01.09.2021 -


Wichtige rechtliche Antworten zur Flutkatastrophe (Copyright: /adobe.stock)

Die unerwartete Überflutung in großen Teilen Westdeutschlands durch die letzten Unwetterereignisse stellt Betroffene vor viele rechtliche Fragen. Wir liefern hier wichtige Antworten aus unterschiedlichen Rechtsbereichen:

Versicherung

Auch wenn an vielen Orten neben den Aufräumarbeiten schon die Schadenregulierung durch die Versicherungen begonnen hat und diese Geschädigten schnelle Hilfe anbieten, ist dabei Vorsicht geboten!

Kann ich das Soforthilfe-Angebot meiner Versicherung bedenkenlos annehmen?

Nein! So verständlich es aus Sicht der Betroffenen ist, möglichst schnell Hilfe bekommen zu wollen, ist es aus Sicht der Versicherungen naheliegend, die gigantischen Schadensummen möglichst zu begrenzen. Angebote zur Soforthilfe sollten daher nicht ungeprüft angenommen werden. Dem Vernehmen nach sollen Betroffene vereinzelt bereits Soforthilfeangebote zur Regulierung von Gebäudeschäden über (auf den ersten Blick beträchtliche) fünfstellige Beträge erhalten haben. Der Teufel steckt dabei im Detail.

Denn ein auf den ersten Blick großzügiges Angebot der Versicherung kann zwar eine dringend benötigte unbürokratische Zahlung vorsehen. Sie kann aber im Kleingedruckten auch eine Klausel enthalten, dass der Versicherungsnehmer als Gegenleistung für die Zahlung auf weitergehende Ansprüche verzichtet. Unterschreibt der Versicherungsnehmer eine solche Klausel, bleibt er unter Umständen auf dem weitergehenden Schaden sitzen. Vor dem Hintergrund, dass Ansprüche gegen die Versicherung in der Regel die einzige Möglichkeit zur Kompensation des wirtschaftlichen Schadens darstellen, kann ein solch vorschneller Anspruchsverzicht in der Rückschau fatale wirtschaftliche Folgen haben.

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Worauf muss ich achten, wenn meine betroffene Immobilie kreditfinanziert ist?

Ist die beschädigte Immobilie kreditfinanziert, sollte ein Angebot der Versicherung nicht ohne Abstimmung mit der finanzierenden Bank angenommen werden. Denn regelmäßig verpflichtet sich der Kreditnehmer gegenüber der Bank, eine entsprechende Versicherung zu unterhalten.

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Wem steht die Versicherungssumme bei Verkauf der Immobilie zu?

Wird ein Grund­stück samt Ge­bäu­de nach Ein­tritt des Ver­si­che­rungs­falls ver­äu­ßert, steht ein bereits entstandener An­spruch auf die Ver­si­che­rungs­sum­me trotz § 95 VVG dem Ver­äu­ße­rer zu.

Das gilt al­ler­dings nicht ein­schrän­kungs­los: Bei neue­ren Po­li­cen rich­tet sich die Ver­si­che­rungs­sum­me in der Regel nach dem Neu­wert des Ge­bäu­des, d.h. dem Be­trag, der ak­tu­ell für die Wie­der­her­stel­lung auf­ge­wandt wer­den muss. Um si­cher­zu­stel­len, dass der Neu­wert nur dann ge­zahlt wird, wenn das Ge­bäu­de auch tat­säch­lich wie­der­auf­ge­baut wird, ent­hal­ten viele Po­li­cen eine so­ge­nann­te „Wie­der­her­stel­lungs­klau­sel“. Dabei wird die Er­stat­tung des den Zeit­wert über­schrei­ten­den Teils („Neu­wert­an­teil“) an die tat­säch­li­che Wie­der­her­stel­lung ge­knüpft. Re­gel­mä­ßig muss die Wie­der­her­stel­lung in­ner­halb eines Zeit­raums von drei Jah­ren nach Ein­tritt des Ver­si­che­rungs­falls si­cher­ge­stellt sein. Ist die Wie­der­her­stel­lung an der bis­he­ri­gen Stel­le recht­lich nicht mög­lich oder wirt­schaft­lich nicht zu ver­tre­ten, ge­nügt es, das Ge­bäu­de an an­de­rer Stel­le in­ner­halb der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land zu er­rich­ten. Nach Auf­fas­sung des Bun­des­ge­richts­hofs ist für die Si­cher­stel­lung der Wie­der­her­stel­lung die ver­bind­li­che Ver­ga­be von Bau­leis­tun­gen bzw. der ver­bind­li­che Ab­schluss eines Bau­ver­tra­ges mit einem leis­tungs­fä­hi­gen Un­ter­neh­mer er­for­der­lich, eine bloße Bau­pla­nung reicht hin­ge­gen nicht aus (BGH, Urt. v. 18. 2. 2004 ‒ IV ZR 94/03).

Wird die zer­stör­te Sache ver­äu­ßert, bevor die Wie­der­her­stel­lung si­cher­ge­stellt ist, si­chert also erst der Er­wer­ber nach Ei­gen­tums­über­gang die Wie­der­her­stel­lung, ent­steht der An­spruch auf den Neu­wert­an­teil in der Per­son des Er­wer­bers. Der Er­wer­ber tritt mit Ei­gen­tums­über­gang gemäß § 95 Abs. 1 VVG also auch in den An­spruch auf Er­stat­tung des Neu­wert­an­teils ein, wenn der Ver­si­che­rungs­fall vor Ei­gen­tums­über­gang ein­ge­tre­ten ist.

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Banken und Finanzierungen

Eine große Anzahl der Immobilien, die durch die Flutka­ta­strophe beschädigt oder zerstört sind, sind durch Darlehen finan­ziert. Viele Geschä­digte stehen vor dem Problem, durch die Flutka­ta­strophe Schäden erlitten zu haben, gleich­zeitig aber Kredite für den Unter­neh­mens­aufbau, die Haussa­nierung oder den -erwerb abzahlen zu müssen.

Im Hinblick auf die Flutka­ta­strophe ist daher zu prüfen, welche Auswirkungen sich auf bestehende Finanzierungen ergeben.

Kann die Bank neue / weitere Sicher­heiten verlangen?

Oftmals ist die nunmehr vollkommen zerstörte Immobilie die einzige Sicherheit für das Darlehen. Gemäß § 13 Abs. 2 AGB Banken bzw. § 22 Abs. 1 AGB Sparkassen kann die kredit­ge­bende Bank eine neue Sicherheit fordern. Kann keine andere Sicherheit bestellt werden, hat die Bank die Möglichkeit zur frist­losen Kündigung.

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Kann die Bank den Kredit kündigen?

Bei Immobi­li­en­dar­lehen kann die Bank bei unbefris­teten Darlehen grund­sätzlich ordentlich nach § 488 Abs. 3 BGB und außer­or­dentlich nach § 490 Abs. 1 BGB kündigen. In der Regel handelt es sich bei Immobi­li­en­dar­lehen aber um Festdar­lehen, d.h. Darlehen mit einer festen Laufzeit. Eine ordent­liche Kündigung der Bank kommt bei diesen Festdar­lehen nicht in Betracht.

Eine außer­or­dent­liche Kündigung seitens der Bank kommt gemäß § 490 Abs. 1 BGB in Fällen in Betracht, in denen die Erfüllung der dem Darle­hens­nehmer oblie­genden Verbind­lich­keiten gefährdet ist (gleich­gültig ob die Gefährdung vor oder nach Auszahlung des Darlehens eintritt). Kündi­gungs­grund ist hierbei die wesent­liche Verschlech­terung in den Vermö­gens­ver­hält­nissen des Darle­hens­nehmers. Hierzu zählt auch die verschlech­terte Werthal­tigkeit einer Sicherheit (durch Zerstörung oder Beschä­digung).

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Kann der Kunde den Kredit kündigen?

Eine Kündigung durch den Darle­hens­nehmer dürfte in den meisten Fällen nicht in Betracht kommen, da er in der Regel die dann fällige Darle­hens­summe nicht zurück­zahlen kann. Darüber hinaus ist bei einer vorzei­tigen Kündigung durch den Kunden in der Regel eine Vorfäl­lig­keits­ent­schä­digung zu zahlen.

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Hat der Kunde Anspruch auf eine Anpassung des Vertrages?

Bei teilweiser oder vollstän­diger Zerstörung der Immobilie stellt sich die Frage, ob der Kunde eine Anpassung des Darle­hens­ver­trages (z.B. eine Ermäßigung der Rückzah­lungs­ver­pflichtung oder eine Stundung) verlangen kann.

Entscheidend ist hierbei die Vorschrift des § 313 BGB, der den Wegfall oder die Störung der Geschäfts­grundlage regelt. Eine Flutka­ta­strophe zählt zu den „Gemein­ge­fahren“. Unter den „Gemein­ge­fahren“ versteht man im Rahmen des § 313 BGB die sog. „Große Geschäfts­grundlage“, die die Sozial­existenz aller Bürger gleicher­maßen betrifft. Soweit „Gemein­ge­fahren“ sich unmit­telbar in einem konkreten Vertrags­ver­hältnis – wie hier in einem Darle­hens­vertrag – ausge­wirkt haben, ist zu prüfen, ob das jeweilige Risiko nach der vertrag­lichen oder gesetz­lichen Risiko­ver­teilung von einer Partei getragen werden muss.

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Was ist, wenn die Bank eine Anpassung verweigert?

Liegen die Voraus­set­zungen des § 313 BGB vor, kann eine Anpassung des Vertrages verlangt werden.

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Gibt es noch eine andere Möglichkeit, sich von den Schulden zu befreien, wenn eine Vertrags­an­passung scheitert?

Wenn die Bank eine Vertrags­an­passung erfolg­reich verweigert oder eine Klage auf Vertrags­an­passung wegen des Kosten­ri­sikos gescheut wird, bleibt immer noch die Möglichkeit eines Insol­venz­ver­fahrens mit anschlie­ßender Restschuld­be­freiung. Ob das eine gangbare Möglichkeit ist, muss – ggf. mit Hilfe der Schuld­ner­be­ratung oder auf Insol­venz­recht spezia­li­sierten Rechtsanwälten – im Einzelfall geprüft und entschieden werden.

Oft hilft es aller­dings schon, in den Verhand­lungen mit der Bank auch dieses Szenario aufzu­zeigen.

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Arbeit

Was ist zu tun, wenn der Arbeitnehmer den Betrieb nicht mehr erreichen kann und deswegen nicht beschäftigt werden kann?

Durch den schnellen Fortschritt der Digitalisierung während der Pandemie dürfte es sich bei Bürotätigkeiten anbieten, aus dem Home-Office zu arbeiten. Für viele Arbeitnehmer, deren Arbeit nur vor Ort erbracht werden kann, ist die Arbeitsleistung plötzlich unmöglich geworden. Aufgrund dieser Unmöglichkeit entfällt nach der Wertung des Gesetzgebers an sich automatisch die Arbeitspflicht. Das Risiko, dass sich Hindernisse auf dem Arbeitsweg befinden (sog. „Wegerisiko“), hat der Arbeitnehmer jedoch selbst zu tragen. Es kommt nicht darauf an, ob er für den Umstand verantwortlich ist, der ihm das Bestreiten des Arbeitswegs unmöglich macht. Das hat zur Folge, dass in diesem Fall auch die Gegenleistung des Arbeitgebers entfällt, also kein Arbeitsentgelt zu zahlen ist. Hier gilt also der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“.

Um den Wegfall des Entgelts zu vermeiden, bleibt dem Arbeitnehmer in beschränktem Umfang die Möglichkeit, über seinen Urlaub zu disponieren. Denn über etwaigen vertraglichen Mehrurlaub können die Arbeitsvertragsparteien frei disponieren. Der Arbeitnehmer kann also anbieten, dass ihm einige Tage des vertraglichen Urlaubsanspruchs abgezogen werden, und er im Gegenzug den Lohnausgleich erhält. Ansprüche auf gesetzlichen Mindesturlaub können Arbeitnehmer aber nicht zur Abfederung von Lohneinbußen verwenden, weil in der Krisensituation nicht davon ausgegangen werden kann, dass der genutzte Urlaub auch dem gesetzlich vorgeschriebenen Erholungszweck dient. Die Folge: Arbeitnehmer werden bezahlt freigestellt, aber der Urlaubsanspruch wird rechtlich gesehen nicht verbraucht und steht den Arbeitnehmern weiter zu. Die Verwendung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs nach dem Bundesurlaubsgesetz für Aufräumarbeiten ist also ungeeignet.

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Was ist zu tun, wenn der Arbeitnehmer von der Katastrophe betroffen ist?

Das Hochwasser der letzten Woche hat zahlreiche Wohnhäuser beschädigt oder zerstört. Hiervon betroffene Arbeitnehmer werden durch die für sie persönlich vorrangigen dringenden Aufräumarbeiten und notwendigen Instandsetzungen daran gehindert, ihre Arbeit zu erbringen.
In diesem Fall kann der Entgeltanspruch trotz der Verhinderung erhalten bleiben, wenn diese nur vorübergehend ist, den Arbeitnehmer kein Verschulden an seiner Lage trifft und die Hinderung verhältnismäßig kurz ist. Das Recht auf Entgeltfortzahlung folgt dann aus § 616 BGB, der auch persönliche Unglücksfälle und Naturkatastrophen umfasst, wenn sich die Gefahrenlage in der Person des Arbeitnehmers realisiert hat, etwa, weil sein Haus beschädigt wird.

Es gibt jedoch keinen festzulegenden Zeitraum, für den man unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeitsleitung befreit ist. Entscheidend ist der Einzelfall. Die Verhinderung sollte in der Regel jedoch nur einige Tage andauern. Die Gerichte haben dabei das Verhältnis der Verhinderungsdauer und der (planmäßigen) Dauer des Arbeitsverhältnisses im Blick und treffen nach diesen Maßstäben ihre Einzelfallentscheidungen. Je länger ein Arbeitsverhältnis bereits andauert, desto länger kann der Zeitraum sein, der noch verhältnismäßig ist.

Die Entgeltfortzahlung nach § 616 BGB kann jedoch im Arbeitsvertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden. Es können sich auch Sonderregelungen beispielsweise aus Tarifverträgen ergeben. Für die Entgeltfortzahlung im Katastrophenfall ist also entscheidend, welche Vereinbarungen gelten.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können auch eine bezahlte Freistellung vereinbaren. Zu einer solchen Vereinbarung ist der Arbeitgeber allerdings nicht verpflichtet, denn Fehlzeiten sind grundsätzlich nicht zu bezahlen, es sei denn, es existiert eine entsprechende Regelung (wie § 616 BGB, s.o.).

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Was tun, wenn der eigene Betrieb von der Flutkatastrophe betroffen ist?

Wenn Naturkatastrophen wie Überschwemmungen auf typische sachliche Betriebsmittel oder sogar die ganze Betriebsstätte von außen einwirken, sind dadurch entstehende Arbeitsausfälle dem vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisiko zuzuordnen. Es ist ein typischer Fall des Betriebsrisikos, dass der Arbeitsausfall auf höherer Gewalt beruht. Nach § 615 BGB hat der Arbeitgeber in diesem Fall also trotzdem das Entgelt an die Arbeitnehmer zu entrichten, es sei denn der Arbeitnehmer ist seinerseits gar nicht in der Lage, die Arbeitsleistung zu erbringen (s.o.).

Das finanzielle Risiko kann der Arbeitgeber durch Beantragung von Kurzarbeitergeld nach § 95 SGB III abschwächen. Sind die Schäden so stark, dass sie den Arbeitgeber dazu veranlassen, den Betrieb aufzugeben, anstatt ihn wieder aufzubauen, muss er außerdem ordentliche, betriebsbedingte Kündigungen erklären. Während der Kündigungsfrist muss der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt weiterhin an die leistungsfähigen und -bereiten Arbeitnehmer bezahlen. Nach einer Kündigung besteht außerdem kein Anspruch mehr auf Kurzarbeitergeld, weil hiermit nur vorübergehender Arbeitsausfall kompensiert werden soll. Da das Betriebsrisiko dem Arbeitgeber zugerechnet wird, ist der Arbeitgeber aufgrund der Überschwemmung nicht zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung berechtigt.

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Wohnen/Mieten

Wenn das Mietobjekt zerstört oder endgültig unbrauchbar ist, steht man vor der Frage der rechtlichen Konsequenzen: 

Muss der Vermieter das zerstörte Haus wiederaufbauen?

Nein. Zu den wesentlichen Grundlagen eines Mietvertrages gehört, dass der Vermieter die Mietsache während der gesamten Dauer des Mietvertrages „in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand erhalten“ muss. Von dieser Verpflichtung wird er frei, wenn das Mietobjekt vollständig zerstört wird. Zur Instandsetzung wäre der Vermieter auch dann nicht verpflichtet, wenn er die vollständige Zerstörung zu vertreten hätte; davon kann man aber bei der jüngsten Flutkatastrophe nicht ausgehen, deren Folgen z.B. durch bauliche Vorkehrungen entweder gar nicht oder nicht mit vertretbarem Aufwand hätten verhindert oder wesentlich gemildert werden können. Wenn das Haus vollständig zerstört ist, ist der Vermieter auch nicht verpflichtet, eine Versicherungsleistung zur Wiederherstellung des Objekts zu verwenden. Auf die Herausgabe einer solchen Versicherungsleistung hat der Mieter keinen Anspruch, denn sie ist Ersatz für die Substanz der Mietsache, nicht für deren Nutzung. Baut der Vermieter das zerstörte Objekt wieder auf, ist er grundsätzlich auch nicht verpflichtet, mit dem Mieter einen neuen Mietvertrag abzuschließen.

Anders kann es bei Gewerbemietverträgen liegen. Sie enthalten oft Klauseln für den Fall, dass das Mietobjekt zerstört wird. Hier wird zwar in der Regel vorgesehen, dass der Vermieter zu einem Wiederaufbau nicht verpflichtet ist; es ist trotzdem dringend zu empfehlen, den Mietvertrag darauf zu untersuchen, ob für den Zerstörungsfall nicht doch Wiederaufbaupflichten und eine Verwendung von erhaltenen Versicherungsleistungen zu diesem Zweck vereinbart sind.

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Was ist mit dem Mietvertrag? Ist er mit dem Mietobjekt untergegangen?

Ja. Wenn – wie hier – die Zerstörung des Objekts von keiner der Parteien zu vertreten ist, wird der Vermieter von seiner Leistungspflicht, der Mieter von seiner Mietzahlungspflicht befreit. Das Mietverhältnis erlischt, ohne dass es einer Kündigung des Mieters bedarf.

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Stehen dem Mieter gegen den Vermieter Schadenersatzansprüche zu?

Nein. Schadensersatzansprüche, etwa wegen des Verlustes der Nutzungsmöglichkeit oder der Zerstörung oder Beschädigung des Inhalts der Mieträume, hat der Mieter gegen den Vermieter nicht. Der Vermieter haftet also insbesondere nicht auf die Kosten einer Ersatzunterbringung in einer Ausweichunterkunft oder in einem Hotel.

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Wenn das Mietobjekt noch steht, die Mieträume aber überflutet sind und bis zu einer Sanierung nicht genutzt werden können oder der Inhalt der Mieträume ganz oder teilweise verloren, beschädigt und/oder zerstört ist, kommen rechtliche Fragen auf:

Muss der Vermieter das Objekt instandsetzen und die Mieträume sanieren?

Ja. Auch bei einer Beschädigung des Mietobjekts durch „höhere Gewalt“ ist der Vermieter verpflichtet, den vertragsgemäßen Zustand des Mietobjekts wiederherzustellen. Auf ein etwaiges Verschulden des Vermieters für die eingetretenen Schäden kommt es nicht an. Er muss also Gebäudeschäden und Schäden an der vermieteten Wohn- oder Gewerbefläche, die durch das eingedrungene Hochwasser verursacht wurden, beseitigen. Das Objekt muss trockengelegt, gesäubert und auch Schäden an mitvermieteten Einrichtungsgegenständen (z.B. Kücheneinrichtung, Sanitär- und Elektroinstallation, Teppichböden, Bodenbeläge) müssen beseitigt bzw. diese Gegenstände ersetzt werden. Der Vermieter ist auch verantwortlich für die Entsorgung von Schutt, unbrauchbaren Gegenständen, soweit sie mitvermietet waren, und von Schlamm aus der Wohnung und vom Grundstück. Die Reparaturverpflichtung umfasst auch die notwendigen Tapezier- und Renovierungsarbeiten. Ob der Mieter vertraglich zu „Schönheitsreparaturen“ verpflichtet wurde, spielt dabei keine Rolle.

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Bestehen gegen den Vermieter Ansprüche wegen der Zerstörung von Mietereigentum?

Grundsätzlich nein. Wenn die Mieträume in einem hochwassergefährdeten Gebiet liegen und der Vermieter zwar grundsätzlichen Schutz gegen Hochwasser angebracht hat, diese Vorkehrungen aber nur die bisherigen Pegelhöchststände zuzüglich einem gewissen Sicherheitszuschlag abwehren können, kommt eine Haftung des Vermieters für Schäden am Inhalt der vermieteten Räume mangels Verschuldens nicht in Betracht. Maßgeblich ist das, was der Vermieter unter ortsüblichen Umständen vorhersehen konnte und musste. Bei der jüngsten Flutkatastrophe lagen in jeder Hinsicht außergewöhnliche Umstände vor, die auch für den vorsorglichsten Vermieter nicht vorhersehbar waren; deshalb dürften Schadensersatzansprüche hier ausgeschlossen sein.

Allerdings können Schadensersatzansprüche des Mieters wegen Beschädigung seiner eigenen Gegenstände in den Mieträumen in Betracht kommen, wenn der Vermieter mit der Beseitigung der Schäden in Verzug ist und dadurch Sachen des Mieters zusätzlich beschädigt werden (Beispiel: Zu spätes Leerpumpen von Kellerräumen). Dieser Anspruch setzt zwar grundsätzlich eine Mängelanzeige des Mieters an den Vermieter voraus; da dem Vermieter aber wegen eigener Betroffenheit von der jetzt eingetretenen Katastrophe die Lage selbst bestens bekannt ist, dürfte die Anzeigepflicht ausnahmsweise entfallen.

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Muss ich Miete zahlen, obwohl die Räume noch nicht wieder voll benutzbar sind?

Der Vermieter schuldet die Zurverfügungstellung einer mangelfreien Mietsache und deren Erhaltung in diesem Zustand. Wasser- oder Feuchtigkeitsschäden sind auch dann Mängel der Mietsache, wenn sie, wie im Fall der Überschwemmung, auf Zufall oder höhere Gewalt zurückzuführen sind. Folge ist, dass die Miete von Gesetzes wegen gemindert ist, wobei sich die Minderungsquote nach dem Ausmaß der durch Feuchtigkeit bzw. Wasser eindringen bedingten Beeinträchtigung des Mietgebrauchs richtet. In den jetzt aufgetretenen Überschwemmungsfällen ist bis zu der vollständigen Beseitigung der Mängel regelmäßig von einer Minderungsquote von zunächst 100% auszugehen, weil die Räume fast ausnahmslos nicht mehr zum vertraglich vorausgesetzten Wohn- oder Gewerbezweck nutzbar sind. Das ist seit der ersten von mehreren „Jahrhundertfluten“ (im August 2002 in Ostdeutschland) ständige Rechtsprechung. Das Recht zur Mietminderung besteht unabhängig von einem Verschulden des Vermieters, und deshalb auch dann, wenn der Mangel durch ein nicht vom Vermieter voraussehbares Naturereignis verursacht wird.

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Muss der Vermieter einer Wohnung die Kosten einer Ersatzunterkunft übernehmen?

Grundsätzlich ja. Der Anspruch auf Ersatz von Hotelkosten setzt allerdings voraus, dass der Mieter dem Vermieter die Miete weiterzahlt; denn sonst würde der Vermieter ohne rechtlichen Grund doppelt belastet – er bekäme nicht nur keine Miete, sondern müsste vollständig aus eigener Tasche dem Mieter auch noch die Kosten der Ersatzunterbringung erstatten. Macht der Mieter von seinem 100%igen Mietminderungsrecht Gebrauch, dann steht ihm nur der Teil der Hotelkosten zu, der die vereinbarte Miete übersteigt. Die Kosten der Ersatzunterkunft müssen angemessen sein; ersatzfähig sind nur Übernachtungskosten, nicht die Aufwendungen für Verpflegung und sonstige Extras.

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Gibt es Kündigungsrechte des Mieters?

Wohnungsmieter können ihr Mietverhältnis stets und ohne Begründung ordentlich mit einer Frist – je nach bisheriger Vertragsdauer – von zwischen drei und neun Monaten kündigen. Bei Gewerbemietern sind in der Regel Festlaufzeiten vereinbart, die keine vorzeitige ordentliche Kündigung zulassen.

Können die Mieträume aber nicht kurzfristig wieder in einen hygienisch einwandfreien und brauchbaren Zustand versetzt werden, dann steht jedenfalls dem Wohnungsmieter das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietvertrages zu. Ersatzweise könnte eine solche Kündigung auch auf Entzug des vertragsgemäßen Gebrauchs gestützt werden; dessen Umfang muss allerdings erheblich sein, und dem Vermieter muss vorher die Möglichkeit gegeben worden sein, Mängel und Nutzungseinschränkungen in angemessener Frist zu beseitigen.

Bei Gewerbemietverhältnissen dürfte dagegen ein Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund nicht ohne Weiteres in Betracht kommen, wenn der Vermieter mit der Instandsetzung in Verzug ist. Die „Schutzschwelle“ zu Gunsten des Mieters liegt hier regelmäßig deutlich höher. Das mag anders sein, wenn die schlicht notwendige Dauer möglicherweise umfangreicher und komplizierter Sanierungsarbeiten eine Fortsetzung des Geschäftsbetriebes in den Räumen erheblich erschwert, z.B. dann, wenn der Verlust oder die deutliche Reduzierung des Kundenstamms zu befürchten ist – immer eine Frage des Einzelfalls.

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Wie ist die Rechtslage für den Vermieter, wenn seine Mietwohnung im beschädigten Gebäude eine Eigentumswohnung ist?

Ist die Wohnungseigentumsanlage zu mehr als der Hälfte ihres Werts zerstört, dann kann der einzelne Eigentümer einen Wiederaufbau der Wohnanlage von der Wohnungseigentümergemeinschaft nur verlangen, wenn die Finanzierung durch Versicherungsleistungen oder in anderer Weise – z.B. durch öffentliche Zuschüsse – gedeckt ist. Als einzelner ist der Wohnungseigentümer aber nicht handlungsfähig, denn der Wiederaufbau betrifft zwingend (auch) das Gemeinschaftseigentum, über das er nicht allein disponieren kann.

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Steuern / Finanzamt

Die Beseitigung der Flut-Schäden wird bei vielen Steuerpflichtigen aller Voraussicht zu erheblichen finanziellen Belastungen führen. Entsprechend haben die Ministerien der Finanzen der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz jeweils mit gleichlautenden Erlassen (= Verwaltung-sanweisungen) vom 16. Juli 2021 („Katastrophenerlasse NRW/RLP“) zahlreiche steuerliche Maßnahmen zur Vermeidung unbilliger Härten bei den Betroffenen der Flutkatastrophe auf den Weg gebracht.

Kann ich als Flutopfer meine Steuerzahlungen stunden bzw. Zahlungen anpassen?

Die nicht unerheblich betroffenen Steuerpflichtigen können bis zum 31. Oktober 2021 Anträge auf Stundung hinsichtlich bis dahin zu zahlender Steuern sowie Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) stellen. Diese Stundungen werden längstens bis zum 31. Januar 2022 gewährt. Anträge auf Stundung der nach dem 31. Oktober 2021 fälligen Steuern sowie Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen sind indes besonders zu begründen.

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Muss ich mit Vollstreckung seitens des Finanzamtes rechnen?

Die Finanzverwaltung soll bis zum 31. Januar 2022 von Vollstreckungsmaßnahmen bei bis zum 31. Oktober 2021 fällig gewordenen Steuern absehen.

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Was tun bei Verlust der Buchführungsunterlagen? 

Sind unmittelbar durch das Hochwasser Buchführungsunterlagen etc. vernichtet worden oder verloren gegangen, sollen dem Betroffenen hierdurch keine Nachteile entstehen. Er sollte die Vernichtung bzw. den Verlust zeitnah dokumentieren und (soweit möglich) auch nachweisbar halten.

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Gibt es steuerliche Begünstigungen für Betroffene im Hinblick auf Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit?

Umfassende steuerliche Entlastungsmaßnahmen sehen die Katastrophenerlasse NRW/RLP für die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit vor. So werden grundsätzlich etwa Sonderabschreibungen beim Wiederaufbau von Betriebsgebäuden und bei Ersatzbeschaffung beweglicher Anlagegüter bei rechtzeitiger Vornahme und rechtzeitigem Antrag gewährt. In Ausnahmefällen kann auf Antrag auch die Bildung einer Rücklage für die Ersatzbeschaffung zugelassen werden. Die Gewinnminderung durch Sonderabschreibungen und Bildung von Rücklagen darf grundsätzlich insgesamt höchstens EUR 600.000 betragen und darf grundsätzlich in keinem Jahr EUR 200.000 übersteigen – Ausnahmen sind möglich.

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Kann ich den Wiederaufbau meines Betriebs steuerlich geltend machen?

Aufwendungen für die Wiederherstellung beschädigter Betriebsgebäude und beschädigter beweglicher Anlagegüter können unter bestimmten Voraussetzungen als Erhaltungsaufwand anerkannt werden. Aufwendungen zur Beseitigung der Hochwasserschäden am Grund und Boden können sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden. Entsprechendes gilt grundsätzlich für Aufwendungen zur Wiederherstellung von Hofbefestigungen und Wirtschaftswegen.

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Kann ich den Wiederaufbau für Miet- und Pachtobjekte steuerlich geltend machen? 

Auch hier sind gemäß der Katastrophenerlasse NRW/RLP Sonderabschreibungen beim Wiederaufbau von zerstörten Gebäuden entsprechend den Regelungen zu den Betriebsgrundstücken (s.o.) grundsätzlich möglich. Auch können Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden an Gebäuden und am Grund und Boden unter bestimmten Voraussetzungen als Erhaltungsaufwand behandelt werden.

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Ist die finanzielle Unterstützung des Arbeitgebers steuerfrei?

Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an seine von der Flutkatastrophe betroffenen Arbeitnehmer können steuerfrei sein. So sind Unterstützungen von bis zu einem Betrag von EUR 600 pro Kalenderjahr grundsätzlich steuerfrei. Ein übersteigender Betrag gehört nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt. Im Allgemeinen soll die Finanzverwaltung bei einem vom Hochwasser betroffenen Arbeitnehmer von einem besonderen Notfall ausgehen

Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens (Arbeitslohnspende) zugunsten einer Beihilfe des Arbeitgebers an von der Flutkatastrophe betroffene Arbeitnehmer des Unternehmens oder zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto, können diese Lohnteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohns außer Ansatz bleiben.

Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung und für die Beseitigung von Schäden an dem eigengenutzten Wohneigentum können als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden

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Nachlass/gesetzliche Regelung bei Vermissten

Seit den Flutkatastrophen der letzten Wochen werden noch viele Menschen vermisst. In Kürze wird sich zeigen, wie viele dieser Menschen im Rahmen der Räumarbeiten noch lebend geborgen werden können, dauerhaft vermisst bleiben oder in den Fluten ihr Leben lassen mussten.

Damit stellen sich auch zahlreiche rechtliche Fragen zum Umgang mit dem Hab und Gut der vermissten oder verstorbenen Personen.

Das Testament wurde von den Fluten vernichtet: Reichen eine Kopie oder andere Beweismittel zum Nachweis aus?

Ist das Original des Testaments von den Fluten vernichtet worden, kann der Nachweis der Erbfolge im sogen. Erbscheinverfahren auch mit anderen Beweismitteln geführt werden. In der Rechtsprechung anerkannt ist, dass auch die Kopie eines Testaments oder sogar nur ein Zeuge zum Nachweis der Erbfolge ausreichen kann, wenn der Inhalt des Testaments dadurch mit hinreichender Sicherheit ermittelt werden kann.

Wird der Inhalt des Testaments erfolgreich nachgewiesen, lässt das Fehlen des Originals nicht automatisch darauf schließen, dass das Testament in der Absicht vernichtet wurde, es zu widerrufen. Vielmehr kann es auch andere Ursachen – wie zum Beispiel die Flut – geben, warum das Testament abhandengekommen ist. Steht aber nicht fest, dass das Testament in Widerrufsabsicht vernichtet wurde, gilt der Inhalt des Testaments auch weiterhin.

Was gilt, wenn es keine Nachweise für den Inhalt des Testaments gibt?

Kann die Existenz und der Inhalt des Testaments nicht erfolgreich mit anderen Beweismitteln nachgewiesen werden, gilt entweder ein noch existentes früheres Testament oder, falls es ein solches nicht gibt, die gesetzliche Erbfolge.

Soll ich das Erbe annehmen, ohne die wirtschaftliche Situation zu kennen?

Die gesetzliche Frist zur Ausschlagung einer Erbschaft (§ 1944 BGB: 6 Wochen, bei Auslandsaufenthalt des Erben 6 Monate) ist schon unter normalen Umständen sehr kurz bemessen.

Um entscheiden zu können, ob sich die Annahme einer Erbschaft lohnt oder man besser ausschlägt, müssen sich die Erben einen Überblick über das Vermögen des / der Verstorbenen verschaffen. Die Ermittlung des Nachlasses und eventueller Schulden gestaltet sich schon unter normalen Umständen schwierig. Wenn aber auch die Unterlagen in den Fluten untergegangen sind, ist die Feststellung innerhalb der Ausschlagungsfrist nahezu aussichtslos.

Potenzielle Erben müssen sich daher entscheiden, ob sie das Risiko eingehen wollen, rechtlich und wirtschaftlich in die „Fußstapfen“ der Verstorbenen zu treten. In Flutopfer-Fällen wird das Risiko je nach Lage der Dinge zum Zeitpunkt der Entscheidung regelmäßig höher sein als normalerweise. Ist beispielsweise das kreditfinanzierte Haus von den Fluten vernichtet worden, bestehen die Schulden weiter. Ob eine Elementarschadenversicherung den Wert des Hauses ersetzt, ist hingegen ungewiss. Auch vormals erfolgreiche, nun aber flutgeschädigte Betriebe können für die Erben zur Belastung werden, wenn die betrieblichen Grundlagen vernichtet wurden, Kosten aber weiterlaufen.

Kann die Haftung auf den Nachlass begrenzt werden?

Ja. Stellt der Erbe fest, dass der Nachlass überschuldet ist, kann z.B. ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragt werden. Dabei handelt es sich um die nachträgliche Insolvenz des Nachlasses, nicht des Erben (weshalb es für den Erben in diesem Fall auch keinen Eintrag in der Schuldnerkartei oder bei der SCHUFA gibt). Mit Eröffnung des Verfahrens übernimmt ein Insolvenzverwalter die Abwicklung, der Erbe haftet nicht persönlich für die Verbindlichkeiten.

Wird das Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet, steht dem/den Erben die sogen. „Dürftigkeitseinrede“ (§ 1990 BGB) zu. Sie müssen dann zwar den Nachlassgläubigern den vorhandenen Nachlass zur Verfügung stellen und dazu auch ein sogen. Inventar errichten (§ 1993 ff. BGB). Wird das Inventar ordnungsgemäß und vollständig errichtet, haften die Erben wiederum nicht persönlich mit ihrem eigenen Vermögen für die Verbindlichkeiten des/der Verstorbenen.

In jedem Fall sollte man sich dabei aber durch versierte Erbrechtsanwälte beraten und begleiten lassen, um nicht durch unbedachte Fehler die Haftungsbegrenzung zu verlieren und doch mit dem gesamten eigenen Vermögen für die Schulden des Erblassers gerade stehen zu müssen.

Soll ich das Erbe ausschlagen oder kann man die Haftung begrenzen?

Ausschlagen sollte man nur, wenn man mit dem Nachlass nichts zu tun haben will oder sicher ist, dass die Schulden weit überwiegen oder sogar nur Schulden geblieben sind.

Ist das Vermögen hingegen nur ungeklärt und besteht die Chance, dass Vermögenswerte vorhanden sind, sollte nicht vorschnell ausgeschlagen werden. Entpuppt sich der Nachlass nachträglich doch als nicht werthaltig, kann die Haftung immer noch begrenzt werden (s.o.). In diesem Fall gilt dann: „Außer Spesen nichts gewesen.“, man behält aber die Chance, eventuelles Vermögen zu bewahren

Wie schlägt man die Erbschaft aus?

Die Ausschlagung erfolgt gem. § 1945 BGB durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht, entweder zur Niederschrift persönlich bei Gericht oder in öffentlich beglaubigter Form. Dazu muss man einen Notar aufsuchen.

Örtlich zuständig für die Entgegennahme der Erklärung ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Verstorbene im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (§ 343 Abs. 1 FamFG).

Wie ist die gesetzliche Situation bei Vermissten?

Solange  nicht feststeht, dass eine Person tot ist, greifen die gesetzlichen Regelungen des Erbrechts oder ein Testament nicht.

Notarielle Vorsorgevollmacht vorhanden
Existiert eine notarielle Vorsorgevollmacht, kann die Verwaltung des Vermögens einstweilen auf dieser Grundlage erfolgen.

Einrichtung einer Abwesenheitspflegschaft
Existiert keine Vorsorgevollmacht, kann eine sogen. „Abwesenheitspflegschaft“ nach § 1911 Abs. 1 BGB beantragt werden. Diese wird eingerichtet, wenn vermögensrechtliche Angelegenheiten eines abwesenden Volljährigen der Fürsorge bedürfen, z.B. bei unbekanntem Aufenthalt. Das Betreuungsgericht bestellt in einem solchen Fall einen Abwesenheitspfleger, der die Interessen der abwesenden Person wahrnimmt.

Dem Umfang nach kann die Abwesenheitspflegschaft für alle oder einzelne Vermögensangelegenheiten des Abwesenden angeordnet werden, im Zweifel gilt sie für alle.

Als Abwesenheitspfleger hat das Betreuungsgericht eine Person auszuwählen, die nach ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie nach den sonstigen Umständen zur Führung der Pflegschaft geeignet ist.

Eine Abwesenheitspflegschaft bleibt auch dann wirksam, wenn sich später herausstellt, dass der Abwesende zum Zeitpunkt der Anordnung schon verstorben war. Die Abwesenheitspflegschaft wird aufgehoben, wenn die Person gefunden wird und ihre Angelegenheiten wieder selbst wahrnehmen kann, oder wenn der Tod der Person feststeht. Kraft Gesetzes endet die Abwesenheits-Pflegschaft im Falle der Todeserklärung.

Was ist das Verschollenheitsgesetz (VerschG)?

Für Vermisste gelten außerdem die speziellen Regelungen des Verschollenheitsgesetzes (VerschG). Gem. § 1 Abs. 1 VerschG ist verschollen, wessen Aufenthalt während längerer Zeit unbekannt ist, ohne dass Nachrichten darüber vorliegen, ob er in dieser Zeit noch gelebt hat oder gestorben ist, sofern nach den Umständen (hier: die Flut) ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründet sind.

Das VerschG ermöglicht in einem solchen Fall die Todeserklärung einer verschollenen Person. Diese Erklärung begründet die Vermutung, dass der Betroffene in dem im entsprechenden Beschluss festgestellten Zeitpunkt gestorben ist (§ 9 Abs. 1 Satz 1 VerschG). Solange ein Verschollener aber nicht unter den Voraussetzungen der §§ 3 bis 7 VerschG im Aufgebotsverfahren für tot erklärt wurde, wird durch § 10 VerschG jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt vermutet, dass die Person noch lebt, bis im Beschluss über die Todeserklärung gem. § 9 Abs. 3 und 4 VerschG der Todeszeitpunkt festzustellen wäre. Die Todeserklärung bzw. die Rechtskraft des entsprechenden Beschlusses begründet die Vermutung des Todes in allen Rechtsgebieten und mit Wirkung für und gegen jedermann, sodass dann die normalen erbrechtlichen Regelungen (s.o.) gelten.

Um eine Todeserklärung zu erwirken, müssen zusätzlich zur Verschollenheit die Voraussetzungen eines der Tatbestände der §§ 3 bis 7 VerschG vorliegen. Für anlässlich der Flutkatastrophe Vermisste kommt insbesondere die sogen. „Gefahrverschollenheit“ nach § 7 VerschG in Betracht. Danach kann derjenige, der in eine Lebensgefahr gekommen und seitdem verschollen ist, für tot erklärt werden, wenn seit dem Zeitpunkt, in dem die Lebensgefahr beendet ist oder ihr Ende nach den Umständen erwartet werden konnte, ein Jahr verstrichen ist. Dabei ist nach § 9 Abs. 2 VerschG als Zeitpunkt des Todes grundsätzlich der Zeitpunkt festzustellen, der nach dem Ergebnis der Ermittlungen der wahrscheinlichste ist, hier also das Flutereignis selbst.

Wichtig: Das Aufgebotsverfahren wird gem. § 16 Abs. 1 VerschG nur auf Antrag bei Gericht eingeleitet und nicht etwa von Amts wegen.

Grundsätzlich empfiehlt es sich in schwierigen Situationen immer, die Rechtsberatung eines Experten in Anspruch zu nehmen.

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