Die Praxis stellt sowohl Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer täglich vor neue arbeitsrechtliche Herausforderungen. Das Arbeitsverhältnis unterliegt zahlreichen nebeneinander bestehenden und darüber hinaus unübersichtlichen Regelungen und Rechtsquellen. Zu beachten sind insbesondere sich häufig ändernde Gesetze, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und natürlich der dem Arbeitsverhältnis zugrundeliegende Arbeitsvertrag.
Fragen und Antworten rund ums Arbeitsrecht (Copyright: Bits and Splits/adobe.stock).
Jegliche Tätigkeiten am Arbeitsplatz weisen rechtliche Relevanz auf. Das Arbeitsrecht – definiert als Recht der abhängig Beschäftigten – ist engmaschig geregelt, gleichzeitig aber in vielen Punkten unbestimmt und nur durch Kenntnis arbeitsgerichtlicher Urteile, also der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung, beherrschbar. Beispielsweise erfordert die Gestaltung eines Arbeitsvertrags die detaillierte Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit einzelner Klauseln (AGB-Kontrolle).
Bei vielen Maßnahmen im laufenden Arbeitsverhältnis sind die oftmals strengen Vorgaben der Rechtsprechung zu berücksichtigen, beispielsweise bei der Erteilung einer Abmahnung oder auch bei der Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements.
Bei einer Kündigung bestehen etwa für den Arbeitgeber zahlreiche „Stolperfallen“, die es zu beachten gilt, ansonsten droht deren Unwirksamkeit. Ein Aufhebungsvertrag erfordert sorgfältige inhaltliche Gestaltung, um bösen Überraschungen – sowohl für Arbeitgeber wie auch für Arbeitnehmer – vorzubeugen.
Im Rahmen unserer arbeitsrechtlichen Beratung ist von zentraler Bedeutung, nicht nur kreative und für die jeweilige Interessenlage adäquate, sondern insbesondere auch rechtssichere Lösungen zu finden, die sich auch im Streitfall als tragfähig erweisen.
Zudem muss neben der individualrechtlichen auch die kollektivrechtliche Komponente des Arbeitsrechts gewürdigt werden. Dies betrifft beispielsweise die Bedeutung von Betriebsrat und Tarifvertragsparteien (betriebliche Mitbestimmung, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag etc.).
Besonders komplex sind zudem die Schnittstellen des Arbeitsrechts zum Sozialrecht wie auch zum Gesellschaftsrecht. Hinzukommen, je nach Branche, weitere Verbindungslinien, etwa bei Krankenhäusern, Medizinischen Versorgungszentren, angestellten Ärztinnen und Ärzten oder bei Chefärzten die Bezüge zum Medizinrecht.
Immer wichtiger werden zudem die sich aus dem Unionsrecht ergebenden Einflüsse auf das nationale Arbeitsrecht. Wohl kein Rechtsgebiet wird so stark von Richtlinien und Verordnungen der EU sowie von Urteilen des EuGH geprägt wie das Arbeitsrecht. Beispiele hierfür sind das Urlaubsrecht, die Möglichkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags sowie die europarechtlichen Vorgaben zur Arbeitszeit.
Wir informieren unsere Mandanten durch Publikationen und Vorträge regelmäßig über aktuelle Entwicklungen und praxisbezogene Urteile auf dem Gebiet des Arbeitsrechts. Die nachfolgenden Praxistipps sollen diese regelmäßige Berichterstattung ergänzen und als praktische Informationsquelle in knapper Form einen Überblick verschaffen sowie rechtliche Fallstricke aufzeigen bzw. hierfür sensibilisieren.
Alkohol & Drogen im Arbeitsverhältnis
Muss über eine Alkohol- oder Drogenabhängigkeit Auskunft erteilt werden (sog. Offenbarungspflicht)
Der Arbeitnehmer muss im Einstellungsgespräch nur dann Auskunft über seine Abhängigkeit erteilen, wenn die fraglichen Umstände für den in Betracht kommenden Arbeitsplatz von ausschlaggebender Bedeutung sind. Ein solcher Fall ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer auf Grund der Abhängigkeit die geschuldete Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß erbringen kann (z. B. bei Gerüstbauern, Kraftfahrern). Eine generelle Auskunftspflicht besteht also nicht.
Darf nach einer Alkohol- oder Drogenabhängigkeit gefragt werden?
Die Frage nach einer Alkohol- oder Drogenabhängigkeit ist nur zulässig, wenn sie die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers auf dem vorgesehenen Arbeitsplatz oder den Schutz der Arbeitskollegen oder Dritter betrifft.
Tipp für die Praxis: Da der Arbeitgeber insoweit beweispflichtig ist, sollte – bevor der Arbeitnehmer nach Hause geschickt wird – ein Zeuge hinzugezogen und der Vorfall dokumentiert werden.
Stellt der Alkoholkonsum während der Arbeit eine Pflihtverletzung dar?
Sofern keine entgegenstehenden Regelungen existieren, stellt der betriebliche Alkoholkonsum allein keine Pflichtverletzung dar. Es gehört nicht zu den Pflichten des Arbeitnehmers, während der Arbeitszeit und der Pausen überhaupt keinen Alkohol zu trinken. Auch ein generelles gesetzliches Alkoholverbot im Betrieb gibt es nicht.
Tipp für die Praxis: Damit schon der bloße Alkoholgenuss sanktionierbar ist, sollte die Unzulässigkeit des Alkoholkonsums in einer einzelvertraglichen Vereinbarung, kraft Weisungsrechts in einer Betriebsordnung oder – sofern ein Betriebsrat existiert – in einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat geregelt werden. Der Mitarbeiter, der dann gegen dieses Verbot verstößt, handelt auch ohne Auftreten konkreter Störungen in jedem Fall vertragswidrig.
Wann liegt eine Pflichtverletzung?
Eine Pflichtverletzung ist ohne eine entsprechende Regelung erst dann gegeben, wenn ein übermäßiger Alkoholkonsum vorliegt, der den Arbeitnehmer außerstande setzt, genauso sorgfältig wie ein nüchterner Kollege zu arbeiten. Dann verletzt er seine vertragliche Nebenpflicht zur Aufrechterhaltung eines arbeitsfähigen Zustands. Bei der Bewertung der Pflichtverletzung kommt es nicht nur auf die Tätigkeit an, sondern es sind auch branchenspezifische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Das heißt, dass bei einem Bauhandwerker andere Maßstäbe anzusetzen sind als bei einem Berufskraftfahrer. Beispiel: Der Arbeitnehmer erscheint alkoholbedingt nicht zur Arbeit oder muss während der Arbeitszeit alkoholisiert nach Hause gebracht werden.
Was ist, wenn der Arbeitnehmer nur in seiner Freizeit trinkt oder Drogen nimmt?
Trinkt der Arbeitnehmer in seiner Freizeit, hat dies grundsätzlich keine arbeitsrechtliche Relevanz. Ausnahme: Die Folgen des Alkoholkonsums wirken am nächsten Arbeitstag nach und der Arbeitnehmer erscheint alkoholisiert im Betrieb. Auch die Einnahme von Drogen wie Cannabis, Kokain oder Ecstasy kann zu einem alkohol ähnlichen Rauschzustand mit Einbußen der Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft führen. Der Arbeitnehmer wird während der akuten Rauschwirkung regelm äßig auf Grund der Ausfallerscheinungen weder psychisch noch physisch in der Lage sein, die ihm übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erledigen.
Wie wird die Alkoholisierung festgestellt?
Zur Feststellung des Alkoholkonsums ist der Einsatz technischer Hilfsmittel (Atemmessgerät oder Blutprobe) nicht erforderlich. Diese Maßnahmen dürfen ohnehin nur mit Einverständnis des Betroffenen genutzt werden. Der Arbeitgeber darf die Alkoholisierung allein aus der Art und Weise des Verhaltens des Arbeitnehmers ableiten, z. B. Alkoholfahne, lallende Sprache, Rededrang, schwankender Gang, Ausbalancieren des Gewichts, verquollenes Gesicht, ger tete Augen, aggressives Verhalten.
Kann die Vergütung gekürzt werden?
Wenn ein angetrunkener Mitarbeiter wegen Trunkenheit seinen Arbeitsplatz verlassen muss, verletzt er seine arbeitsvertraglichen Pflichten, da er – selbstverschuldet – nicht weiterarbeiten kann. Damit verliert er zeitweise seinen Anspruch auf Vergütung. Allerdings kann Alkoholabhängigkeit eine unverschuldete Erkrankung darstellen (s. u.). In diesem Fall liegt keine Pflichtverletzung vor, weshalb der Vergütungsanspruch bestehen bleibt. Aus diesem Grund ist die Abgrenzung zwischen Alkoholmissbrauch und -sucht entscheidend.
Tipp für die Praxis: Da der Arbeitgeber insoweit beweispflichtig ist, sollte – bevor der Arbeitnehmer nach Hause geschickt wird – ein Zeuge hinzugezogen und der Vorfall dokumentiert werden.
Wann kommt eine Abmahnung oder Verhaltensbedingte Kündiggung in Betracht?
Stellt der Alkohol-/Drogenkonsum eine Pflichtverletzung dar, kann dieses Verhalten abgemahnt werden. Bevor eine verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen wird, muss abgemahnt werden.
- Tipp für die Praxis: Die Abmahnung sollte folgende Angaben enthalten:
- – Schilderung eines genau bezeichneten Sachverhalts (tatsächliche Gegebenheiten, Datum, Uhrzeit)
- – Rüge/Missbilligung des beschriebenen Verhaltens
- – Aufforderung zur Einhaltung der vertraglichen Pflichten für Zukunft
- – Kündigungsandrohung
Kommt es nach der Abmahnung zu einem weiteren, gleichartigen Vorfall, kann eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht kommen.
Wann kommt eine krankheitsbedingte Kündigung in Betracht?
Sofern eine Alkoholabhängigkeit gegeben ist, handelt es sich auch arbeitsrechtlich um eine Krankheit. Von einer Alkoholabhängigkeit ist auszugehen, wenn sich der Alkoholsüchtige in einem Stadium befindet, in dem der Trunksucht ein medizinischer Krankheitswert zukommt. Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer die Selbstkontrolle verloren hat, also physisch und psychisch vom Alkohol abhängig und daher nicht mehr in der Lage ist, die ihm obliegenden arbeitsvertraglichen Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen. In diesen Fällen gelten die Grundsätze der personen- bzw. krankheitsbedingten Kündigung, nicht der verhaltensbedingten Kündigung. Bei der krankheitsbedingten Kündigung kommt es auf ein Verschulden des Arbeitnehmers nicht an. Deshalb muss und kann vor Ausspruch der Kündigung auch nicht abgemahnt werden. Maßgeblich ist, ob die Prognose gerechtfertigt ist, dass der Mitarbeiter aufgrund seiner Alkoholsucht dauerhaft nicht die Gewähr bietet, die vertraglich geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen.
Wer trägt die Darlegungs-/Beweislast
Die Darlegungs- und Beweislast für die pflichtwidrige Alkoholisierung und deren Auswirkungen auf den Arbeitsvertrag trägt der Arbeitgeber. Er muss im Einzelnen dartun und beweisen, dass der Mitarbeiter alkoholbedingt nicht in der Lage gewesen ist, seine arbeitsvertraglichen Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen. Besteht ein absolutes Alkoholverbot im Betrieb, genügt der Arbeitgeber seiner Darlegungs- und Beweislast mit dem durch einen Zeugen nachweisbaren Vortrag, der Arbeitnehmer sei beim verbotswidrigen Alkoholkonsum beobachtet worden. Besteht kein solches Verbot, muss der Arbeitgeber den sog. Indizienbeweis führen, indem er objektive Umstände, die nach der Arbeits- und Lebenserfahrung den Eindruck einer vertragswidrigen Alkoholisierung belegen, vorträgt und durch Zeugenaussagen beweist. Bei der krankheitsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber die Tatsachen und Beweise darlegen, aus denen sich die negative Zukunftsprognose und die erheblichen Beeinträchtigungen betrieblicher Interessen ergeben. Eine solche Kündigung muss daher sehr sorgfältig vorbereitet werden.
Das Ausbildungsverhältnis
Wie kommt ein Ausbildungsverhältnis zu Stande?
Ein Ausbildungsverhältnis wird durch den Abschluss eines Berufsausbildungsvertrages begründet. Vertragspartner sind der Ausbildende und der Auszubildende. Vom Ausbildenden zu unterscheiden ist der sog. Ausbilder (= derjenige, der vom Ausbildenden mit der Ausbildung beauftragt ist).
Ist der Auszubildende minderjährig, so wird er durch seinen gesetzlichen Vertreter (z. B. Eltern) vertreten.
Der Vertrag wird in das von der Handwerkskammer/IHK geführte Verzeichnis der Berufsausbildungsverh ltnisse eingetragen.
Welche Inhalt hat der Ausbildungsvertrag?
Im Ausbildungsvertrag sind insbesondere zu regeln
- – der Ausbildungsberuf,
- – die Dauer des Ausbildungsverh ltnisses (3.5 / 3 / 2 Jahre),
- – die Dauer der Probezeit,
- – die regelmäßige Ausbildungszeit,
- – die Höhe der Vergütung,
- – die Urlaubsdauer.
Tipp für die Praxis: Es gibt Vertragsmuster, die die wichtigsten Regelungen – teilweise zum Ausfüllen und Ankreuzen – enthalten. Diese Musterverträge erhalten sie u. a. bei der Kreishandwerkerschaft. Im übrigen ergeben sich viele Rechte und Pflichten aus dem Berufsbildungsgesetz (BBiG).
Welche Probezeit kann maximal vereinbart werden?
Die Probezeit muss mindestens einen Monat betragen; die zulässige Höchstgrenze der Probezeit beträgt vier Monate. Bei Unterbrechung der Ausbildung während der Probezeit (z. B. wegen Krankheit) verlängert sich die Probezeit nicht, sofern nichts anderes vereinbart wird. Auch die Dauer eines vorausgegangenen Praktikums ist nicht auf die Probezeit anzurechnen.
Ist die Vergütung frei verhandelbar?
Grundsätzlich ist die Vergütungshöhe frei verhandelbar. Allerdings ist der Ausbildende verpflichtet, dem Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu zahlen. Insofern empfiehlt es sich – auch wenn die Vertragsparteien nicht tarifgebunden sind –, von den tariflichen Sätzen auszugehen, da diese stets als angemessen anzusehen sind. Die Ausbildungsvergütung ist nicht als Arbeitsentgelt einzustufen. Demzufolge haben Auszubildende keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.
Tipp für die Praxis: Eine Vergütung gilt noch als angemessen, sofern sie die einschlägige tarifliche Vergütung um nicht mehr als 20 % unterschreitet.
Welche Pflichten hat der Ausbildende?
Der Ausbildende hat dafür zu sorgen, dass dem Auszubildenden diejenigen Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, die für diesen zum Erreichen des Ausbildungszieles erforderlich sind. Der Ausbildende hat den Auszubildenden ferner anzuhalten, regelmäßig am Berufsschulunterricht teilzunehmen. Zum Besuch der Berufsschule ist der Auszubildende von der Arbeit im Betrieb freizustellen. Die Ausbildungsmittel (Werkzeuge, Berichtshefte) sind dem Auszubildenden kostenlos zur Verfügung zu stellen.
Ist der Auszubildende verpflichtet, Mehrarbeit zu leisten?
Der Auszubildende ist grundsätzlich nicht verpflichtet, Überstunden zu leisten. Die tägliche Ausbildungszeit ist vertraglich genau geregelt und kann daher nicht einseitig durch den Ausbildenden geändert werden. Eine Pflicht zur Leistung von berstunden besteht nur, wenn das im Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Ausbildungsvertrag ausdrücklich geregelt ist. Dabei ist zu beachten, dass die höchstzulässige Arbeitszeit in keinem Fall überschritten werden darf. Für Jugendliche beträgt die Höchstarbeitszeit 8 Stunden pro Tag. Unberechtigte Überstundenforderungen kann der Auszubildende zurückweisen. Eine Abmahnung oder Kündigung deshalb ist unwirksam. Überstunden müssen angemessen vergütet oder durch entsprechende Freizeit ausgeglichen werden.
Wann endet das Ausbildungsverhältnis?
Das Ausbildungsverhältnis endet mit dem Ablauf der vertraglich vereinbarten Ausbildungszeit.
Besteht der Auszubildende vor Ablauf der Ausbildungszeit die Abschlussprüfung, so endet das Ausbildungsverhältnis mit der Bekanntgabe der Ergebnisse durch den Prüfungsausschuss. Besteht der Auszubildende die Abschlussprüfung nicht, verlängert sich das Ausbildungsverhältnis auf sein Verlangen bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, maximal jedoch um ein Jahr.
Tipp für die Praxis: Achten Sie darauf, dass der Auszubildende im Anschluss an das Ausbildungsverhältnis nicht weiterarbeitet, ohne dass hierüber ausdrücklich etwas vereinbart wurde. Ansonsten entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Wie kann das Ausbildungsverhältnis gekündigt werden?
Nach Ablauf der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis nur noch aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden. Die Kündigung muss schriftlich und unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen.
Tipp für die Praxis: Nicht jedes vertragswidrige Verhalten (z. B. unentschuldigtes Fehlen im Betrieb/in der Berufsschule) berechtigt zur Kündigung. Vielmehr werden an die Kündigung sehr strenge Anforderungen gestellt. Ob eine Kündigung gerechtfertigt ist, besprechen Sie daher am besten vorab mit einem Juristen.
Welche Verfahrensrechtlichen Besonderheiten bestehen?
Bei Streitigkeiten zwischen Ausbildendem und Auszubildenden ist zunächst der von der zuständigen Innung oder Kammer gebildete Ausschuss für Lehrlingsstreitigkeiten einzuschalten. Erst wenn in diesem Verfahren keine Einigung zu Stande kommt, kann Klage beim Arbeitsgericht erhoben werden.
Hat der Auszubildende Anspruch auf ein Zeugnis?
Bei Beendigung des Ausbildungsverhältnisses hat der Auszubildende Anspruch auf Erteilung eines schriftlichen Zeugnisses. Im Unterschied zum Arbeitsverhältnis ist das Ausbildungszeugnis auch ohne ausdrückliches Verlangen des Auszubildenden auszustellen.
Schwerbehindertenarbeitsrecht
Wer genießt Sonderkündigungsschutz nach dem SGB IX?
Schwerbehinderte Menschen genießen Sonderkündigungsschutz. Die Einzelheiten richten sich nach § 2 Abs. 2 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX). Erfasst werden zunächst Personen mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50. Der Sonderkündigungsschutz gilt aber auch für behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 30, die den schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden sind (sog. gleichgestellte behinderte Menschen).
Darf ich im Einstellungsgespräch nach der Schwerbehinderung fragen?
Die Entscheidung, ob ein Arbeitnehmer eingestellt wird, darf nicht davon abhängig gemacht werden, ob der Bewerber schwerbehindert ist oder nicht. Die Frage des Arbeitgebers nach einer Schwerbehinderung ist unzulässig. Dies folgt aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Da eine pauschale Frage nach der Schwerbehinderteneigenschaft im Einstellungsgespräch als Diskriminierung gewertet werden kann, muss hiervon abgeraten, ja sogar gewarnt werden.
Tipp für die Praxis: Zulässig vor dem Hintergrund einer möglichen Diskriminierung sind aber sämtliche Fragen nach der persönlichen (auch körperlichen) Eignung für die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten.
Muss ich Schwerbehinderte zum Vorstellungsgespräch einladen?
Diese Pflicht besteht bei privaten Arbeitgebern nicht. Nur öffentliche Behörden sind verpflichtet, Schwerbehinderte zum Vorstellungsgespräch einzuladen. Eine Absage hat aber natürlich neutral zu erfolgen und nicht wegen der Schwerbehinderung.
Tipp für die Praxis: Es besteht keine Pflicht, Absagen zu Vorstellungsgesprächen zu begründen. Es reicht aus, wenn eine Absage erteilt wird. Von einer konkreten Begründung ist sogar abzuraten, da erst diese möglicherweise eine Diskriminierung begründet.
Welche Rechte und Pflichten bestehen im laufenden Arbeitsverhältnis?
Schwerbehinderte Menschen dürfen wegen ihrer Behinderung nicht benachteiligt werden, § 164 Abs. 2 S. 1 SGB IX. Dieser allgemeine Grundsatz wird zusätzlich an einigen Stellen im Gesetz konkretisiert. So sind schwerbehinderte Menschen sowie diesen gleichgestellte gem. § 207 SGB IX auf ihr Verlangen hin von der Erbringung von Überstunden (Mehrarbeit) freizustellen. Schwerbehinderte Menschen und diesen gleichgestellten Beschäftigten steht ein einklagbarer Rechtsanspruch auf eine behindertengerechte Gestaltung und Ausstattung ihres Arbeitsplatzes sowie auf eine behindertengerechte Gestaltung der Arbeitsumgebung, Arbeitsorganisation und Arbeitszeit zu. Diese Pflichten stehen unter dem Vorbehalt, dass dem Betriebsinhaber die Vornahme entsprechender Maßnahmen organisatorisch und finanziell zumutbar ist. Die Bundesagentur für Arbeit und die Integrationsämter können Arbeitgebern nach Maßgabe des § 185 Abs. 3 SGB IX und des § 46 Abs. 2 SGB III finanzielle Zuschüsse gewähren.
Gibt es Mehrurlaub?
Schwerbehinderte Menschen haben nach § 208 SGB IX einen Anspruch auf Gewährung von fünf zusätzlich bezahlten Urlaubstagen im Jahr. Dieser Anspruch gilt nicht für gleichgestellte behinderte Menschen. Besteht die Schwerbehinderteneigenschaft nicht während des gesamten Kalenderjahres, so hat der schwerbehinderte Mensch für jeden vollen Monat der vorliegenden Schwerbehinderteneigenschaft einen Anspruch auf ein Zwölftel des Zusatzurlaubs.
Unter welchen Vorraussetzungen ist die Kündigung von Schwerbehinderten Menschen zulässig?
Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen und eines gleichgestellten ist nach § 168 SGB IX nur mit vorheriger Zustimmung des Integrationsamtes zulässig. Dies gilt für alle Arten von Kündigungen, also auch die fristlose Kündigung. Spricht der Arbeitgeber die Kündigung ohne Beteiligung des Integrationsamtes aus oder überschreitet er die vorgegebenen Fristen, führt dies unweigerlich zur Unwirksamkeit der Kündigung, auch bei noch so schwerwiegenden Kündigungsgründen. Das gesamte Verfahren bei der Kündigung von Schwerbehinderten ist von äußerst strengen und kurzen Fristen geprägt. Gerade auf die Fristenüberwachung ist daher größtmögliche Sorgfalt zu verwenden. Siehe dazu ausführlich: Nicolai Besgen, Schwerbehindertenrecht Arbeitsrechtliche Besonderheiten, 4. Auflage, 2021.
Tipp für die Praxis: Die Einschaltung des Integrationsamtes kann den Ausspruch einer Kündigung durchaus um mehrere Wochen verzögern. Dies sollte bei der Fristenplanung berücksichtigt werden.
Was gilt bei Aufhebungsverträgen oder sonstigen Beendigungen?
Der Sonderkündigungsschutz gilt nur für Kündigungen des Arbeitgebers. Endet also das Arbeitsverhältnis durch einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag, so ist für eine solche Beendigung die Zustimmung des Integrationsamtes nicht erforderlich. Dies gilt auch bei Ablauf einer Befristung oder durch Erreichen einer vereinbarten Rentenaltersgrenze.
Was gilt bei der Probezeit?
Der Sonderkündigungsschutz greift erst dann, wenn das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, § 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX. Der besondere Kündigungsschutz setzt damit erst nach Ablauf einer Wartefrist von sechs Monaten ein, wie sie auch nach § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) für den Eintritt des allgemeinen Kündigungsschutzes gesetzlich vorgeschrieben ist. Arbeitgeber können damit während der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses einem schwerbehinderten Menschen ohne Zustimmung des Integrationsamts kündigen.
Was gilt bei Unkenntnis des Arbeitgebers von der Schwerbehinderung?
Bei Unkenntnis des Arbeitgebers von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers muss sich der schwerbehinderte Arbeitnehmer innerhalb einer Regelfrist von drei Wochen nach Ausspruch der Kündigung auf seine Schwerbehinderteneigenschaft berufen, d.h. er muss sie dem Arbeitgeber mitteilen. Erfolgt die Mitteilung fristgerecht, ist die ausgesprochene Kündigung unwirksam. Der Arbeitgeber muss dann ein neues Zustimmungsverfahren beim Integrationsamt unverzüglich einleiten.
Was ist eine Schwerbehindertenvertretung?
In allen Betrieben, in denen wenigstens fünf Schwerbehinderte oder diesen gleichgestellten Menschen nicht nur vorrübergehend beschäftigt werden, kann eine Schwerbehindertenvertretung gewählt werden. Die Schwerbehindertenvertretung hat die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb zu fördern, ihre Interessen im Betrieb zu vertreten und ihnen beratend und helfend zur Seite zu stehen. Sie hat ein Recht auf umfassende und unverzügliche Unterrichtung sowie auf Anhörung durch den Arbeitgeber insbesondere bei personellen Maßnahmen wie Einstellungen, Versetzungen, Abmahnungen und Kündigungen. Bei einem Aufhebungsvertrag muss die Schwerbehindertenvertretung zwar unterrichtet, aber nicht angehört werden. Eine ausgesprochene Kündigung ohne vorherige Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ist unwirksam, § 178 Abs. 2 S. 3 SGB IX.
Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)
Wo steht das BEM?
Arbeitgeber müssen nach § 167 Abs. 2 SGB IX ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchführen, wenn Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind. Ziel sind, die Vorbeugung/Überwindung von Arbeitsunfähigkeit und die Arbeitsplatzerhaltung. Die zuständigen Interessenvertretungen müssen beteiligt werden. Das BEM ist auch durchzuführen, wenn eine Kündigung nicht angedacht ist.
Für wen gilt das BEM?
Das BEM gilt uneingeschränkt für alle (!) Arbeitnehmer, nicht nur geschützte Personen nach dem SGB IX.
Praxis-Hinweis: Bei einer Kündigung in der Probezeit muss hingegen kein BEM durchgeführt werden.
Wann muss ein BEM angeboten werden?
Arbeitgeber sind zur Durchführung eines BEM verpflichtet, wenn der Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig ist. Die Durchführungspflicht besteht also auch, wenn mehrere kürzere Arbeitsunfähigkeitszeiten in der Summe mindestens sechs Wochen ergeben. Abgestellt wird nicht auf das Kalenderjahr, sondern auf die letzten 12 Monate. Daher ergibt sich bei jeder neuen Arbeitsunfähigkeit zur Berechnung der Sechs- Wochen-Frist ein neuer 12-Monatszeitraum.
Tipp für die Praxis: Die sechs Wochen entsprechen 42 Tagen. Alle Tage der Arbeitsunfähigkeit sind bei der Berechnung zu berücksichtigen, also auch Kuren und Rehabilitationsmaßnahmen. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss nicht vorliegen.
Gibt es für das BEM bestimmte formale Anforderungen?
Das Gesetz sieht lediglich die Durchführung des BEM im konkreten Einzelfall vor. Weitere Voraussetzungen werden im Gesetz nicht festgelegt. Das Bundesarbeitsgericht hat die Anforderungen an das BEM wie folgt konkretisiert (BAG, 10.12.2009 – 2 AZR 198/09):
„Es ist ein nicht formalisiertes Verfahren, das den Beteiligten jeden denkbaren Spielraum lässt.“ Ziel sei ein „faires und sachorientiertes Gespräch“, dessen Verlauf und Ergebnis sich nach „den Erfordernissen des jeweiligen Einzelfalles zu richten haben“.
Damit bleibt es dem Arbeitgeber überlassen, ob er ein formalisiertes BEM einführen will, z. B. mit dem Abschluss einer Betriebsvereinbarung.
Welche Stellen müssen beteiligt werden?
- – der Arbeitgeber
- – der erkrankte Mitarbeiter sowie ggf. eine Vertrauensperson seiner Wahl – der Betriebsrat
- – Schwerbehindertenvertretung (wenn schwerbehinderte Personen betroffen)
- – betriebsinterne Stellen: z. B. Vertreter anderer Unternehmensbereiche, Betriebsarzt, Sozialberaterin, Arbeitssicherheitskraft
- – externe Partner: Rehabilitationsträger wie Agentur für Arbeit und Deutsche Rentenversicherung, Reha-Kliniken, Einrichtungen der beruflichen Reha, Integrationsämter und örtliche Fürsorgestellen bei schwerbehinderten Menschen sowie Integrationsfachdienste
Checkliste für die Durchführung eines BEM
(1) Feststellung der Erkrankung eines Mitarbeiters für mehr als sechs Wochen und dass Voraussetzungen für BEM gegeben sind.
(2) Kontakt mit dem erkrankten Mitarbeiter. Erstgespräch und Aufklärung über Ziele des BEM sowie über Art und Umfang der hierfür erhobenen und notwendigen Daten. Der abstrakte Hinweis in einer Betriebsvereinbarung ersetzt nicht die konkrete Information.
(3) Mitarbeiter muss schriftlich seine Zustimmung zum BEM erklären.
(4) Bei Zustimmung Fallbesprechung und Situationsanalyse. Interne und externe Berater hinzuziehen. Gemeinsame Beratung aller Beteiligten. Ziel ist die Erstellung eines Maßnahmenplans.
Praxis-Hinweis: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, einen Vorschlag, auf den sich die Teilnehmer eines BEM verständigt haben, umzusetzen, ehe er eine Kündigung ausspricht.
(5) Konkreten Maßnahmenplan schriftlich vereinbaren, der zwischen betrieblichen (z. B. Arbeitsplatzanpassung) und außerbetrieblichen Maßnahmen (z. B. medizinische Reha) unterscheidet. Kontrolle der Maßnahmen verabreden und Zustimmung des Betroffenen einholen.
(6) Zeitnahme Umsetzung der Maßnahmen, Begleitung des Betroffenen und notwendige Korrekturen vornehmen.
(7) Auswertung der Dokumentation und abschlie ende Bewertung des Gesamtergebnisses.
Tipp für die Praxis: Alle getroffenen Vereinbarungen und Maßnahmen sind zwecks sicherer Beweisgrundlage für einen möglichen späteren Kündigungsschutzprozess schriftlich zu dokumentieren.
Wird das BEM gefördert?
Rehabilitationsträger und Integrationsämter gewähren Prämien und Boni für die Einführung eines BEM. Sie informieren über die Bedingungen für eine Prämienerteilung (vgl. auch § 167 Abs. 3 SGB IX).
Was gilt, wenn ich kein BEM anbiete?
1. Das Gesetz gibt keine Rechtsfolgen vor.
2. Das BEM ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung. Eine unterlassene Durchführung hat aber Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast im Prozess! Der Arbeitgeber kann sich dann nicht pauschal darauf berufen, ihm seien keine alternativen Einsatzmöglichkeiten bekannt. Er muss vielmehr umfassend und konkret vortragen, warum (1) auf dem bisherigen Arbeitsplatz keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr besteht, (2) eine leidensgerechte Anpassung des Arbeitsplatzes ausgeschlossen ist und (3) ein alternativer Arbeitsplatz mit bei geänderter Tätigkeit nicht verfügbar ist. Insbesondere muss er dartun, dass (4) künftige Fehlzeiten ebenso wenig durch gesetzlich vorgesehene Hilfen oder Leistungen der Rehabilitationsträger in relevantem Umfang hätten vermieden werden können. Das BEM ist gegenüber der Kündigung kein milderes Mittel; hierdurch können aber mildere Mittel erkannt und entwickelt werden.
Krankheitskündigung und BEM
Bei Langzeiterkrankten oder häufigen Kurzerkrankungen sollte das BEM dringend vor einer personenbedingten Kündigung durchgeführt werden. Ein gescheitertes BEM und eine Weigerung des Betroffenen zu dessen Durchführung stützen eine negative Prognose. In größeren Betrieben empfiehlt sich der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Gewährleistung eines einheitlichen Vorgehens.
Worauf ist beim Datenschutz zu achten?
§ 167 Abs. 2 S. 7 SGB IX gibt den betrieblichen Interessenvertretungen auf, darüber zu wachen, dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Verpflichtungen erfüllt. Zudem sind schon im BEM-Einladungsschreiben Hinweise zum Datenschutz zu geben. Fehlen solche Angaben, ist das BEM-Verfahren unwirksam!
Befristungen
Wo ist das Befristungsrecht geregelt?
Das Befristungsrecht ist gesetzlich seit dem 1. Januar 2001 umfassend im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geregelt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden wesentliche wichtige Grundsätze allein in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelt. Neben dem TzBfG finden sich weitere wichtige Vorschriften zum Befristungsrecht in vielen Tarifverträgen.
Welche Befristungen gibt es?
Ein Arbeitnehmer ist befristet beschäftigt, wenn mit ihm ein auf bestimmte Zeit geschlossener Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Das ist dann der Fall, wenn die Dauer des Arbeitsvertrages kalendermäßig bestimmt ist (kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag) oder sich aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt (zweckbefristeter Arbeitsvertrag). Das Befristungsrecht unterscheidet zwischen Befristungen mit Sachgrund und Befristungen ohne Sachgrund. Die Unterscheidung ist von wesentlicher Bedeutung. Es gelten unterschiedliche Wirksamkeitsvoraussetzungen. Vor Abschluss des Arbeitsvertrages muss daher die Zuordnung sorgfältig geprüft werden. Unter bestimmten Voraussetzungen können auch einzelne Arbeitsbedingungen befristet werden, z. B. die befristete Erhöhung der Arbeitszeit.
Was ist bei einer Befristung mit Sachgrund zu beachten?
Die strengen Regeln für einen befristeten Arbeitsvertrag mit Sachgrund gelten auch in Kleinbetrieben und für Arbeitsverträge in den ersten 6 Monaten. In welchen Fällen ein sachlicher Grund vorliegt, wird beispielhaft in § 14 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 TzBfG aufgelistet.
Beispiele: Vorübergehender betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung; Befristung im Anschluss an eine Ausbildung; Vertretung eines anderen Arbeitnehmers; Befristung zur Erprobung oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe. Die gesetzliche Aufzählung ist aber nicht abschließend. Es sind daher auch andere Fälle denkbar. Der Sachgrund muss dabei zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorliegen.
Kommt es zu einer kalendermäßigen Befristung, also beispielsweise Befristung vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022, muss der Sachgrund an sich nicht im Arbeitsvertrag bezeichnet werden. Es reicht der objektiv vorliegende sachliche Grund aus. Anders allerdings bei Zweckbefristungen.
Beispiel: befristete Beschäftigung für die Dauer des krankheitsbedingten Ausfalls eines Mitarbeiters ohne festes Enddatum; hier muss zur Wirksamkeitsvoraussetzung der sachliche Grund der Vertretung auch im Arbeitsvertrag angegeben werden.
Was gilt bei einer Ersteinstellung ohne Sachgrund?
Häufig gebräuchlich sind in der Praxis auch kalendermäßige Befristungen ohne Sachgrund. Diese können bei der Erstanstellung bis zu maximal 24 Monaten vereinbart werden. Innerhalb dieses Zeitraumes besteht eine 3-malige Verlängerungsmöglichkeit, also beispielsweise insgesamt 4 x 6 Monate. Die Befristung ohne Sachgrund ist bis auf wenige Ausnahmen dann nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Kann ich die Arbeitsbedingungen während der Befristung einfach ändern?
Anlässlich der Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses ohne Sachgrund darf der Arbeitsvertrag inhaltlich nicht verändert werden, auch nicht zugunsten des Arbeitnehmers. Dies gilt beispielsweise für die Vergütung oder den Stundenumfang. Kommt es zu einer solchen Veränderung, entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Während der Laufzeit ist die Veränderung der Arbeitsbedingungen hingegen jederzeit möglich. Dies gilt aber nur für Befristungen ohne Sachgrund, also bei Ersteinstellungen!
Erleichterte Vorraussetzungen für altere Arbeitnehmer?
Für ältere Arbeitnehmer gelten seit 1. Mai 2007 erleichterte Befristungsmöglichkeiten. Ist bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet, kann bis zur Maximaldauer von 5 Jahren ein sachgrundloses Arbeitsverhältnis mit dem älteren Arbeitnehmer vereinbart werden. Voraussetzung ist lediglich die Beschäftigungslosigkeit des Arbeitnehmers vor Beginn der Befristung für mindestens 4 Monate. Eine weitere Befristungsmöglichkeit sieht § 41 S. 3 SGB VI vor. Nach dieser neueren Vorschrift darf mit Mitarbeitern, die ihre Regelaltersgrenze erreicht haben, eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses befristet, auch mehrfach, vereinbart werden. Nach überwiegender Auffassung bedarf es für die Verlängerung keines Sachgrundes. Aber: Die Wirksamkeit dieser erleichterten Befristungen wird unter europarechtlichen Gesichtspunkten angezweifelt.
Wann endet die Befristung und was ist zu beachten?
Ein befristetes Arbeitsverhältnis endet mit Zeitablauf bzw. mit Zweckerreichung. Jede noch so kurze Überschreitung des Befristungsendes führt zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis! Hat ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer sein Projekt nicht zum vorgesehenen Befristungsende abgeschlossen und arbeitet er deshalb noch 2 Tage weiter, ohne dass der Arbeitgeber widerspricht, entsteht ein dauerhaft unbefristetes Arbeitsverhältnis. Die Unwirksamkeit einer Befristungsabrede muss durch den Arbeitnehmer innerhalb von 3 Wochen nach dem vereinbarten Ende gerichtlich geltend gemacht werden. Erkennt der Arbeitgeber die Unwirksamkeit nicht an und versäumt der Arbeitnehmer die Klagefrist, wird die Befristung nachträglich wirksam.
Was kostet ein Befristungsprozess?
Die Kosten eines Befristungsprozesses richten sich nach dem dreifachen Wert des zuletzt bezogenen Gehalts des Arbeitnehmers (sog. Streitwert).
Kostenbeispiel: Bei einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt von 3.000,00 € ergibt sich ein Streitwert von 9.000,00 €. Hierauf basierend betragen die Gerichtskosten 735,00 € und die Rechtsanwaltskosten belaufen sich auf ca. 1.683,85 € brutto. Kommt es in dem Prozess zu einer Einigung, beispielsweise Ausscheiden gegen Zahlung einer Abfindung oder aber auch Weiterbeschäftigung, entfällt die Gerichtsgebühr in voller Höhe. Wegen der Einigung steigen aber die Rechtsanwaltskosten um eine weitere Gebühr auf dann insgesamt ca. 2.679,88 € brutto.
Achtung Schriftform!
Ein befristeter Arbeitsvertrag muss nach § 14 Abs. 4 TzBfG zwingend vor (!) Arbeitsaufnahme in Schriftform vereinbart werden. Andernfalls ist die Befristungsabrede unwirksam. Eine mündliche Befristung ist also nicht möglich.
Kann man während der Befristung jederzeit kündigen?
Ein befristetes Arbeitsverhältnis kann nur dann während der Laufzeit der Befristung ordentlich gekündigt werden, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist. Der Kündigungsvorbehalt muss daher ausdrücklich in den Vertrag aufgenommen werden!
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses
Welche Arten von Kündigungen gibt es?
Man unterscheidet zwischen der Beendigungs- und der Änderungskündigung. Während die Beendigungskündigung auf die Beendigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses gerichtet ist, enthält die Änderungskündigung neben der Kündigung zusätzlich das Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter geänderten Bedingungen.
Zudem unterscheidet man zwischen einer ordentlichen und einer außerordentlichen Kündigung. Wird eine ordentliche Kündigung ausgesprochen, so ist die vereinbarte Kündigungsfrist zu beachten. Demgegenüber beendet die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung. Sie kann nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Kenntnisnahme der für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen erfolgen.
Kann die Kündigung mündlich ausgesprochen werden?
Nein! Seit 1. Mai 2000 bedarf jede Kündigung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Insofern genügt weder das Übersenden von einem Telefax noch eine E-Mail. Auch die schriftliche Bestätigung einer vorher mündlich ausgesprochenen „Kündigung“ reicht nicht aus. Wichtig ist zudem, dass zur Wahrung der Schriftform die Kündigung eigenhändig unterschrieben werden muss. Entspricht die Kündigung nicht dem Schriftformerfordernis, so ist sie allein deshalb unwirksam.
Muss die Kündigung eine Begründung enthalten?
Nein, die Kündigung bedarf grundsätzlich keiner Angabe des Kündigungsgrundes. Eine Begründungspflicht kann jedoch vereinbart werden. In diesem Fall muss der Kündigungsgrund im Kündigungsschreiben genau bezeichnet werden. Aus der Kündigung muss sich allerdings ergeben, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis beendet werden soll.
Sonderfall: Eine nach Ablauf der Probezeit ausgesprochene Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses muss immer unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen.
Für welche Arbeitnehmer gilt Kündigungsschutz?
Das Kündigungsschutzgesetz gilt nur für Arbeitnehmer, die länger als sechs Monate im Betrieb arbeiten. Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis noch keine sechs Monate besteht, kann ohne besonderen Grund ordentlich gekündigt werden.
Im Übrigen gilt das Kündigungsschutzgesetz seit 1. Januar 2004 nur noch in Betrieben, in denen regelmäßig mehr als zehn Vollzeit- Arbeitnehmer (ohne Auszubildende) beschäftigt werden; Teilzeit- Arbeitnehmer werden nur anteilig gezählt.
Tipp für die Praxis: Die genaue Berechnung der beschäftigten Arbeitnehmer bereitet oft erhebliche Schwierigkeiten; daher sollte vor Ausspruch einer Kündigung fachkundiger Rat eingeholt werden.
Kann auch einer Schwangeren gekündigt werden?
Nein, während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung besteht ein Kündigungsverbot des Arbeitgebers. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung Kenntnis von der Schwangerschaft oder Entbindung hat oder ihm diese Kenntnis innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung vermittelt wird. Auch während der Elternzeit kann das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt werden.
Kann die Kündigung auch während der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers ausgesprochen werden?
Ja, entgegen einer weit verbreiteten Meinung kann auch dem wegen Krankheit abwesenden Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit gekündigt werden, d.h. die Arbeitsunfähigkeit an sich steht der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen.
Woraus ergibt sich die Kündigungsfrist?
Die einzuhaltende Kündigungsfrist ergibt sich aus den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen. Üblicherweise verweist der Arbeitsvertrag auf die gesetzliche Regelung des § 622 BGB oder auf tarifvertragliche Regelungen.
Fehlt ein Arbeitsvertrag, so gilt die gesetzliche Regelung, sofern keine Tarifbindung besteht.
Tipp für die Praxis: Im Arbeitsvertrag sollte klar und unmissverständlich geregelt werden, woraus sich die Kündigungsfrist ergibt. Vor Ausspruch einer Kündigung ist insbesondere zu prüfen, inwieweit ein Tarifvertrag zur Anwendung kommt.
Wer darf die Kündigung aussprechen?
Grundsätzlich muss der Vertragspartner das Arbeitsverhältnis kündigen. Das sind z.B. bei einer Einzelfirma der Betriebsinhaber und bei einer GmbH der oder die Geschäftsführer. Der Arbeitgeber kann sich bei dem Ausspruch der Kündigung vertreten lassen indem er einer Person eine entsprechende Vollmacht erteilt. Der Personalleiter besitzt regelmäßig Vollmacht zur Kündigung.
Tipp für die Praxis: Im Falle einer Bevollmächtigung muss dem Kündigungsschreiben immer eine Vollmacht im Original beigefügt werden.
Wann geht die Kündigung zu?
Die Kündigung geht dem anwesenden Arbeitnehmer in dem Moment zu, in dem sie ihm übergeben wird, und zwar unabhängig davon, ob und wann er sie liest.
Tipp für die Praxis: Zu Beweiszwecken sollte sich der Arbeitgeber auf einer Kopie der Kündigung den Empfang der Kündigungserklärung quittieren lassen. Sollte der Arbeitnehmer dazu nicht bereit sein, ist ein Zeuge hinzuzuziehen.
Die sicherste Möglichkeit, einem nicht anwesenden Arbeitnehmer die Kündigung zu übermitteln, ist allein die Zustellung durch einen Boten.
Tipp für die Praxis: Der Bote sollte bezeugen können, dass sich in dem Briefumschlag die Original-Kündigung befand und wann er die Kündigung in den persönlichen Hausbriefkasten des Arbeitnehmers eingeworfen hat.
Ein anderes geeignetes Mittel der Zustellung ist das sog. Einwurf-Einschreiben. Dabei wird der Brief durch den Postboten zu einem dokumentierten Zeitpunkt in den Briefkasten des Empfängers eingeworfen. Wir raten aber von diesem Weg wegen Restunsicherheiten ab und empfehlen allein die Zustellung per Boten.
Wie lange kann der Arbeitnehmer gegen die Kündigung klagen?
Der Arbeitnehmer kann gegen eine Kündigung vor dem Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage erheben. Er muss dies innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung tun. Versäumt er die Frist, kann die Kündigung grundsätzlich nicht mehr angegriffen werden.
Urlaubsrecht
Wo ist das Urlaubsrecht geregelt?
Die Regeln zum Urlaubsrecht sind zunächst umfassend im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt. Das BUrlG regelt aber nur den gesetzlichen Mindesturlaub von vier Wochen bzw. 24 Werktagen (bei einer Sechs-Tage-Woche). Weitergehende bzw. abweichende Urlaubsregeln finden sich jedoch in vielen Tarifverträgen und können auch im Arbeitsvertrag einzelvertraglich vereinbart werden. Bei streitigen Urlaubsfragen muss daher genau geprüft werden, welche Ansprüche wo geregelt sind.
Wer hat Anspruch auf Urlaub?
Anspruch auf Urlaub nach dem BurlG haben alle Arbeitnehmer. Dazu gehören auch Auszubildende. Geschäftsführer als Organe einer GmbH haben keinen Anspruch auf Urlaub; sie stehen nicht in einem Arbeitsverhältnis, sondern sind aufgrund eines Geschäftsführerdienstvertrages tätig.
Wie hoch ist der Urlaubsanspruch?
Der gesetzliche Urlaubsanspruch beträgt 24 Werktage. Werktage sind alle Wochentage von Montag bis einschließlich Samstag. Bei einer Sechs-Tage-Woche beträgt der gesetzliche Urlaubsanspruch also danach vier Wochen. Arbeitet ein Mitarbeiter nur fünf Tage die Woche, wird der Urlaub entsprechend umgerechnet auf 20 Urlaubstage, also wieder vier Wochen. Viele Tarifverträge und auch einzelne Arbeitsverträge sehen allerdings einen weitergehenden Urlaub vor. Üblich sind hier 28 bis 30 Urlaubstage. Vereinbarungen, die den gesetzlichen Mindesturlaub unterschreiten, sind in jedem Fall unwirksam (vgl. § 13 BUrlG).
Was gilt bei Teilzeit?
Bei Mitarbeitern in Teilzeit muss differenziert werden. Wird lediglich die Wochenstundenzahl reduziert, arbeitet der Mitarbeiter aber weiterhin an allen fünf Tagen, bspw. 20 Stunden die Woche jeweils täglich vier Stunden, bleibt es bei dem vollen Urlaubsanspruch. Reduziert sich allerdings bei Teilzeit auch die Anzahl der Tage, an denen gearbeitet werden muss, wird der Urlaub umgerechnet.
Beispiel: Der Mitarbeiter hat 30 Tage Urlaub. Die Arbeitszeit wird von fünf Tage auf drei Tage reduziert. Der Urlaubsanspruch von 30 Tagen wird durch 5 geteilt und dann mit 3 multipliziert. Der neue Urlaubsanspruch beträgt dann also nach dieser Rechnung 18 Tage. Allerdings darf Urlaub, der in Vollzeit erworben wurde, nicht umgerechnet werden, sondern bleibt anteilig erhalten. Bei einer Reduzierung der Arbeitszeit auf Teilzeit sollte daher darauf geachtet werden, dass der in Vollzeit erworbene Urlaub zunächst abgebaut wird.
Muss Urlaub in das Folgejahr übertragen werden?
Entgegen einer weit verbreiteten Annahme und Praxis ist der Jahresurlaub grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr zu nehmen. Eine automatische Übertragung findet nicht statt. Das BUrlG sieht eine Übertragung in das Folgejahr nur dann vor, wenn der Mitarbeiter seinen Urlaub aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen wie termin- bzw. saisongebundene Aufträge oder Krankheit des Arbeitnehmers nicht nehmen konnte. In diesem Fall muss der Urlaub spätestens bis zum 31. März des Folgejahres nachgeholt werden. Für die Übertragung bedarf es weder eines Antrags des Arbeitnehmers noch einer Annahmeerklärung des Arbeitgebers. In Arbeits- und/oder Tarifverträgen können abweichende Regelungen dazu vereinbart werden.
Bislang verfiel der Urlaub, der bis zum jeweiligen Stichtag nicht beansprucht wurde. Nach aktueller Rechtsprechung verfallen Urlaubsansprüche jedoch nur dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer konkret zum Urlaubsantritt aufgefordert und rechtzeitig über den sonst eintretenden Verfall informiert hat.
Tipp für die Praxis: Der Arbeitgeber sollte auf eine ausreichende Dokumentation und Zugang der Information über den Verfall beim Arbeitnehmer achten. Diese Information muss jedes Jahr wiederholt werden.
Was gilt bei unterjährigem Eintritt/Ausscheiden?
Bei unterjährigem Eintritt oder Ausscheiden spricht man von Teilurlaub. Mitarbeiter haben im Grundsatz Anspruch auf 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Im Einzelfall kann die Berechnung aber durchaus schwierig sein. War nämlich der Arbeitnehmer die ersten sechs Monate eines Kalenderjahres voll anwesend, erwirbt er schon im 7. Monat den vollen Jahresurlaubsanspruch, selbst dann, wenn er in der zweiten Jahreshälfte – z. B. Anfang Juli – ausscheidet! In solchen Fällen wird der Urlaubsanspruch nicht gezwölftelt. Dies gilt aber nur nach den Regeln des Bundesurlaubsgesetzes. In vielen Tarifverträgen wird von diesem Grundsatz abgewichen und es wird ganzjährig gezwölftelt.
Was ist der Unterschied zwischen Urlaubsgeld und Urlaubsentgelt?
Unter Urlaubsentgelt versteht man die übliche Vergütung, die dem Arbeitnehmer während seines Urlaubs gezahlt wird. Hier wird nach § 11 BUrlG der durchschnittliche Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen zugrunde gelegt. Überstunden werden dabei nicht berücksichtigt. Demgegenüber versteht man unter Urlaubsgeld eine zusätzliche Vergütung ähnlich einem Weihnachtsgeld oder einer sonstigen Gratifikation. Anspruch auf ein Urlaubsgeld haben Mitarbeiter nur dann, wenn dies ausdrücklich im Einzelvertrag oder im einschlägigen Tarifvertrag vereinbart und vorgesehen ist. Werden freiwillige zusätzliche Leistungen als Urlaubsgeld gewährt, ist darauf zu achten, dass keine betriebliche Übung entsteht. Bei jeder Zahlung sollte daher darauf hingewiesen werden, dass es sich um eine freiwillige Leistung handelt und keine Rechtsansprüche für die Zukunft bestehen.
Kann ich auch während Krankheit Urlaubsansprüche erwerben?
Für dauererkrankte Mitarbeiter gelten die oben dargestellten Grundsätze unter 5. zur Übertragung des Urlaubs in das Folgejahr nicht. Vielmehr wird bei dauererkrankten Mitarbeitern der Urlaubsanspruch nach der Rechtsprechung für maximal 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres fortgeschrieben. Ist bspw. ein Mitarbeiter im gesamtem Kalenderjahr 2022 dauerhaft erkrankt, verfällt der Jahresurlaub nicht schon zum Jahresende 2022 bzw. nach Ablauf der einschlägigen bertragungsfristen, sondern erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres 2022, also erst zum 31. März 2024. Dieses Prinzip gilt aber nur für den gesetzlichen Mindesturlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz sowie den Zusatzurlaub von Schwerbehinderten. Weitergehende Ansprüche werden nicht geschützt und unterfallen den üblichen bertragungsfristen. Hier können sich im Einzelfall zahlreiche problematische Fragen zur Urlaubsberechnung ergeben. Bei Mitarbeitern, die über mehrere Jahre erkrankt sind, sollte daher genau geprüft werden, welche Urlaubsansprüche in welchem Umfange noch bestehen.
Was gilt für Schwerbehinderte?
Schwerbehinderte Menschen haben nach § 208 SGB IX Anspruch auf einen zusätzlichen bezahlten Urlaub von fünf Arbeitstagen im Urlaubsjahr. Bei Teilzeit oder einer Sechs- Tage-Woche wird der Urlaubsanspruch entsprechend umgerechnet. Dieser zusätzliche Urlaub ist gesetzlich geschützt. Der Mitarbeiter kann hierauf nicht verzichten. Besteht die Schwerbehinderteneigenschaft nicht während des gesamten Kalenderjahres, so wird der zusätzliche Urlaub anteilig gezwölftelt.
Kann Urlaub bei Elternzeit oder im ruhenden Arbeitsverhältnis gekürzt werden?
Für Mitarbeiter in Elternzeit kann der Urlaub nach der gesetzlichen Regelung im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) ebenfalls anteilig gezwölftelt werden. Die Kürzung muss aber ausdrücklich vom Arbeitgeber erklärt werden! Außerdem besteht keine Kürzungsmöglichkeit, wenn der Mitarbeiter während der Elternzeit in Teilzeit tätig ist. Für alle anderen Fälle eines ruhenden Arbeitsverhältnisses hat das Bundesarbeitsgericht aber entschieden, dass eine Kürzung des Urlaubs nicht zulässig ist, da es dazu keine gesetzlichen Kürzungsregeln gibt. Ruht also z. B. das Arbeitsverhältnis während einer befristeten Erwerbsminderungsrente, darf der Urlaub nicht gekürzt werden. Nach einer Rechtsprechungsänderung des Bundesarbeitsgerichts gilt das jedoch nicht für unbezahlten Sonderurlaub. In der Zeit des unbezahlten Sonderurlaubs werden die Hauptleistungspflichten des Arbeitsverhältnisses ausgesetzt, sodass in dieser Zeit kein Anspruch auf Erholungsurlaub entsteht.
- 09MK_Flyer_Handwerkerschaft_2022_Alkohol+Drogen.pdf
- 09MK_Flyer_Handwerkerschaft_2022_Ausbildung.pdf
- 09MK_Flyer_Handwerkerschaft_2022_Schwerbehindertenarbeitsrecht.pdf
- 09MK_Flyer_Handwerkerschaft_2022_BEM.pdf
- 09MK_Flyer_Handwerkerschaft_2022_Befristungen.pdf
- 09MK_Flyer_Handwerkerschaft_2022_Urlaubsrecht.pdf
Auszeichnungen
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TOP-Wirtschaftskanzlei für Arbeitsrecht(FOCUS SPEZIAL 2024, 2023, 2022, 2021, 2020)
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TOP-Kanzlei für Arbeitsrecht(WirtschaftsWoche 2023, 2022, 2021, 2020)
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TOP-Anwältin für Arbeitsrecht: Ebba Herfs-Röttgen(WirtschaftsWoche, 2023, 2022, 2021, 2020)
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TOP-Anwalt für Arbeitsrecht: Prof. Dr. Nicolai Besgen(WirtschaftsWoche 2023, 2020)
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