-
TOP-Anwältin für Arbeitsrecht: Ebba Herfs-Röttgen(WirtschaftsWoche, 2023, 2022, 2021, 2020)
-
TOP-Anwalt für Arbeitsrecht: Prof. Dr. Nicolai Besgen(WirtschaftsWoche 2023, 2020)
Autor
UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME
UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME
Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.