Das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht kennt recht großzügige Steuerbefreiungen für ein „Familienheim“, also das Haus oder die Wohnung, in der der Schenker oder Erblasser selbst wohnt. Das gilt sowohl für das durch Kinder als auch die Witwe oder den Witwer ererbte Familienheim – und erst recht für das zu Lebzeiten unter Ehegatten übertragene Familienheim. Im Idealfall ist die Übertragung komplett steuerfrei, ohne Freibeträge zu verbrauchen.

Aber aufgepasst: Steuerrechtlich zählt nicht immer das auch zum steuerbefreiten Familienheim, was man landläufig darunter verstehen würde. Das zeigt einmal mehr ein aktuell entschiedener Fall des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 23.02.2021, II R 29/19).


Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer (Copyright: Jochen Netzker/adobe.stock).

1. Sachverhalt (vereinfacht und abgewandelt)

W ist Erbin ihres verstorbenen Ehemanns E. Beide hatten bis zum Erbfall ein Haus bewohnt, zu dem im Hinterland und neben dem Haus mehrere Flurstücke gehörten, die als Garten genutzt wurden. Jedes Flurstück hatte eine eigene Flurstücknummer im Grundbuch; ein anderes Flurstück verfügte sogar über ein eigenes Grundbuchblatt. Das für die Bewertung des Grundbesitzes zuständige Belegenheitsfinanzamt stellte durch frühere Bescheide den Wert der Flurstücke jeweils als eigene wirtschaftliche Einheit fest. Ein Einspruch hiergegen war nicht erfolgt.

W erklärte in ihrer Erbschaftsteuererklärung den gesamten Grundbesitz als Familienheim und begehrte die Steuerbefreiung. Das Finanzamt gewährte die Steuerbefreiung nur für das reine Hausgrundstück; alle anderen Flurstücke unterwarf es der Erbschaftsteuer. Klage und Revision der E blieben erfolglos.

2. Die Entscheidung des BFH

Eine nähere Bestimmung, in welchem Umfang der zum Familienheim gehörende Grund und Boden an der Begünstigung teilhat, enthält das Gesetz nicht. In Betracht kommt einerseits das Grundstück im zivilrechtlichen Sinne, d.h. ein vermessener, im Liegenschaftskataster bezeichneter Teil der Erdoberfläche, oder andererseits die wirtschaftliche Einheit i.S. des § 2 Abs. 1 BewG.

Der BFH lässt letztlich offen, welche Betrachtung letztlich maßgeblich ist, da hier beide Ansichten zu einer Versagung der Steuerbefreiung für die übrigen Flurstücke führen.

  • Ist nach zivilrechtlichen Maßstäben abzugrenzen, folgt dies aus der katastermäßigen Selbständigkeit der Flurstücke im Grundbuch.
  • Ist bewertungsrechtlich abzugrenzen, folgt dies aus den getrennten Feststellungsbescheiden des Belegenheitsfinanzamts für die jeweiligen Grundstücke. 

Ein Einspruch gegen den Erbschaftsteuerbescheid als Folgebescheid ist dann aussichtslos. Der Einspruch muss sich bereits gegen die Feststellungsbescheide des Einheitswerts richten. Denn dieser Bescheid ist für die Erbschaftsteuer bindend.

Empfehlung

Die Empfehlung liegt auf der Hand. Die Betroffenen müssen

  • vor der Übertragung und vor dem Erbfall die Zusammenlegung der Flurstücke im Grundbuch zu einer einzigen Parzelle / zu einem einzigen Flurstück beantragen, und
  • ebenso rechtzeitig die einheitliche behördliche Feststellung des Belegenheitsfinanzamts zu einer einzigen wirtschaftlichen Einheit betreiben.

Im landläufigen Ergebnis bleibt es dann gleich: Übertragen wird das Haus mit Garten; hingegen im steuerlichen Ergebnis zeigen sich gravierende Unterschiede: Der gesamte dem Familienheim zuzuordnende Grundbesitz bleibt bei vorausschauender Gestaltung steuerfrei.

Denkt man bspw. an große innerstädtische Gartengrundstücke, die im Zweifel separat bebaut werden könnten, können sich im Erbfall beträchtliche Steuerlasten ergeben, die bei richtiger Vorbereitung vollständig vermeidbar sein sollten. Im Zweifel sollten Sie einen steuerrechtlich erfahrenen Anwalt hinzuziehen.

Autor

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Andreas Jahn
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