20.02.2025 -
Der BFH hat klargestellt, dass die Anteilsübertragung an eine ausländische Stiftung („stichting“) eine grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsvereinigung darstellt.
BFH: Anteilsübertragungen auf eine Stiftung sind nicht ohne weiteres von der Grunderwerbsteuer befreit – welche Folgen hat das Urteil für Unternehmen? (credits: adobestock)

Relevanz für Unternehmen mit ausländischer Unternehmensstruktur

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 30.10.2024 (II R 14/23) klargestellt, dass die Anteilsübertragung an eine ausländische (im Streitfall niederländische) Stiftung („stichting“) eine grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsvereinigung darstellt. Das Urteil hat Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung von Unternehmensumstrukturierungen grundbesitzender Gesellschaften mit ausländischen Stiftungen und zeigt die Grenzen der Steuerbefreiung nach dem Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) auf.

Sachverhalt: Steuerpflichtige Anteilsübertragung an eine niederländische Stiftung

Die Klägerin, eine niederländische Stiftung („stichting“), wurde im Jahr 2017 gegründet. Ihr Zweck war der Erwerb und das Halten von Gesellschaftsanteilen durch die Ausgabe von Zertifikaten. Im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung übertrugen zwei niederländische Kapitalgesellschaften, A B.V. (25 %) und B B.V. (75 %), ihre Anteile an der grundbesitzenden C B.V. auf die Stiftung. Als Gegenleistung erhielten die bisherigen Anteilseigner Zertifikate, die wirtschaftlich den Anteilen entsprachen.

Das Finanzamt sah in dieser Übertragung eine Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG, da sich nach der Transaktion 100 % der Anteile an der C B.V. in der Hand der Stiftung befanden. Folglich setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer fest.

Kernaussagen des BFH zur Steuerpflicht der Anteilsvereinigung

Die Klägerin argumentierte, dass die Übertragung entweder nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG (Steuerbefreiung für Schenkungen), nach § 5 Abs. 1 GrEStG (Übertragung auf eine Gesamthandsgemeinschaft) oder nach § 6a GrEStG (steuerfreie Umstrukturierung innerhalb eines Konzerns) steuerfrei sei. Der BFH wies die Revision jedoch zurück und bestätigte die Steuerpflicht aus folgenden Gründen:

1. Anwendung von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG auf die Anteilsvereinigung

  • Der BFH stellte klar, dass die Übertragung eine grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG darstellt.
  • Die entscheidende Voraussetzung – die Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft in einer Hand – wurde durch die Übertragung auf die Stiftung erfüllt.
  • Der wirtschaftliche Wert der ausgegebenen Zertifikate entsprach dem der übertragenen Anteile, was eine steuerpflichtige Übertragung begründete.

2. Keine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG

  • § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG befreit Schenkungen von der Grunderwerbsteuer.
  • Da die Stiftung die Anteile nicht unentgeltlich erhielt, sondern im Gegenzug Zertifikate ausgab, wurde die Steuerbefreiung ausgeschlossen.

3. Keine Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 GrEStG – Stiftung ist keine Gesamthandsgemeinschaft

  • § 5 Abs. 1 GrEStG regelt, dass bei Übertragungen auf Gesamthandsgemeinschaften die GrESt unter bestimmten Voraussetzungen nicht erhoben wird (Achtung: Nicht steuerfrei, sondern nur bedingten Nichterhebung!).
  • Der BFH stellte fest, dass die niederländische Stiftung („stichting“) aufgrund ihrer Struktur nicht mit einer inländischen Gesamthandsgemeinschaft vergleichbar ist.
  • Eine Gesamthandsgemeinschaft setzt eine gemeinschaftliche Beteiligung der Gesellschafter am Vermögen voraus, was bei einer „stichting“ nicht der Fall ist.
  • Die wirtschaftliche Berechtigung der Zertifikatsinhaber an den Erträgen der Stiftung begründet keine mit einer Gesamthand vergleichbare Rechtsstellung.

4. Keine Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG – Kein konzerninterner Umstrukturierungsvorgang

  • § 6a GrEStG gewährt eine Steuerbefreiung für Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns.
  • Die Steuerbefreiung erfordert ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen den beteiligten Gesellschaften von mindestens 95 %.
  • Der BFH stellte fest, dass die niederländische Stiftung keine Gesellschafter hat und daher kein „herrschendes Unternehmen“ im Sinne von § 6a Satz 3 GrEStG sein kann.
  • Somit war die Anteilsübertragung kein begünstigter Umstrukturierungsvorgang.

Fazit: Steuerliche Risiken bei Anteilsübertragungen an ausländische Stiftungen

Das Urteil zeigt, dass Anteilsübertragungen auf eine (im Streitfall niederländische) Stiftung nicht ohne weiteres von der Grunderwerbsteuer befreit sind bzw. die Grunderwerbsteuer nicht erhoben wird. Unternehmen, die grunderwerbsteuerliche Risiken minimieren wollen, sollten bei der Wahl ihrer Holding- und Beteiligungsstrukturen sorgfältig vorgehen und die steuerlichen Implikationen einer grunderwerbsteuerlichen Anteilsvereinigung im Blick behalten.

  • Strukturierung von Holdinggesellschaften: Die Wahl der Rechtsform einer Holdinggesellschaft kann erhebliche grunderwerbsteuerliche Auswirkungen haben.
  • Eine niederländische Stiftung ist nicht mit einer deutschen Gesamthand vergleichbar.
  • Dokumentation und steuerliche Planung: Eine umfassende steuerliche Beratung ist essenziell, um unerwartete Steuerforderungen zu vermeiden.
  • Gerade das deutsche GrEStG birgt regelmäßig Überraschungen bei Umstrukturierungen mit Auslandsbezug.

Für weiterführende steuerliche Beratung zur Unternehmensstrukturierung und Grunderwerbsteuerpflicht stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns gerne für eine individuelle Beratung!


Autor: RA & StB Andreas Jahn

Autor

Bild von  Andreas Jahn
Partner
Andreas Jahn
  • Rechtsanwalt und Steuerberater
  • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen