14.03.2025 -

Grundstücksübertragung gegen Wohnrecht, Rente und Pflegeversprechen – Was steuerlich zu beachten ist, wenn der Übergeber nach kurzer Zeit verstirbt.

Der BFH hat  eine wichtige Entscheidung zur Frage getroffen, wann eine gemischt-freigebige Grundstücksschenkung steuerlich als ausgeführt gilt.
Bei (gemischten) Grundstücksschenkungen sollten die Vollzugsbedingungen klar geregelt werden, um unerwünschte steuerliche Konsequenzen zu vermeiden (credits: adobestock).

Der Ausführungszeitpunkt einer gemischt-freigebigen Grundstücksschenkung entscheidet

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 21.08.2024 (II R 11/21) eine wichtige Entscheidung zur Frage getroffen, wann eine gemischt-freigebige Grundstücksschenkung steuerlich als ausgeführt gilt. Diese Entscheidung hat Auswirkungen auf die steuerliche Praxis bei Grundstücksübertragungen, die sowohl entgeltliche als auch unentgeltliche Komponenten enthalten.

Sachverhalt

Im zugrundeliegenden Fall verpflichtete sich die Eigentümerin (P) durch notariellen Vertrag vom 09.10.2012, ihr Grundstück an die Klägerin (K) gegen Zahlung eines Barkaufpreises von 260.000 € und einer monatlich zu zahlenden Rente von 1.000 € zu übertragen. Zudem verpflichtete sich die Klägerin zur Pflege der Eigentümerin. Die Verkäuferin behielt sich ein lebenslanges Wohnrecht vor. Der Kaufpreis sollte bis spätestens 01.02.2013 auf ein Notaranderkonto gezahlt werden. Die tatsächliche Eintragung ins Grundbuch erfolgte jedoch erst am 15.02.2013, nachdem die Verkäuferin am 24.11.2012 verstorben war. K ist Erbin der P.

Das Finanzamt wertete die Grundstücksübertragung vom 09.10.2012 als gemischt-freigebige Zuwendung der Eigentümerin P an die Klägerin K, weil der Wert der vereinbarten Gegenleistungen erheblich niedriger war als der tatsächliche Marktwert des Grundstücks. Bei der Steuerfestsetzung ließ das Finanzamt den Kapitalwert der vereinbarten Renten- und Pflegeleistungen sowie des Wohnrechts gemäß § 14 Abs. 2 BewG unberücksichtigt, da diese Verpflichtungen aufgrund des frühen Todes von P nicht erfüllt werden konnten. K argumentierte dagegen, dass § 14 Abs. 2 BewG nicht auf die Renten- und Pflegeverpflichtung anwendbar sei. Das Finanzgericht Hamburg wies die Klage ab.

Entscheidung des BFH

Der BFH entschied, dass bei einer gemischt-freigebigen Grundstücksschenkung die steuerliche Ausführung der Schenkung erst zum Zeitpunkt der vereinbarten Kaufpreiszahlung erfolgt, sofern eine sogenannte Vollzugshemmung vereinbart wurde. Diese Hemmung liegt vor, wenn der bevollmächtigte Notar erst nach Nachweis der Kaufpreiszahlung die Eintragung ins Grundbuch beantragen darf.

Im konkreten Fall hatte das Finanzgericht Hamburg nicht ausreichend geprüft, zu welchem Zeitpunkt der Kaufpreis tatsächlich gezahlt wurde. Deshalb hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies den Fall zurück ans Finanzgericht zur erneuten Prüfung. Sollte sich dabei herausstellen, dass die Kaufpreiszahlung erst nach dem Tod der Verkäuferin erfolgte, wäre

die Schenkung nicht mehr zu Lebzeiten ausgeführt worden und somit steuerrechtlich erloschen.

Hinweise des BFH an das Finanzgericht Hamburg

Der BFH wies ausdrücklich darauf hin:

  • Wird festgestellt, dass die Schenkung aufgrund der Vollzugshemmung bis zum Tod der Verkäuferin nicht ausgeführt wurde, wäre das Schenkungsversprechen grundsätzlich erloschen. In diesem Fall müsste das Finanzgericht den Schenkungsteuerbescheid vollständig aufheben.
  • Stellt das Finanzgericht hingegen fest, dass die Schenkung zu Lebzeiten der Verkäuferin noch ausgeführt wurde, hat das Finanzamt bei der Bewertung der Gegenleistung (Kapitalwert von Rente, Pflege, Wohnrecht) zutreffend eine Kürzung nach § 14 Abs. 2 BewG vorgenommen.

Bedeutung für die Praxis

  • Eine Grundstücksschenkung gilt grundsätzlich mit Beurkundung der Auflassung und Bewilligung der Grundbucheintragung als ausgeführt.
  • Wurde jedoch eine Vollzugshemmung vereinbart (z.B. Kaufpreisnachweis erforderlich), verzögert sich die Ausführung bis zu diesem Zeitpunkt.

Fazit

Das Urteil verdeutlicht die entscheidende Bedeutung einer sorgfältigen Vertragsgestaltung bei (gemischten) Grundstücksschenkungen und betont die Notwendigkeit einer exakten Bestimmung des Zeitpunkts der steuerlichen Ausführung. Steuerpflichtige und deren Berater sollten künftig darauf achten, die Vollzugsbedingungen klar zu regeln, um unerwünschte steuerliche Konsequenzen zu vermeiden.


Autor: StB & RA Andreas Jahn

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