20.01.2022 -


Ab März gelten neue Regelungen für medizinische und/oder pflegerische Einrichtungen (credit:adobestock)

Zum 15. März 2022 wird die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht in Kraft treten. Grundlage hierfür ist der neue § 20a im Infektionsschutzgesetz (IfSG), der wörtlich eine Pflicht zum „Immunitätsnachweis gegen COVID-19“ vorsieht. Entgegen der im allgemeinen Sprachgebrauch benutzten Formulierung handelt es sich insofern nicht um eine echte Impfpflicht. Nach der Gesetzesbegründung soll ausdrücklich „die Freiwilligkeit der Impfentscheidung selbst unberührt“ bleiben. Es wird lediglich bestimmt, dass die Tätigkeit in bestimmten Einrichtungen den Nachweis über eine Impfung oder Genesung voraussetzt. Die Regelung ist im Übrigen bis Ende 2022 befristet.

Welche Arbeitgeber sind betroffen?

Die Neuregelung gilt für jede Art von medizinischer und/oder pflegerischer Einrichtung, unabhängig von der Rechtsform und unabhängig davon, ob stationäre oder ambulante Leistungen angeboten werden. Eine Auflistung der erfassten Unternehmen und Einrichtungen kann nebst einigen Hinweisen der Homepage des Bundesgesundheitsministeriums entnommen werden.

Für welche Personen gilt die Pflicht zum Immunitätsnachweis?

Die Pflicht zum Immunitätsnachweis trifft sämtliche Personen, die in den genannten Einrichtungen tätig sind. Der Gesetzeswortlaut ist dabei so weit gefasst, dass es nicht darauf ankommt, ob die Person bei ihrer Tätigkeit direkten Kontakt zu vulnerablen Personengruppen hat. Die Pflicht zum Immunitätsnachweis gilt daher für alle in der Einrichtung tätigen Personen, also z.B. auch Verwaltungsmitarbeiter, Reinigungskräfte, Hausmeister, Transport- oder Küchenpersonal. Einzig in den Fällen, in denen jeglicher Kontakt von vorneherein und sicher ausgeschlossen werden kann (beispielsweise im Falle eines räumlich abgetrennten Verwaltungsbereichs) kommt eine Ausnahme in Betracht. Allerdings setzt dies letztlich auch voraus, dass die so isoliert arbeitenden Personen keinen Kontakt zu anderen Mitarbeitenden haben, was häufig in der Praxis nicht der Fall sein wird. Wenn also etwa medizinisches Personal sich immer mal wieder in den Verwaltungsbereich begibt, scheidet eine Ausnahme schon aus. Auch die Art der Beschäftigung spielt für die Pflicht keine Rolle, so dass etwa ehrenamtliche tätige Personen, minderjährige Pflegeschüler oder Praktikanten genauso erfasst sind.

Was sieht die neue Regelung im Einzelnen vor?

Die neue gesetzliche Regelung differenziert zwischen denjenigen Personen, die bereits am 15. März 2022 in den in § 20a Abs.1 IfSG aufgeführten Einrichtungen tätig sind, und denjenigen Personen, die dort erst ab dem 16. März 2022 tätig werden sollen.

Für die bereits tätigen Personen, also die sog. Bestandsmitarbeitenden, gilt, dass diese der jeweiligen Leitung der Einrichtung oder des Unternehmens bis spätestens 15. März 2022 einen Impf- oder Genesenennachweis oder ein ärztliches Zeugnis über eine Kontraindikation gegen eine Impfung vorlegen müssen. Nachweise, die in der Folgezeit ab dem 16. März 2022 durch Zeitablauf ihre Gültigkeit verlieren, müssen zudem jeweils innerhalb eines Monats durch einen gültigen Nachweis ersetzt werden.

Bei fehlendem Nachweis durch diese Bestandsmitarbeitenden sieht das Gesetz nach seinem Wortlaut erst einmal nur eine Mitteilungspflicht des Arbeitgebers an das zuständige Gesundheitsamt bzw. die zuständige Behörde vor. Die Behörde kann die Person dann direkt zur Beibringung eines Nachweises auffordern. Wenn die dabei zu setzende Frist verstrichen ist, kann das Gesundheitsamt der betroffenen Person das Betreten der Einrichtung bzw. Tätigwerden untersagen. Nicht eindeutig geregelt ist insofern, was zwischen dem 16. März 2022 und einem behördlichen Beschäftigungsverbot für diesen Personenkreis gilt.
Dies ist für Personen, die in den genannten Einrichtungen erst ab dem 16. März 2022 neu tätig werden, sehr viel eindeutiger. Auch diese müssen die entsprechenden Nachweise vor Tätigkeitsbeginn vorlegen. Fehlt der Nachweis, gilt hier aber ein unmittelbares Beschäftigungsverbot, das der Arbeitgeber beachten muss.

Worauf müssen Arbeitgeber nun achten?

Die Arbeitgeber werden bei der Umsetzung der einrichtungsbezogenen Vorgaben in vielen Punkten in die Pflicht genommen.

Sie müssen die bereits Beschäftigten zur Vorlage der Nachweise auffordern und im weiteren Verlauf auf die Gültigkeitsdauer dieser Nachweise achten. Bei Neueinstellungen nach dem 16. März 2022 müssen sie die Nachweise vor Tätigkeitsbeginn verlangen, sonst dürfen sie diese Personen nicht beschäftigen. Hierbei ist auch zu beachten, dass der Nachweis nur bei vollständigem Impfschutz erbracht ist. Diese „Vollständigkeit des Impfschutzes“ ist bei sich ändernden Voraussetzungen für den entsprechenden Nachweis stets durch den Arbeitgeber im Blick zu behalten, wobei neben dem Impfdatum z.B. auch der jeweilige Impfstoff von Bedeutung ist.
Immer dann, wenn erforderliche Nachweise nicht rechtzeitig vorliegen oder wenn Zweifel an deren Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit bestehen, müssen Arbeitgeber eine Meldung an die zuständigen Gesundheitsbehörden machen. Beachten Arbeitgeber die Vorgaben nicht, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar und kann pro Fall mit einem Bußgeld bis zu 2.500,00 Euro geahndet werden.

Zwar wird aus dem Gesetzeswortlaut nicht zweifelsfrei deutlich, was bei bereits beschäftigten Personen nach dem 16. März 2022 gilt, wenn diese die Nachweise nicht vorlegen. Ein unmittelbares Beschäftigungsverbot lässt sich jedenfalls dem Wortlaut nicht entnehmen. Daher wird juristisch noch darüber gestritten, wie in solchen Fällen zu verfahren ist und ob Arbeitgeber diese Personen bis zum Ausspruch eines solchen Beschäftigungsverbots durch die zuständigen Behörden noch beschäftigten dürfen. Hier müssen Arbeitgeber nun sorgfältig abwägen, wie sie vorgehen möchten, da der Gesetzeswortlaut im Prinzip zunächst die Möglichkeit eines weiteren Einsatzes vorsieht. Aus Arbeitgebersicht dürfte es aber unabhängig von dieser juristischen Diskussion meist schon mit Blick auf die Wirkung in der Einrichtung und die bestehenden Fürsorgepflichten nicht immer sinnvoll sein, Personen ohne Nachweis weiterhin einzusetzen. Dabei ist auch zu bedenken, dass möglicherweise sehr zeitnah ein behördliches Beschäftigungsverbot folgen dürfte. Sinn und Zweck der Regelung ist schließlich, dass Personen ohne Immunitätsnachweis gar nicht tätig werden.

Wie können Arbeitgeber mit Bestandsmitarbeitern umgehen, die keinen Nachweis erbringen?

Was sollten Arbeitgeber daher mit Mitarbeitenden tun, die zum Stichtag keinen Nachweis vorgelegt haben? Soweit eine Tätigkeit ausschließlich im Homeoffice erbracht werden kann, sollten Arbeitgeber im Zweifel zunächst dies anordnen. Dies gilt aber nur, wenn dafür nicht passgenau ein Homeoffice-Arbeitsplatz zugeschnitten werden muss. In den meisten Bereichen wird dies in den betroffenen Einrichtungen ohnehin nicht möglich sein. Pflegekräfte oder Ärzte können eben nicht ausschließlich im Homeoffice tätig werden.
Ist Homeoffice nicht möglich und fehlt es an der Einsetzbarkeit oder bestehen noch Zweifel, bietet es sich an, dass Arbeitgeber die Betroffenen unbezahlt freistellen. So gilt im Arbeitsrecht der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“. Zwar gelten hier vor einem behördlichen Beschäftigungsverbot gewisse Unsicherheiten. Eine klare Linie der Arbeitgeber wird aber für alle Beteiligten hilfreich sein.

Können Mitarbeitende, die keinen Nachweis vorlegen, gekündigt werden?

Ob bei Mitarbeitenden ohne Immunitätsnachweis außerdem eine Kündigung denkbar ist, ist noch unklar. Auch hier wird juristisch noch darüber gestritten, ob es sich um eine verhaltens- oder personenbedingte Kündigung handeln würde und wie es sich auswirkt, dass das Gesetz nur bis Ende 2022 gilt. Denn aktuell kann sich die Prognose einer fehlenden Einsetzbarkeit maximal auf einen Zeitraum von 9,5 Monaten erstrecken. Im Fall einer krankheitsbedingten Kündigung würde ein solcher Zeitraum in der Regel eine Kündigung nicht begründen können. Auf der anderen Seite würde eine verhaltensbedingte Kündigung ein vorwerfbares Verhalten verlangen, was angesichts der betonten grundsätzlichen Freiwilligkeit der Impfentscheidung auch nicht ohne Weiteres angenommen werden kann.

In Zeiten von Personalmangel werden viele Arbeitgeber aber ohnehin häufig vor Kündigungen zurückschrecken und sich auf die unbezahlte Freistellung beschränken. Dies ist sicher meist auch die sinnvollste Variante, die möglicherweise sogar tatsächlich den eigentlichen Zweck der Regelung erfüllt, dass sich diese Personen doch noch impfen lassen. Arbeitgeber, die dennoch die Kündigung erwägen, sollten in jedem Fall vorsorglich zunächst eine Abmahnung aussprechen.

Vorsicht beim Datenschutz

Im gesamten Verfahren ist unbedingt zu beachten, dass die vorzulegenden Nachweise besondere personenbezogene Gesundheitsdaten nach § 26 Abs. 3 BDSG beinhalten, für die strenge datenschutzrechtliche Vorgaben gelten. Arbeitgeber sollten die Nachweise daher nicht zu allgemeinen Personalakte nehmen, sondern müssen besondere Vorkehrungen zum Schutz vor dem Zugriff Dritter treffen.

Zusammenfassung und Ausblick

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Neuregelungen zwar noch einige Fragen aufwerfen, aber Arbeitgeber gut beraten sein dürften, von Vorneherein ganz klar zu kommunizieren und sich auf eine Vorgehensweise festzulegen. Arbeitgeber sollten daher

  • ab sofort nicht nur bei Bestandsmitarbeitenden, sondern auch bei Neueinstellungen den Immunitätsnachweis verlangen und auf den Stichtag 16. März 2022 hinweisen,
  • die Beschäftigten zeitnah darüber informieren, dass sie als Arbeitgeber bei fehlenden Nachweisen oder bei Zweifeln an der Richtigkeit eines Nachweises zur Meldung an die zuständigen Gesundheitsbehörden verpflichtet sind und ihnen bei jedem Verstoß selbst ein Bußgeld droht,
  • die Beschäftigten ferner darauf hinweisen, dass Mitarbeitende ohne entsprechenden Nachweis ab dem 16. März 2022 voraussichtlich unbezahlt freigestellt werden und auch weitergehende arbeitsrechtliche Maßnahmen nicht ausgeschlossen werden.
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