Für die Aktionäre ist es als „Außenstehende“ schwer, einen Blick in das Innere der Aktiengesellschaft und die dort vorgehenden Angelegenheiten zu werfen. Gleichwohl besteht in gewissen Situationen ein erhebliches wirtschaftliches Interesse der Aktionäre als Anleger und Eigentümer der Aktiengesellschaft, die Situation der Aktiengesellschaft richtig einordnen zu können. Dementgegen hat der Vorstand als geschäftsführendes Organ der Aktiengesellschaft ein natürliches Interesse daran, etwa aus Gründen des Wettbewerbsdrucks so wenige interne Informationen – wie möglich – nach außen sickern zu lassen. In diesem Spannungsfeld formt sich das Auskunftsrecht der Aktionäre nebst seinen Einschränkungen.

Wo ist das Auskunftsrecht der Aktionäre geregelt und was umfasst es?
Das Auskunftsrecht der Aktionäre ist in § 131 AktG verankert. Danach ist jedem Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung vom Vorstand Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist. Inhaltlich erstreckt sich die Auskunftspflicht der Aktiengesellschaft – über ihren Vorstand – auch auf die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen der Gesellschaft zu einem verbundenen Unternehmen. Zu den Angelegenheiten der Gesellschaft zählen grundsätzlich alle rechtlichen und geschäftlichen Verhältnisse des Unternehmens. Gegenstand des Auskunftsbegehrens können daher bestimmte Geschäftszahlen, aktuelle und zukünftige Strategien oder der Geschäftsleitung bekannte Risiken sein. Denkbar sind auch Auskünfte über vergangene Sachverhalte, sofern diese für die Beurteilung der aktuellen oder zukünftigen Entwicklung der Aktiengesellschaft relevant sind.
Welche Grenzen sind dem Auskunftsrecht gezogen?
Aus dem bereits angesprochenen Interesse der Gesellschaft auf Geheimhaltung sensibler Informationen vor allem aus Wettbewerbsgründen folgt, dass das Auskunftsrecht nicht uferlos gewährt werden kann. § 131 Abs. 3 AktG zählt deswegen grundsätzlich abschließend sieben Gründe auf, aus denen der Vorstand die Auskunft verweigern darf (und aus Gründen des Haftungsrisikos sogar grundsätzlich verweigern muss). Diese lassen sich zusammenfassen, wie folgt:
- Berührung von Geheimhaltungsinteressen (Informationen, die sensible Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse betreffen, dürfen grundsätzlich nicht offengelegt werden)
- Drohende Schädigung der Gesellschaft (Der Vorstand muss die Auskunft verweigern, wenn er durch die Offenlegung der Informationen der Gesellschaft erheblich schaden könnte)
- Unverhältnismäßige Fragen (Fragen, die unangemessen umfangreich oder offensichtlich nicht sachbezogen sind, müssen nicht beantwortet werden)
- Offenlegung gesetzlich untersagt (Bestimmte Informationen dürfen aufgrund von Vorschriften des Datenschutzes oder Mitarbeiterschutzes nicht offengelegt werden)
Wie kann ein Aktionär gegen eine widerrechtliche Auskunftsverweigerung vorgehen?
Es kann vorkommen, dass der Vorstand die Beantwortung einer zulässigen Frage rechtswidrig verweigert. Grund hierfür dürfte nicht selten eine große Vorsicht aufgrund einer drohenden Haftung gegenüber der Gesellschaft bei Offenlegung sensibler Geschäftsinterna sein. Dem Aktionär stehen insoweit keine Rechtsinstrumente zur Verfügung, um eine Auskunft auf der Gesellschafterversammlung zu erzwingen. Er kann jedoch im Nachgang durch eine Feststellungsklage gerichtlich klären lassen, ob die Auskunftsverweigerung rechtswidrig war und sein Auskunftsrecht so klageweise durchsetzen (sog. Auskunftserzwingungsverfahren). Sollten durch die Auskunftsverweigerung wichtige Informationen zu einem bestimmten Beschluss verweigert worden sein, kommt zudem eine Anfechtung dieses Beschlusses (sog. Anfechtungsklage) in Betracht.
Exkurs: Sonderprüfung und Bestellung der Sonderprüfer
Außerhalb der Hauptversammlung können Aktionäre im Rahmen einer sog. Sonderprüfung Aufklärung über bestimmte Sachverhalte erreichen. Für eine solche bedarf es allerdings eines Beschlusses der Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit. Wird ein solcher Beschluss gefasst, erfolgt im nächsten Schritt die Bestellung eines externen Sachverständigen als sog. Sonderprüfer. Dieser untersucht sodann die konkret benannten Maßnahmen der Geschäftsführung. Hierfür stehen ihm umfangreiche Einsichts- und Auskunftsrechte gegenüber Vorstand und Aufsichtsrat zur Verfügung. Die Sonderprüfung endet mit einem Sonderprüfungsbericht, der für alle Aktionäre einsehbar ist.
Kann auf der Hauptversammlung nicht die erforderliche Mehrheit für den Antrag auf die Bestellung eines Sonderprüfers erreicht werden, können Minderheitsaktionäre, deren Anteile zusammen einen hundertstel des Grundkapitals oder einen Betrag von EUR 100.000 erreichen, die Bestellung eines Sonderprüfers bei Gericht beantragen. Dies allerdings nur unter den strengen Voraussetzungen, dass Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass es bei dem zu prüfenden Sachverhalt zu Unredlichkeiten oder groben Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung gekommen ist.
Praxistipps für das Auskunftsrecht
Sobald Aktionäre konkrete Vorstellungen für das Auskunftsverlangen entwickelt haben, sollten sie mit der Planung beginnen. Die Vorbereitung kann etwa das Lesen des Geschäftsberichts und des Lageberichts umfassen. Zudem sollten sie ihre Fragen möglichst kurz und präzise vorformulieren. Offene Fragen geben dem Vorstand die Möglichkeit auf allgemeine Antworten auszuweichen und sind daher zu vermeiden. Bei besonders wichtigen oder komplexen Themen bietet es sich an, vorab einen Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht zu konsultieren. Die Antworten des Vorstands sollten für mögliche spätere rechtliche Schritte dokumentiert werden.
Mit der richtigen Vorbereitung kann das Auskunftsrecht ein nützliches Werkzeug für Aktionäre darstellen, Einblicke in die Unternehmensführung der Aktiengesellschaft zu erhalten. Durch eine gute Planung, klare Fragestellung und geschicktes Vorgehen während der Versammlung können die Aktionäre sicherstellen, umfassende und verwertbare Antworten zu erhalten und das Auskunftsrecht bestmöglich zu nutzen.
Bei Fragen rund um das aktienrechtliche Auskunftsrecht, die Bestellung eines Sonderprüfers und zu sonstigen aktienrechtlichen Themen können Sie sich gerne an den Autor dieses Beitrages wenden.
Autor: Dr. Karl Brock
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