Im Rahmen eines Betriebsübergangs kann der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung schriftlich widersprechen, § 613a Abs. 6 BGB. Das Widerspruchsrecht besteht gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber. Wie verhält es sich aber im Falle mehrerer Betriebsübergänge? Wem gegenüber darf der Arbeitnehmer hier noch widersprechen und kann er ggf. auch mehrere Betriebsübergänge wieder rückgängig machen? Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit diesen Fragen nunmehr in einer aktuellen Entscheidung zu befassen (24.04.2014 – 8 AZR 369/13). Das Bundesarbeitsgericht lehnt einen Widerspruch rückwirkend gegen den „Vorvorarbeitgeber“ ab.
Der Fall:
Die Parteien streiten über die Frage, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis nach mehreren Betriebsübergängen aufgrund des Widerspruchs des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses besteht.
Bei der jetzigen Beklagten arbeitete der Kläger seit dem Jahr 2000 als Kundenberater im Callcenter. Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers ging schon am 1. September 2007 von der Beklagten auf die V. GmbH über. Darüber war der Kläger durch ein Unterrichtungsschreiben informiert worden. Der Kläger erhob damals keinen Widerspruch.
Im Jahre 2008 kam es dann zu einem weiteren Betriebsübergang der V. GmbH auf die T. GmbH. Auch diesem Übergang widersprach der Kläger nicht.
Das Bundesarbeitsgericht hat in einem anderen Fall im Mai 2011 bei einem wortgleichen Unterrichtungsschreiben auf die V. GmbH, ein anderes Arbeitsverhältnis betreffend, geurteilt, dass das Unterrichtungsschreiben fehlerhaft war (BAG, 26.05.2011 – 8 AZR 18/10). Einige Monate nach dieser Entscheidung ließ der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten gegenüber der Beklagten den Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechen. Der Widerspruch sollte also den ersten Betriebsübergang auf die V. GmbH betreffen und dafür sorgen, dass wieder das ursprüngliche Arbeitsverhältnis zur jetzigen Beklagten festgestellt wurde. Der Kläger hat dabei die Auffassung vertreten, im Januar 2012 noch dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die V. GmbH im Sommer 2007 widersprechen gekonnt zu haben. Die damalige Unterrichtung bei dem Betriebsübergang sei fehlerhaft gewesen und habe daher die Monatsfrist zum Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB nicht in Gang gesetzt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage des Arbeitnehmers stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat hingegen die Klagefeststellung, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten unverändert fortbesteht, abgewiesen.
Die Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bestätigt. Einen Widerspruch gegen den früheren Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die V. GmbH konnte der Kläger, dessen Arbeitsverhältnis mittlerweile mit der T. GmbH besteht, nicht mehr einlegen.
I. Widerspruch gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber
Das Widerspruchsrecht richtet sich nach § 613a Abs. 6 S. 2 BGB gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber. Der Widerspruch gegenüber einem ehemaligen Arbeitgeber ist nach dem Wortlaut des Gesetzes hingegen nicht möglich. Bezogen auf einen Betriebsübergang ist also der „bisherige Arbeitgeber“ derjenige, der vor dem aktuellen Arbeitgeber den Betrieb inne hatte. Der derzeitige Arbeitgeber des Klägers war die T. GmbH als „neuer Inhaber“ im Sinne des § 613a Abs. 6 S. 2 BGB, da sie beim letzten Betriebsübergang den Betrieb erworben hat. Frühere Arbeitgeber aus früheren Betriebsübergängen können nicht mehr durch einen Widerspruch erreicht werden. Diese früheren Arbeitgeber sind nicht mehr „bisherige Arbeitgeber“ im Sinne des Gesetzes.
II. Gebot der Rechtsklarheit
Ein Widerspruchsrecht gegenüber früheren Betriebsübergängen bzw. früheren Arbeitgebern ist auch aus Gründen der Rechtsklarheit abzulehnen. Gestaltet werden kann immer nur ein bestehendes Rechtsverhältnis, d.h. das Arbeitsverhältnis, das bei Ausübung des Widerspruchs besteht. Die Tatsache, dass der Arbeitnehmer im Rahmen eines früheren Betriebsübergangs einmal ein Widerspruchsrecht hatte, das er aber nicht ausgeübt hat, führt nicht zu einem zeitlich unbegrenzt fortbestehenden Widerspruchsrecht. Nicht ausgeübte und damit obsolet gewordene Gestaltungsrechte können nicht wieder aufleben. Dies würde dem Gebot der Rechtsklarheit widersprechen, vielmehr das Gegenteil von Rechtsklarheit bedeuten.
Fazit:
Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist zuzustimmen. Bei jedem Betriebsübergang muss sich der Arbeitnehmer darüber im Klaren werden, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen oder dem Betriebsübergang widersprechen möchte. Kommt es im Anschluss zu weiteren Betriebsübergängen kann er gegenüber früheren Arbeitgebern keinen Widerspruch mehr erklären bzw. das Arbeitsverhältnis zu diesem früheren Arbeitgeber fortbestehen lassen. Im vorliegenden Fall konnte der Arbeitnehmer nur noch gegenüber der T. GmbH einen Widerspruch erklären und das Arbeitsverhältnis zur V. GmbH fortbestehen lassen. Nicht entschieden hat das Bundesarbeitsgericht aber die Frage, ob ein doppelter Widerspruch möglich ist, also zunächst Widerspruch gegenüber der T. GmbH und dann in einem zweiten Widerspruch gegenüber der V. GmbH. Einen solchen doppelten Widerspruch hatte der Arbeitnehmer auch nicht erklärt.
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